Mord in Thingvellir
besucht haben.
Der Großteil der Bilder ist von Motorradfahrern. Einige Fahrer scheinen mittleren Alters zu sein. Andere sind noch unter achtzehn.
Zwischendurch tauchen immer mal ein paar Mädchen auf. Die meisten sind jung.
Ich betrachte eingehend ein Gesicht nach dem anderen. Aber kenne keinen dieser Leute.
Egal.
Ich muss nicht selbst die Namen mit den Gesichtern von Eddi Event-Rattes Höflingen verbinden. Das wird Fjólas Aufgabe sein. Zu dem Zeitpunkt, an dem sie dazu bereit ist.
25
Dienstag, 7. September
»Darf ich dir Kaffee anbieten?«, fragt Ásleifur.
Er ist wirklich edel angezogen. Trägt einen blaugrauen, schweineteuren Anzug. Mit einem hellblauen Seidentuch um den Hals anstelle einer Krawatte.
Der Kerl sieht am ehesten wie ein überkandidelter Charmeur in einem alten Hollywood-Streifen aus.
»Schwarz und ohne Zucker.«
Ich nehme am Tisch in dem kleinen Konferenzraum Platz. Stelle meine rotbraune Aktentasche auf den Boden. Neben den Stuhl.
Ásleifur steckt seine schwarze Pfeife in die Brusttasche und macht sich daran, mir aus einer stahlgrauen Kaffeekanne in einen weißen Plastikbecher einzugießen.
Das Büro des Bezirkies in Selfoss hat heute Vormittag im Palast der Goldjungs an der Skúlagata ein Treffen anberaumt, über das ich vorhin erst informiert wurde. Halldór, der Sachbearbeiter, steht kleinlaut am anderen Tischende und hält zwei rote Akten im Arm. Sein sauertöpfisches Gesicht ist direkt lächerlich.
Der starke, schwarze Kaffee ist für mich die erste Nahrung des Tages. Der Sauertopf lässt die beiden roten Akten auf den Tisch fallen. Zieht ein Blatt Papier aus der Tasche. Schiebt es in meine Richtung.
»Du sollst da unten unterschreiben«, sagt er.
Ich werfe schnell einen Blick auf das Blatt.
Es enthält eine lange Liste über alle Protokolle und andere Berichte, die die Ermittlungen zum Leichenfund im Ertränkungspfuhl betreffen.
»Sind das alle Unterlagen zu dem Fall?«, frage ich.
»Reicht dir das denn noch nicht?«
Ich erlaube mir ein Grinsen. Ein überhebliches, hoffe ich. Während ich eine der roten Akten aufblättere.
Zuerst kommt ein Bericht über den Leichenfund selbst. Dann kommt ein polizeiliches Protokoll nach dem anderen. Manche sind kurz. Andere länger.
Ich gehe die Berichte durch. In aller Ruhe. Vergleiche sorgfältig die Aktennummer jedes Schriftstücks mit der auf der Liste.
Halldór kann seine Ungeduld nicht verbergen.
»Es ist alles vorhanden«, sagt er brüsk.
»Das wird sich noch herausstellen.«
Mein Kaffeebecher ist leer.
»Hast du noch mehr?«, frage ich und schaue zu Ásleifur. Mit einem Lächeln.
Er hebt erneut die bauchige Kaffeekanne.
»Ich habe keine Zeit, hier herumzuhängen«, sagt Halldór.
Aber ich tue so, als höre ich sein Genörgel nicht. Blättere mit überlegener Ruhe weiter durch die Protokolle in den roten Akten.
Ásleifur wirkt auch entspannt. Er hält die Pfeife in der linken Hand, ohne den Tabak anzustecken. Trinkt seinen Kaffee in vielen kleinen Schlucken. Und betrachtet abwechselnd Halldór und mich. Seine Miene verrät, dass er heimlich Spaß an unserer Feindschaft hat.
Schließlich habe ich gewissenhaft beide Akten durchgesehen.
»Mir scheint, dass alles stimmt«, sage ich. »Aber hier steht nichts über die Untersuchungsergebnisse der Spurensicherung aus der Werkstatt und dem Jeep. Warum?«
»Der Bericht liegt uns noch nicht vor«, antwortet Halldór.
»Tu doch nicht so«, entgegne ich streng. »Du weißt doch ganz genau, ob die Hausdurchsuchung Erfolg hatte oder nicht.«
»Wir sollen lediglich die Berichte übergeben, die wir offiziell erhalten haben«, sagt Halldór.
»Wann wird der Bericht erwartet?«
»Wahrscheinlich am Ende der Woche.«
Der Sauertopf ist unerträglich. Deshalb richte ich meine Worte an Ásleifur.
»Ist bei der Durchsuchung der Werkstatt etwas gefunden worden, das mit dem Mord an Soleen in Verbindung gebracht werden kann? Oder im Auto meines Mandanten?«
Ásleifur guckt zu Halldór. Dann wieder zu mir.
»Soweit ich weiß, nicht«, antwortet er.
»Sie war demnach also unbegründet?«
»Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen.«
»Aber es wurde, wie gesagt, kein Beweismaterial zu Lasten meines Mandanten gefunden?«
»Soweit ich das verstanden habe.«
»Und ich bekomme den Bericht der Spurensicherung zu dem Punkt umgehend, sobald ihr ihn erhalten habt?«
»Das halte ich für selbstverständlich.«
»Sprichst du im Auftrag des Bezirkies?«
»Er hat uns um unsere Hilfe
Weitere Kostenlose Bücher