Mord in Thingvellir
geht.
»Überanstreng deine alte Pumpe nicht!«, rufe ich hinter ihm her. Nur um das letzte Wort zu haben.
27
»Uff!«
Die meisten Fotos in den roten Akten sind hässlich. Besonders die, auf denen man die nackte Leiche am Ufer des Ertränkungspfuhls liegen sieht. Und die von dem OP-Tisch des Gerichtsmediziners in Reykjavík.
Die Vergänglichkeit des Lebens in seiner erbärmlichsten Form.
Ich habe mich am Nachmittag eingeigelt. Wollte Ruhe haben, um alle Berichte sorgfältig durchzuarbeiten. Um mir, so gut es mit dem vorliegenden Beweismaterial geht, ein genaues Bild zu machen. Die Unterlagen erweisen sich aber als extrem dürftig, sobald es um die drei Schlüsselfragen geht:
Wo wurde Soleen ermordet?
Warum wurde sie ermordet?
Und wer hat sie ermordet?
Das Einzige, was den Mord direkt mit der Werkstatt Toppautos in Kópavogur verbindet, ist der Starter, der auf dem Grund des Pfuhls in der Öxará gefunden wurde.
Zwei Angestellte der Werkstatt behaupten in den Verhören, dass sie ihn aus einem PKW entfernt haben, der am Dienstag, dem 3. August, zur Reparatur gebracht wurde. Es habe sich nicht gelohnt, den Starter zu reparieren, und deswegen wurde er in den Container für Altmetall geworfen, in dem der Automüll entsorgt wird. Der offene Container steht auf einem asphaltierten Parkplatz hinter der Werkstatt.
Die Zeugenaussage beinhaltet, dass die Container nicht beaufsichtigt werden, nachdem alle Werkstätten in der Straße am Abend geschlossen sind. Zumal sich in ihnen nichts anderes als unnützer Schrott befindet.
Jeder hätte also den Starter in der Nacht an sich nehmen können. Schließlich vergingen drei Tage, seit er als Altmetall entsorgt wurde, bis er Verwendung dafür fand, die Leiche im Ertränkungspfuhl zu versenken.
Egal, wer.
Der Eigentümer von Toppautos bestätigt, dass er Múhammed an diesem verhängnisvollen Freitagabend getroffen hat. Árni Geir behauptet, zwischen halb acht und acht in der Werkstatt vorbeigekommen zu sein, um mit Múhammed die neuesten Abrechnungen durchzugehen und ein paar Dinge zu besprechen, die noch entschieden werden mussten. Ihr Treffen habe in etwa eine Dreiviertelstunde gedauert.
Múhammed hat damit ein Alibi bis neun Uhr abends. Und dann wieder ab zehn Uhr, als er in seine Wohnung am Engihjalli zurückkehrte. Gemäß dem, was Fadíma in ihrer knappen Aussage bestätigt.
Es dauerte also etwas länger als eine Stunde, seit Árni Geir sich von Múhammed verabschiedet hat, bis dieser nach Hause kam. Dieser Zeitraum ist viel zu kurz, um Soleen umzubringen, mit der Leiche nach Thingvellir zu brausen, sie im Ertränkungspfuhl zu versenken und wieder heimwärts nach Kópavogur zu fahren.
Es sei denn, Fadíma lügt?
Sie könnte natürlich ihrem Mann helfen, die Tat zu vertuschen. Wenn Múhammed ihr Gewalt androht.
In der Zeugenaussage von Gunnhildur gibt es wenig Überraschendes. Inhaltlich entspricht ihre Aussage im Protokoll der Goldjungs dem, was sie schon neulich im Interview mit der DV gesagt hat. Schließlich schildert sie die gleichen Begebenheiten.
Von Thorsteinn berichtet sie allerdings etwas genauer. Dem Jungen, mit dem Soleen manchmal zusammen war.
Er ist ein zwanzigjähriges Bürschchen, das von den meisten Steini Steinchen genannt wird, und das schon seit der Grundschule. Wenn er bei Schlägereien der Unterlegene war, rächte er sich an seinen Schulkameraden, indem er sie mit Steinen bewarf.
In einem anderen Polizeibericht steht, dass Thorsteinn früh die Schule drangegeben und sich als unqualifizierter Arbeiter mit verschiedenen Jobs Geld verdient habe. Aber jetzt arbeite er in einer Autowerkstatt in Hafnarfjördur.
Ach. Interessant.
Thorsteinn hat diverse Einträge im Strafregister. Für wiederholte Rauschgiftdelikte. Trunksucht. Und Schlägereien in der Öffentlichkeit. Aber er ist bisher nur zu Geldbußen verurteilt worden.
Soleen und Thorsteinn sind sich zum ersten Mal begegnet, als er einen Job in der Werkstatt von Toppautos bekommen hat. Hauptsächlich sollte er Autos waschen, Reifen wechseln und andere Handlangerarbeiten dieser Art ausführen.
Er behauptet beim Verhör, dass Múhammed ihn nach wenigen Wochen gefeuert habe, nur weil er mit Soleen geredet habe. Und ihm befohlen, das Mädchen in Ruhe zu lassen.
Soleen ergriff die Initiative in der Beziehung. Sagt Steini Steinchen.
Aber sie betrachtete ihn als Freund und Kumpel. Weigerte sich immer, wenn er versuchte, sie dazu zu bringen, etwas anderes und mehr zu machen, als Händchen zu
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