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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Aufgabe, und überschätzt nicht Eure eigene Wichtigkeit, Schamane.«
    Lange Augenblicke schwieg der Stammeszauberer. »Ich bin es nicht gewohnt, daß man so mit mir spricht. Wer mich beleidigt, den bestrafe ich schrecklich.«
    Eisenholz lehnte sich vor. »Euer Stolz interessiert uns nicht. Wenn wir den Mörder nicht finden, sterben wir sowieso. Also spart Euch Eure Drohungen.«
    Schattensprecher schien hinter seinen Amuletten zu lächeln. »Es gibt schlimmere Dinge als den Tod. Aber dieses Gespräch ist sinnlos. Was wollt ihr von mir?«
    »Wir haben gehört«, begann Nistur, »daß Ihr und Yalmuk Blutpfeil eine, sagen wir mal, gewisse Abneigung gegeneinander hegtet, und – «
    Diesmal unterbrach Eisenholz seinen wortgewandten Gefährten. »Wir verschwenden Zeit, und davon haben wir nicht mehr viel. Schattensprecher, habt Ihr Yalmuk getötet?«
    Der Schamane grinste höhnisch. »Schattensprecher tötet nicht mit Waffen!«
    »Habt Ihr jemanden angeheuert, jemandem befohlen oder ihn auf irgendeine Weise gezwungen, ihn zu töten?«
    »Niemals!«
    »Würdet Ihr nicht lügen, wenn es doch so wäre?« fragte Muschelring.
    Erstaunlicherweise lachte der Schamane. »Das ist, als würde man zusehen, wie ein Wolf seinen eigenen Schwanz jagt! Genug davon! Seht her.« Er stand auf und ging durch das Zelt zu einer feingeschnitzten Holztruhe. Als er zurückkam, legte er ein in Leder eingeschlagenes Paket vor sie hin. Er wickelte es aus, und dabei bemerkte Muschelring eigentümliche gemalte oder tätowierte Siegel auf seinen Handrücken.
    Das geöffnete Paket enthielt eine Handvoll gelblicher Kristalle, vielleicht gehärteter Baumsaft, und eine knorrige, trockene Wurzel, die einer skelettierten Menschenhand ähnelte. »Wißt ihr, was das ist?« erkundigte sich Schattensprecher.
    »Ich gebe zu, ich weiß es nicht«, antwortete Nistur. Er sah Eisenholz an, doch der Söldner schüttelte den Kopf.
    »Das ist die Hand der Wahrheit, und wer unter ihrem Bann eine Lüge spricht, erleidet eine schreckliche Strafe.«
    »Ich glaube, ich habe schon von dem Spruch gehört«, überlegte Nistur.
    »Dann gib acht.« Der Schamane streute die gelben Kristalle in das Kohlebecken. Die Flammen erstarben zu einem gedämpften rötlichen Schein. Vorsichtig legte er die getrocknete Wurzel auf die Kohlen. Sie erwarteten, daß die Wurzel verbrannte, aber statt dessen blieb sie unversehrt, während gleißend weiße Flammen aus den fingerartigen Auswüchsen schossen.
    Mit geschlossenen Augen murmelte Schattensprecher etwas in einer fremden Sprache. Dann stieß er mit wieder geöffneten Augen seine linke Hand in die weißen Flammen und behielt sie dort. Während sie den Atem anhielten, wanden sich die Flammen um seine Hand und bildeten langsam eine dämonische Fratze. Sie hatte drei Augen und kurze Hörner, und ihr Mund war mit langen Reißzähnen ausgestattet. Der Mund bewegte sich, und die Stimme, die ihre Ohren erreichte, war eisig und nicht menschlich.
    »Sprich«, zischte die Stimme, »und wenn du lügst, ist deine Hand mein.« Der Mund klaffte auf, bis er die Hand des Schamanen umschloß. Die Reißzähne wurden länger, bis sie das Fleisch zu berühren schienen. Der Schamane verzog keine Miene und schaute nicht auf die Erscheinung. Er schwieg, während die anderen in stummer, ängstlicher Erwartung dasaßen. Dann begann er zu sprechen.
    »Dies sind die Worte von Schattensprecher, Schamane der Nomaden der Staubebenen. Schattensprecher hat den Häuptling Yalmuk Blutpfeil nicht getötet. Schattensprecher hat niemand anderen dazu gebracht, Yalmuk zu töten. Schattensprecher weiß nicht, wer Yalmuk ermordet hat, noch weshalb. Wenn Schattensprecher lügt, möge der Dämon der Wahrheit seine Hand verschlingen.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen hielten sie den Atem an und warteten auf die Entscheidung des Dämons. Langsam wich das abscheuliche Wesen zurück und schloß den Mund. »Du sprichst die Wahrheit, und ich hungere.« Er begann zu verblassen wie Rauch, der verfliegt. Dabei erreichte sie noch einmal schwach seine Stimme: »Bring mir einen Lügner.«
    Die Flammen erstarben, und der Schamane griff in das Becken und zog die handförmige Wurzel heraus. Der Aufenthalt zwischen den Kohlen hatte ihr offenbar nicht geschadet. »Seid ihr nun zufrieden?« wollte er wissen.
    »Ich nehme an, das müssen wir«, sagte Nistur, der sich erhob.
    »Fürs erste«, sagte Eisenholz.
    »Vergiß die Suche nach dem Mörder«, riet ihm Schattensprecher. »Du bist ohnehin

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