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Mord in Thingvellir

Mord in Thingvellir

Titel: Mord in Thingvellir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Blómkvist
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Briefumschläge einsortiert. In jedem Umschlag liegen lauter Negativstreifen von Schwarzweißfilmen.
    Seine Filmsammlung.
    Ich setze mich in meinen schwarzen Chefsessel. Überlege, was ich mit diesen widerlichen Sünden meines Vaters anstellen soll.
    Stehe schließlich abrupt auf. Nehme mir das Album mit den Bildern von Elín Edda. Reiße das erste Foto heraus. Schiebe es in den Reißwolf.
    Langsam geht es mir besser. Je mehr Nacktfotos sich in lange, schmale Papierstreifchen verwandeln.
    Aber die Negativsammlung werde ich irgendwo draußen verbrennen müssen.
    Ich werfe das Fotoalbum mit den Bildern von Thórdís wieder in den schwarzen Tresor. Mitsamt den alten Fotoapparaten. Und den Landschaftsfotografien.
    Mit Genugtuung knalle ich die Tresortür fest zu.
    »Uff!«
    Ich habe das Gefühl, schmutzig zu sein.
    Laufe nach oben ins Badezimmer. Wasche mir lange und ausgiebig die Hände. Mit duftendem Seifenschaum. Um den Dreck von mir abzuspülen.
    Waschen, waschen.
    »Es bringt nichts, Sünden mit Wasser zu besprenkeln.«
    Sagt Mama.

43
    Endlich ein Lebenszeichen von Árni Geir.
    Ich bekomme eine kurze Antwort auf meine Nachrichten. Kurz vor Mittag. Eine SMS auf mein Handy.
    »Bin im Ausland. Komme in zwei Tagen. Melde mich.«
    Wurde ja auch Zeit.
    Aber Gunnhildur hat mich hängen lassen. Jedenfalls wissen die Goldjungs nichts von einer weiteren Aussage, die sie zum Fall Soleen gemacht haben soll. Sie wissen also auch nichts von der Vergewaltigung. Oder von dem Besuch bei Árni Geir am Nachmittag jenes verhängnisvollen Freitags.
    Ich versuche noch einmal, Gunnhildur zu erreichen. Rufe sie ein paar Mal auf ihrem Handy an. Und auf ihrem Festnetzanschluss. Aber sie meldet sich nicht.
    Schließlich schicke ich ihr eine Nachricht.
    »Melde dich sofort!«
    Sie ruft am Nachmittag an. Spricht leise, als hätte sie Angst, dass jemand sie hören könnte.
    »Ich muss dich sehen«, flüstert sie. »Aber niemand darf uns zusammen sehen.«
    »Warum nicht?«
    »Sie dürfen nicht wissen, dass ich weiterhin mit dir rede.«
    »Sie? Wer?«
    »Kannst du mich in einer Stunde treffen?«
    »Wo?«
    »Ich wollte den Bus nach Mosfellsbaer nehmen.«
    »Soll ich dich da abholen?«
    »Geht das?«
    »Kein Problem. Wo genau?«
    »Ich warte im Wartehäuschen am Reykjavegur auf dich, in der Bushaltestelle an der Kurve Richtung Reykjalundur.«
    »In einer Stunde?«
    »Ich muss los.«
    Sie legt auf. Ohne sich zu verabschieden.
    Verdammte Heimlichtuerei!
    Ich zweifle sofort, ob es richtig war, Gunnhildur für voll zu nehmen. Aber im Grunde habe ich keine Wahl, muss hinfahren und herausfinden, ob ihre Angst nur gespielt oder ernst gemeint ist.
    Draußen weht kein Lüftchen. Leichter Nieselregen. Und Nebel.
    Ich nehme die beiden Kartons mit den Negativen mit hinaus. Verstaue sie im Kofferraum meines Benz. Breite alte Zeitungen darüber, die ich später zum Anzünden eines anständigen Fegefeuers verwenden will.
    Der Verkehr fließt wegen des Nebels, der sich wie ein hellgrauer Silberschal über die ganze Hauptstadtregion gelegt hat, ungewöhnlich langsam.
    Bei Mosfellsbaer verlasse ich den Kreisverkehr. Fahre den Reykjavegur in südlicher Richtung. An flach gebauten Wohnhäusern entlang, alten und neuen.
    Drossle die Geschwindigkeit bei der Abzweigung zur Reha-Klinik Reykjalundur. Schaue mich suchend nach Gunnhildur um.
    Niemand wartet im Unterstand.
    Trotzdem halte ich an. Die Straße ist um diese Zeit kaum befahren.
    Gunnhildur tritt plötzlich hinter dem Wartehäuschen hervor, reißt die Autotür auf, wirft sich auf den Beifahrersitz und knallt die Tür zu.
    »Fahr weiter!«, ruft sie aufgebracht.
    Ich nehme den Fuß von der Bremse und gebe Gas.
    »Bieg da rechts ab!«
    Mein Silberpfeil braust auf einen Schotterweg, der auf die großen weißen Satellitenschüsseln der Telefongesellschaften zuführt. Aber auch zur Sommerhaus-Kolonie, die in den letzten Jahrzehnten an den Ufern des Hafravatn entstanden ist.
    Gunnhildur trägt einen blauen Wintermantel, der ein paar Nummern zu groß ist. Und hat sich die Kapuze über den Kopf gezogen.
    Ich kann kaum ihr Gesicht sehen. Nur die große, schwarze Sonnenbrille.
    »Was soll eigentlich dieses alberne Versteckspiel?«, frage ich barsch.
    Sie schiebt die Kapuze in den Nacken.
    »Warum hast du bei diesem Nebel eine Sonnenbrille auf?«
    Gunnhildur nimmt wortlos die Brille ab und guckt mich an.
    Rund um ihr linkes Auge ist ein wahnsinnig großes, blaues Hämatom zu sehen.
    Ich verlangsame die Fahrt, um ihr Gesicht

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