Mord in Tarsis
Mann ist verflucht, und niemand wird unter ihm dienen.« Andere stimmten ihm grollend zu.
»Ist das wahr?« sagte der Werber. »Seid Ihr jener Eisenholz?«
»Der bin ich, aber ich bin nicht verflucht. Es ist – «
Der Offizier hielt eine Hand hoch. »Friede, sagt jetzt nichts mehr. Ich muß auch Fragen der Truppenmoral berücksichtigen, versteht Ihr. Ich kann niemanden anheuern, der die anderen mißtrauisch und dadurch weniger schlagkräftig macht. Das ist nicht persönlich gemeint.«
»Klar, nicht persönlich«, sagte Eisenholz. Er fuhr herum und marschierte mit flammend rotem Gesicht aus der Taverne.
»Also«, sagte Nistur erleichtert, »soviel dazu. Warum kehren wir jetzt nicht einfach zum Schiff zurück, wärmen uns auf und machen dann Pläne für die Reise?«
»Mein einziges Geschäft ist der Krieg«, sagte Eisenholz. »Es wäre überall dieselbe Geschichte. Komm, es gibt andere Werber.«
Mit verärgertem Seufzer zog Nistur seinen Mantel um sich und folgte ihm.
Bis zum Spätnachmittag waren sie in einem halben Dutzend Tavernen abgewiesen worden. Eisenholz eilte sein Ruf überall voraus. Niemand konnte genau sagen, was an ihm nicht stimmte, aber keiner wollte Seite an Seite mit einem Pechvogel kämpfen. Schließlich lenkten sie ihre Schritte verzweifelt eine schmutzige Gasse hinunter. An ihrem Ende lag ein niedriger, schmaler Eingang. Über der Tür war ein menschlicher Schädel angebracht, aus dessen einer Augenhöhle der Griff eines Dolches ragte.
»Ist das klug?« fragte Nistur. »Heute morgen haben uns alle renommierten Regimenter abgewiesen. Jedes, bei dem wir es heute nachmittag versucht haben, war unangenehmer als das davor. Wer auch immer in diesem lärmenden Loch rekrutiert, kann nichts anderes anführen als Banditen und Galgenvögel.«
»Klug?« sagte Eisenholz mit einer Stimme von nahezu wahnsinniger Bitterkeit. »Wer spricht von Klugheit? Ich brauche Arbeit, und es muß doch irgendwo in dieser Stadt eine Bande geben, die verzweifelt genug ist, jemanden wie mich einzustellen!«
»Mein Freund«, wandte Nistur ein, »ich muß dich warnen, denn Verzweiflung auf beiden Seiten ist nicht das beste Band zwischen Krieger und Anführer.«
»Wir verschwenden Zeit«, sagte Eisenholz. Er mußte seitlich eintreten, um seine breiten Schultern durch den schmalen Eingang zu schieben.
Die zwei betraten die Taverne, und Nistur sah augenblicklich, daß die Krieger darin seinen schlimmsten Befürchtungen entsprachen. Nicht einmal dem flackernden, rauchigen Licht der Öllampen gelang es, die Brandzeichen, die gestutzten Ohren und die tätowierten Gesichter unsichtbar zu machen, mit denen viele Länder ihre Schurken kenntlich machten. An zwei oder drei Männern entdeckte er sogar die Halsnarben erfolgloser Hängversuche. Nur wenige hatten eine nennenswerte Rüstung, und ihre Waffen bestanden aus wenig mehr als langen Dolchen, schartigen Beilen und ein paar Kurzschwertern. Ihre mangelhafte Ausrüstung ließ sie jedoch nicht ungefährlicher erscheinen.
Der Mann am Rekrutierungstisch sah genauso verschlagen aus wie der Rest und war kaum besser gekleidet und ausgerüstet. Der Beamte neben ihm machte ein düsteres Gesicht, und die Münzen vor ihm waren zu Dreierstapeln aufgetürmt. Diese beiden suchten keine Rekruten für ein Eliteregiment.
Der Werber betrachtete die Eintretenden mit Augen, die vom Rauch und vom Trinken gerötet waren. »Name?«
»Eisenholz. Ich – « Er brach seinen Satz ab, als der Werber vor Lachen wieherte. »Was findest du daran so komisch?« fragte er mit drohend gesenkter Stimme.
»Komisch? Es ist zum Brüllen! Keiner kann behaupten, ich wäre besonders wählerisch, aber nicht einmal ich bin so in Bedrängnis, daß ich einen Mann einschreiben würde, dem der Ruf vorauseilt, daß er Unheil bringt, wohin er auch kommt. Also, wenn ich – « Seine Worte gingen in einem würgenden Quieken unter, als Eisenholz seine Finger um den dicken, ungewaschenen Hals des Mannes legte. Mit einer überraschenden Stärke für jemanden, der noch kürzlich schwerkrank darniedergelegen hatte, hob er den Mann von der Bank und warf ihn gegen die Steinmauer, wo sein Hinterkopf mit einem häßlichen Geräusch aufkam.
»Du brauchst also dringend Männer, ja?« bellte Eisenholz. »Glaubst du, ich wäre so tief gesunken, daß ich mich von einem armseligen Räuberhauptmann wie dir beleidigen lasse? Wozu heuerst du deine Bande an? Um die Verwundeten zu töten und ihre Börsen zu durchsuchen, nachdem die Besseren das
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