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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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bewirtschaftet wurde.
    Aber es gibt keine Fotos. Keine Erinnerungsstücke. Nichts, was erkennen lässt, wer hier in den letzten Jahrzehnten gearbeitet hat.
    Nur der Tabakgeruch verrät das.

19
    »Sein altes Zeug ist im Keller«, sagt Magnea.
    Im Keller?
    Bei dem Gedanken stehen mir die Haare zu Berge. Aber ich lasse mir nichts anmerken. Mustere Magnea, die mich genau beobachtet. Und gebe ihr mit einer kurzen Kopfbewegung mein Einverständnis.
    Sie öffnet die Tür zur Kellertreppe. Knipst das Licht an. Wirft mir einen fragenden Blick zu.
    »Geh du vor«, sage ich.
    Die schmalen Holztreppenstufen knarren.
    Der Keller hat immer noch keine Fenster. Aber die Wände sind weiß gestrichen worden, wie das Haus von außen.
    Am Ende des Kellers sind Regalbretter an der Wand angebracht worden. Um Waren für das Hotel zu lagern. Auf der anderen Seite stehen größere und kleinere Pappkisten, ordentlich aufgestapelt. Manche sind offen. Andere sind mit einem breiten, braunen Klebeband zugeklebt.
    Magnea geht auf den Stapel zu.
    »Diese Sachen waren alle schon hier unten, als ich vor sechs Jahren zum ersten Mal nach Klettur kam«, sagt sie. »Soweit ich weiß, hat er nie in eine dieser Kisten reingeguckt, aber er hat mir trotzdem verboten, sie zu entsorgen.«
    »Was ist in den Kisten?«
    »Die Vergangenheit, glaube ich.«
    Magnea dreht sich um.
    »Kalli war sehr stolz auf dich«, sagt sie.
    Ich grummele verächtlich.
    »Hast du schon mal oben in den Kleiderschrank geschaut?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Das solltest du bei Gelegenheit mal tun.«
    Magnea geht mit schnellen Schritten zur Treppe. Aber ich finde, dass die Zeit gekommen ist, mir Klarheit darüber zu verschaffen, welche Beziehung sie zu dem Alten hatte.
    »Warst du mit ihm zusammen?«, frage ich.
    Magnea lächelt schweigend.
    »Es ist natürlich deine Sache …«, füge ich hinzu, »aber …«
    »Da sind wir ja einer Meinung«, fällt sie mir ins Wort.
    »… aber es wäre mir trotzdem lieber, wenn ich es wüsste.«
    Das Lächeln auf ihren Lippen erstirbt.
    »Sagen wir mal so, Kalli und ich sind gut miteinander ausgekommen«, sagt sie ruhig und beginnt, die Treppe nach oben zu steigen.
    Ich fühle, wie ein Kälteschauer meinen Körper durchjagt.
    »Lass die Tür offen!«, rufe ich ihr hinterher.
    Sie wirft mir einen Blick zu.
    »Aber du kannst die Tür doch von innen öffnen«, antwortet sie.
    »Seit wann?«
    »Guck mal, hier.«
    Ich springe die Treppe hinauf und begutachte das Schloss.
    Magnea hat Recht. Es ist möglich, die Kellertür von innen zu öffnen.
    »In Ordnung«, sage ich und versuche, meinen aufgebrachten Atem unter Kontrolle zu halten.
    Auf der Kellerseite der Tür ist außerdem ein weißer, viereckiger Schalter angebracht worden.
    Ich kippe ihn mehrmals hin und her.
    Die Deckenlampen gehen abwechselnd an und aus.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragt Magnea.
    »Nur alte Gespenster«, antworte ich ärgerlich und gehe mit festen Schritten die Treppe hinunter. »Verdammte alte Gespenster.«
    Sie hält auf der obersten Treppenstufe inne und sieht verwundert auf mich hinunter, bevor sie durch die Tür verschwindet.
    Die Tür fällt mit einem leisen Klicken zu.
    Ich schließe die Augen. Warte angespannt darauf, dass der Albtraum wieder beginnt. Wie früher, als er mich in dem fensterlosen Keller eingeschlossen hat. Nachdem er das Licht von außen ausgeschaltet hat.
    Aber es geschieht nichts.
    Natürlich nicht. Die Ungeheuer der Dunkelheit sind nicht mehr an diesen Ort gebunden. Sie haben sich in den tiefen Katakomben der Erinnerung eingegraben. Und warten auf eine Gelegenheit.
    »Jetzt hör schon auf, dich wie ein eingeschüchtertes Kind zu benehmen, Stella!«, schimpfe ich mit mir in Gedanken. Und öffne die Augen.
    Die Vergangenheit in Pappkisten?
    Ich lasse meine seit langem angestaute Wut an toten Dingen aus. Stoße eine Kiste grob auf den grün gestrichenen Betonfußboden. Reiße sie auf.
    Was für eine Scheißvergangenheit?
    Die Kiste ist mit alten Klamotten vollgestopft: Hosen, Pullover, Unterwäsche, Mäntel, Schuhe.
    Das meiste davon hat einmal mir gehört. In einem anderen Leben.
    Die Kleidung wurde nicht ordentlich zusammengefaltet. Im Gegenteil – sie wurde eher zusammengeknüllt und wahllos in den Karton geschmissen.
    Ich schiebe die Kiste mit dem Fuß von mir weg. Greife nach der nächsten. Und öffne eine nach der anderen.
    In einigen liegen Spielsachen und Schulbücher. In anderen weitere Kleidung. Sachen von mir oder Mama. Aber auch fremde

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