Mord in Thingvellir
mit nach Hause nehmen.«
»Welche Bilder?«
»Willst du vielleicht behaupten, du wüsstest nicht, wie viel Spaß es deinem Vater gemacht hat, kleine Mädchen zu fotografieren?«, fragt sie schroff. »Ich zeige ihn an, wenn du mir nicht erlaubst, das mitzunehmen, was in diesen Kisten mir gehört.«
»Findest du nicht, dass es ein bisschen zu spät ist, ihn zu verklagen? Wo er tot ist?«
Thórdís grinst siegessicher. Als ob sie jetzt die besseren Karten hätte.
»Ich kann dich gleich mitverklagen, für den Besitz von Kinderpornografie«, fährt sie fort. »Ich sehe schon die Schlagzeile in der DV. Sie würden dich komplett auseinandernehmen.«
Sie wirft ihren Kopf in den Nacken. Überheblich. Und fügt hinzu:
»Ich bin bereit, alles zu vergessen, was bei deinem Vater geschehen ist, wenn du mir erlaubst, meine Fotos und die Kamera mitzunehmen.«
»Welche Kamera?«
»Die Leica, die Kalli mir geschenkt hat.«
Ich erlaube mir ein Grinsen.
»Schon interessant, wie offensichtlich du deine Lage hier missverstehst«, sage ich. »Du hast unerlaubter Weise meine Schlüssel entwendet und sie dazu benutzt, in ein Rechtsanwaltbüro einzudringen, wo du einen verschlossenen Tresor geöffnet hast. Wenn ich dich für diese schwerwiegenden Vergehen verklage, wirst du umgehend von deiner Stelle suspendiert und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.«
»Ich habe nichts zu befürchten«, antwortet sie. »Ich sage nur, dass du mir die Schlüssel geliehen und mich gebeten hast, den Tresor zu öffnen. Die glauben mir sowieso eher als dir.«
»Bist du wirklich bereit, vor Gericht so eiskalt zu lügen?«
»Ja, wenn es sein muss.«
»Danke vielmals für die Bestätigung.«
Thórdís wird unruhig.
»Wie meinst du das?«
»Ein Überwachungssystem von Securitas läuft in meinem Büro. Mit Bild und Ton. Tag und Nacht.«
»Du willst mich doch nur verarschen.«
»Die Geräte haben alles, was du hier drin gesagt und getan hast, digital aufgenommen.«
Ihr Gesicht erstarrt.
»Die Aufnahme eignet sich bestimmt hervorragend für das Fernsehen. Würde sich zum Beispiel fantastisch als Zugabe zu den Nachrichten auf Stöd 2 machen.«
Sie blickt sich suchend um.
»Die Kamera steht da oben in der Ecke. Zwischen den blauen Büchern. Das Mikrofon auch.«
Thórdís erkennt die schmale Linse. Aber ihr scheint trotzdem nicht klar zu sein, dass sie das Spiel verloren hat.
»Du kannst mir nichts nachweisen«, sagt sie mit strenger Miene. Und nimmt eine Angriffsposition ein. Als wollte sie auf mich losgehen.
»Mach dich nicht lächerlich.«
»Ich werde mit allem, was mir gehört, unbehelligt dein Haus verlassen. Hast du mich verstanden?«
»Willst du zu den anderen Vergehen auch noch Körperverletzung hinzufügen?«
»Du kannst es dir nicht leisten, mich zu verklagen«, antwortet sie.
»Da kennst du mich aber schlecht.«
Ich schließe die Tür hinter mir ab. Gehe an Thórdís vorbei zu meinem schwarzen Chefsessel. Lege den Schlüsselbund in die oberste Schublade des Schreibtischs. Setze mich.
»Setz dich da hin, mir gegenüber«, sage ich ruhig.
Sie zögert. Zum ersten Mal, seit ich sie erwischt habe.
»Wir müssen uns wohl mal besser unterhalten, nicht wahr?«
»Okay. Aber ich will trotzdem das kriegen, was mir gehört.«
Ich öffne meine Aktentasche. Finde den Zettel. Auf den ich die Zulassungsnummer des Motorrads geschrieben habe.
Sie stimmt.
»Du solltest dir darüber im Klaren sein, dass dein Schicksal jetzt in meinen Händen liegt«, sage ich streng. »Nicht nur wegen der Straftaten, die du schon in meinem Haus begangen hast, sondern auch wegen deiner Verbindung zu Eddi Event-Ratte.«
»Ich habe keine Verbindung zu ihm«, antwortet sie.
»Falsche Antwort. Ich weiß, dass du Eddi vor ein paar Tagen besucht hast. Du hast die Garage zu seinem Haus mit einer Fernbedienung geöffnet. Was ganz eindeutig bestätigt, dass du immer noch Kontakt zu dem Kerl hast.«
»Das stimmt nicht.«
»Ich habe dich gesehen. Und habe mir die Nummer deines Motorrads aufgeschrieben.«
Sie wirft einen Blick auf den Zettel.
»Das beweist gar nichts.«
»Ich war nicht allein im Auto. Es gibt einen Zeugen.«
Thórdís lehnt sich im Stuhl zurück. Stöhnt schwer.
»Ich glaube das einfach nicht«, sagt sie. Resigniert.
»In diesem Moment stehst du vor einer sehr folgenschweren Wahl. Willst du deinen Posten bei der Polizei behalten? Oder alles verlieren?«
Das nimmt ihr allen Wind aus den Segeln.
»Du hast die Wahl«, betone ich nochmals.
Sie
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