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Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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hatten, setzten sie sich an das eine Ende eines Bankettisches. Ein paar ältere Zwergenfrauen brachten ihnen Essen und Bier, und die Gefährten fielen mit großem Appetit darüber her.
    »Ich hasse es, wenn ich warten muß«, beklagte sich Eisenholz.
    »Das liegt daran, daß du ein Mann der Tat bist. Ich liebe es, meine Freizeit mit dem Erwerb von Wissen zu verbringen. Vielleicht können wir die Zeit zu unserer beiderseitigen Zufriedenheit nutzen.«
    »Wie meinst du das?« fragte Eisenholz.
    Nistur lehnte sich über den Tisch. »Mein Freund, ich finde, es wird Zeit, daß wir mehr von dir erfahren. Unser beider Leben ist zum Guten oder zum Schlechten miteinander verbunden. Vielleicht rede ich ein anderes Mal über mich, aber gerade jetzt scheint es, daß wir bei dir tief mit drinstecken: deine Vergangenheit, deine einzigartige Krankheit, die seltsame Feindseligkeit, die manche Leute gegen dich hegen – diese Dinge betreffen und gefährden uns alle.« Er lehnte sich zurück und erhob lächelnd einen Becher aus schön geschliffenem Alabaster. »Außerdem könnte dich das von dem Monster ablenken, das unter uns schläft.«
    Lange Zeit starrte Eisenholz ihn beinahe feindselig an. Muschelring blickte unsicher von einem zum anderen. Dann begann der Söldner zu sprechen.

11
     
    »Der Name meines Heimatlands«, setzte Eisenholz an, »ist unwichtig. Ich stamme aus einer angesehenen Familie, und ich dachte, ich hätte eine große Zukunft vor mir. Natürlich, ich war sehr jung.«
    »Viele von uns haben so angefangen«, sagte Nistur.
    »Sei still!« schimpfte Muschelring. »Ich will seine Geschichte hören.«
    »Bitte um Entschuldigung«, sagte Nistur. »Bitte, fahr fort. Ich werde mich bemühen, nicht zu unterbrechen.«
    »Nun denn, ich wurde zum Krieger ausgebildet wie alle Männer meiner Familie. Aber ich wollte mehr sein als ein gewöhnlicher Krieger. Ich wußte, ich war zum Ritter bestimmt, zum Helden.« Sein Gesicht verzog sich zu einem reumütigen Lächeln. »Tja, das ist ein ganz gewöhnlicher Traum für einen jungen Mann. Nur wenige versuchen, ihn in die Tat umzusetzen.«
    Er leerte seinen Bierbecher und stellte ihn hin. »Ich war nicht der einzige mit hochfliegenden Zielen. In der Stadt neben dem Gut meines Vaters lebte ein anderer junger Kerl namens Boreas. Er war der mißratene Sohn des Bürgermeisters und reichsten Händlers der Stadt. Wir sind zusammen aufgewachsen, haben uns aufgespielt und sind gemeinsam in Schwierigkeiten geraten. Sein Vater wollte, daß er in das Familiengeschäft eintrat, in den Weinhandel, einer der gewinnversprechendsten Geschäftszweige in unserem Teil der Welt. Boreas wollte nichts davon hören. Er wollte Abenteuer erleben, und er liebte es, zu singen, die Harfe zu spielen und auf der Bühne zu stehen. Die ganze Stadt war empört, denn niemand von guter Herkunft tut so etwas.«
    Jetzt lag in seinem Lächeln wehmütige Zuneigung. »Er scherte sich nicht um sie oder um ihre gekränkten Wertvorstellungen. Boreas brauchte den Beifall der Menge, den Applaus. Er liebte es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Leider war er bei den jungen Mädchen viel zu beliebt, und es kam der Tag, an dem er fliehen mußte.
    Er erschien im Schloß meiner Familie und bat mich, mit ihm zu ziehen. Er sagte, er hätte da eine Geschichte gehört. Ein junger Schwarzer Drache war in den Bergen unweit unserer Stadt gesehen worden. Die ganze Nacht redeten wir von diesem Wunder. Gewiß würde das Tier einen Schatz hüten, sagte Boreas, denn wie alle Sagen berichten, entspricht dies der Natur von Drachen. Ob der Schatz weltlicher oder magischer Art war, konnten wir unmöglich wissen, aber das Ungeheuer hatte bereits einige Reisende getötet, und die Gegend bekam allmählich einen üblen Ruf.
    Boreas war auf den Schatz und das große Abenteuer aus. Er sah sich bereits, wie er die Geschichte seiner Taten mit Harfe und Gesang verbreitete. Mein Antrieb jedoch war ein anderer. Ich sah nur den Ruhm, den ich erwerben würde, wenn ich einen Drachen tötete. Ich wußte, daß die meisten Helden viele Jahre rangen und litten, bis sie sich die Wertschätzung anderer Helden erkämpft hatten. Aber indem ich einen Drachen erschlug, konnte ich mit einer schnellen Tat zum Helden werden. Die Lebensgefahr, die damit verbunden war, machte die Sache nur noch aufregender.«
    Er wandte sich an Muschelring: »Junge Männer denken oft so. Sie wollen den Ruhm, aber sie wollen sich nicht den langen, mühsamen Jahren stellen, die es

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