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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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betreten.
    Betrachte instinktiv die weißgestrichenen Wände des fensterlosen Kellers. Da, wo ich den Alptraum der Dunkelheit aushalten musste. Eingeschlossen. Wie in einem Verlies.
    Ich bekomme eine Gänsehaut in der Abendluft.
    Elín Edda kommt mit ihrer Mutter zurück.
    Magnea hat eine kräftige Statur und ein dickliches Gesicht. Ihre Haare und Augen sind ebenso dunkel wie die ihrer Tochter.
    »Willkommen«, sagt sie. Ihr Händedruck ist sanft, aber bestimmt. »In der Küche steht der Kaffee schon bereit.«
    Die beiden gehen vor mir die Treppe hoch.
    Mein Handy summt in meiner Tasche.
    Ich lese die SMS, die ich aus Amerika bekommen habe. Die Antwort auf meine Frage besteht nur aus zwei Worten:
    »Komme nicht.«
    Sagt Mama.

17
    Montag, 30. August
    Ich habe das Gefühl, in dem vollgequalmten Zimmer zu ersticken.
    Karl Blómkvist hat schon als Jugendlicher damit begonnen, viel zu rauchen. Zuerst hielt er sich nur an starke französische Zigaretten. Dann ist er zur Pfeife übergegangen. Und auf Zigarren umgestiegen.
    Nikotin und Teer verpesteten alles, mit dem er tagtäglich zu tun hatte: Seine Kleidung, den Sessel, seine Bettdecke.
    Der scharfe Tabakgeruch hat ihn wie ein böser Geist durch das Leben verfolgt.
    Daher habe ich nie geraucht.
    Magnea hat mir das Bett bezogen, in dem er gestorben ist. Hat allerdings angeboten, selbst dort zu schlafen und mir stattdessen ihr Schlafzimmer zu überlassen. Wenn es mir unangenehm wäre, ein paar Nächte im Sterbebett meines Vaters zu schlafen.
    Als ob mir das nicht gleichgültig wäre.
    Ich glaube nur an die Geister, die im Unterbewusstsein hausen.
    Ich hatte das Schlafzimmer ganz anders in Erinnerung. Jetzt kam es mir viel kleiner, heller und unpersönlicher vor.
    Weißgestrichene Wände. Ein großes Bett mit einer dunkelgrünen Tagesdecke. Ein brauner Kleiderschrank. Ein paar breite Regale für Bücher.
    Aber der Geruch ist der gleiche.
    Auf einem Regal steht ein altes Foto in einem vergoldeten Rahmen.
    Darauf sind wir drei vor dem Sommerhotel zu sehen. Als ich so alt war wie Elín Edda jetzt.
    Wir blicken alle ernst in die Kamera. Die Zeit des Lächelns war längst vorbei.
    Wirklich unglaublich. Dass der Kerl dieses Foto aus grauer Vorzeit bei sich im Schlafzimmer bis zu seinem letzten Tag stehen hatte.
    Der Tabakgeruch hat mich sogar im Schlaf verfolgt. Als ob er ein eigenständiges Leben in den Möbeln, Gardinen, Schränken, ja selbst in den Wänden führen würde.
    Obendrein musste ich das Fenster die ganze Nacht lang geschlossen halten, damit mich die schwarzen, fetten Fliegen in Ruhe ließen, die versuchten, ins Schlafzimmer einzudringen. Sie waren laut und aufgeregt. Wie die Rachegöttinnen, die einen neuen Orpheus suchen, den sie quälen können.
    Ich eile an die frische Morgenluft.
    Mein Lederkostüm sitzt wie angegossen. Der dunkle Rock ist kurz, die kniehohen Stiefel glänzen schwarz. Aber mein weiches Seidentop, weiß wie Schnee, umschmeichelt meine nackte Haut unter der aufgeknöpften Jacke.
    Der Himmel ist bewölkt.
    Eine Reisegruppe aus dem Ausland bereitet sich im Speisesaal des Hotels auf die Abreise vor. Ich hole mir mein Frühstück, bestehend aus Joghurt, Saft und Kaffee, und mische mich unter sie. Schließlich bin ich auch nur ein Gast, auch wenn ich früher hier gewohnt habe.
    Ich brauche eine halbe Stunde, um mit meinem Silberpfeil zu der alten Holzkirche der Gemeinde zu düsen. Sie ist klein, weiß angestrichen, mit rotem Dach und weißem Turm, auf dem ein morsches Holzkreuz thront.
    Ich entdecke Pfarrer Finnbogi in der Sakristei, die er offenbar auch als Büro benutzt.
    Er ist hoch gewachsen und kräftig gebaut. Mit kurzen braunen Haaren, fein geschnittenem Gesicht. Hellen Augen, freundlichen Lippen, schneeweißen, gesunden Zähnen.
    Jung und verlockend.
    Was macht so ein sexy Knabe im Dienste Gottes?
    Er wendet sich von seinem kleinen Schreibtisch ab, nimmt meine Hände in seine. Spricht mit weicher Stimme höfliche Beileidsworte. Als würde er sie tatsächlich so meinen.
    Leckerchen!
    Pfarrer Finnbogi bedeutet mir, mich neben den Schreibtisch auf eine alte Holzbank zu setzen.
    Ich nehme auf der harten, ungemütlichen Sitzgelegenheit Platz und konzentriere meinen neugierigen Blick auf ihn. Lächle freundlich. Schlage meine nackten Oberschenkel übereinander.
    Er räuspert sich.
    »Hast du bestimmte Wünsche für die Beerdigung?«
    »Ich möchte die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen«, antworte ich.
    »Ich weiß, dass viele deinen

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