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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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worüber sie sich das Maul zerreißen können, wenn sie wieder nach Hause fahren.
    Ich finde den Trauerkaffee peinlich. Wie ein lächerliches Theaterstück.
    Manche sitzen wie Verurteilte über ihren Kaffeetassen und Tortenstücken und unterhalten sich mit gedämpfter Stimme. Aber bei anderen hat sich die Zunge schon gelockert. Sie werden laut, stoßen sich freundschaftlich in die Seite und lachen.
    Magnea kennt alle Gäste. Aber ich kaum jemanden. Zumal die letzten zwei Jahrzehnte im Leben von Karl Blómkvist für mich ein Buch mit sieben Siegeln sind.
    Ich erinnere mich trotzdem an Björn auf Saeból. Er war schon immer größer und fetter als alle anderen Männer der Umgebung. Und ist es immer noch.
    Er hat auch immer versucht, uns kleine Mädchen zu betatschen.
    Am meisten hat mich überrascht, Grímur Rögnvaldsson bei der Beerdigung zu sehen. Justizminister und Ehrenschnecke.
    »Karl Blómkvist war einer meiner allertüchtigsten Anhänger in meinem Wahlkreis«, sagt der Minister, als er beim Trauerkaffee auftaucht. Nachdem er mir sein Beileid ausgesprochen hat.
    »Was du nicht sagst!«
    »Ich hoffe, dass dir der Nachruf gefallen hat, den ich im Morgunbladid geschrieben habe?«
    »Ich habe keine Zeit, Zeitungen zu lesen.«
    »Ach, wirklich nicht? Naja, also, wie dem auch sei, ich habe geschrieben, dass ich Karl recht schnell kennen lernte, als ich zum ersten Mal hier in den Osten gekommen bin. Da war ich gerade mit meinem Jurastudium fertig und habe hier als Sachbearbeiter des Bezirksverwalters gearbeitet und viele nette Leute kennen gelernt. Dein Vater war einer von denen, die mich angespornt haben zu kandidieren und mir mit Rat und Tat zur Seite gestanden sind. Wir werden ihn bei den nächsten Wahlen sehr vermissen.«
    Den Rest des Trauerkaffees nutzt der Minister, um die verbleibenden Stimmen der Gegend zu tätscheln. Sagt ein paar Worte zu jedem einzelnen Wähler, der sich blicken lässt. Lässt manchmal ein oder zwei Witze folgen.
    Manche lachen laut über seine Späße. Andere lächeln aus Pflichtgefühl. Als ob sie den gleichen Gag schon oft gehört hätten. Ásleifur Oddgeirsson gehört der zweiten Gruppe an.
    Er überragt mich. Ist so groß wie ein amerikanischer Basketballer. Und sichtlich gut in Form.
    »Karl Blómkvist und ich haben uns kennen gelernt, als ich hier im Osten bei der Polizei war«, sagt Ásleifur. »Ich habe ein paar Jahre beim Bezirksverwalter gearbeitet.«
    »Wie der Justizminister?«
    »Ja, Grímur und ich waren zur gleichen Zeit hier. In den Jahren sind wir oft hier ins Tal gefahren und Kalli auf Klettur war uns immer wohl gesonnen, egal, wie es gerade um ihn selbst bestellt war. Er war ein Prachtkerl.«
    Ich blicke forschend in die dunkelblauen Augen auf der Suche nach Zynismus, der sich dort versteckt haben muss. Aber der Goldjunge scheint es ernst zu meinen.
    Karl Blómkvist ein Prachtkerl?
    Sprechen wir tatsächlich über ein und denselben Mann?
    Ich verberge meine Gefühle hinter der Maske der Höflichkeit. Entschlossen, die Pflichten des einzigen Kindes mit Bravour zu meistern. Und gleich heute Nacht den ganzen Schrott wieder zu vergessen.
    Aber Ásleifur kommt erst richtig in Fahrt.
    »Kalli hat immer gesagt, dass es für ihn das Schlimmste im Leben war, dich so verschreckt zu haben, dass du mit ihm gebrochen hast«, sagt er. »Es bereitet jedem Menschen große Trauer, nicht die Möglichkeit zu haben, Zeit mit seinem Kind verbringen zu können. Aber Kalli hat trotzdem nie versucht zu vertuschen, dass er in eurem Fall allein die Schuld daran trug, wie alles gekommen ist.«
    »Ach.«
    »Ja, und wenn man Bilanz zieht, sind es doch unsere Kinder, die das Wichtigste sind. Im Leben geht es darum, Leben zu gebären, die neue Generation großzuziehen, die ein Teil von uns ist. Darin liegt unsere göttliche Macht. Ohne Nachkommen sind wir nur ein Schatten unserer selbst.«
    »Dann hast du wahrscheinlich viele Kinder?«
    »Nein, leider nicht«, antwortet Ásleifur und lächelt schwach. »Ich bin ein Eigenbrötler, der nicht für eine klassische Ehe oder zum Zusammenleben taugt. Keine Frau hält mich auf die Dauer aus.«
    Es macht die Sache auch nicht besser, dass er Spaß daran hat, Tiere zu töten.
    »Ich finde, es ist der Höhepunkt jedes Sommers, hier in den Osten zu kommen, um Rentiere zu schießen«, sagt er.
    »Ich bin in den letzten zwei Tagen im Hochland gewesen und wenn die Feier hier vorbei ist, fahre ich auf direktem Wege wieder hoch.«
    »Hast du etwas erlegt?«
    Er

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