Mord inclusive
es in Fionas Kopf noch etwas besser aussah und sie auf ihre Schwester achten konnte.
Sie schenkte mir ein zerstreutes Lächeln und schlurfte zu Fiona zurück. Ein ägyptischer Beamter betrat den Raum zusammen mit einem Wachmann und kam auf uns zu. Er hielt mir einen Papierbeutel hin.
»Wir haben Ihre Sachen geborgen. Seien Sie bitte so nett, schauen Sie sie an und sagen uns, ob etwas fehlt«, bat er in tadellosem Englisch. Er hatte sogar einen britischen Akzent.
Ich nahm die Tüte und kippte den Inhalt auf den Untersuchungstisch hinter mir. Da war meine Handtasche, auf der rechten Seite aufgeschlitzt. Als ich das dicke Leder sah, durchfuhr mich ein Schreck. So hätte mein Arm aussehen können. Ich nahm die Brieftasche und öffnete sie. Das Bargeld, meine Gesundheitskarte und mein Führerschein lagen an Ort und Stelle. Lippenbalsam, Taschentücher, die Eintrittskarten für das Grab, Tic Tac, alles war da. Ich schaute verwundert auf.
»Es scheint nichts zu fehlen.«
Der Beamte entspannte sich und lächelte. »Sehr gut. Und Ihre Verletzung?«
»Ist nicht weiter schlimm«, antwortete ich mit fester Stimme. Das Letzte, was ich mir wünschte, war eine umfangreiche Untersuchung. Ich wollte meine Reise fortsetzen. Zum Glück lag das in aller Interesse.
»Ich versichere Ihnen, dass wir in dieser Sache sehr gründlich ermitteln werden. Und wir werden auch die Sicherheitskräfte verstärken. So etwas kommt hier nicht häufig vor. Bisher ist es eigentlich noch nie vorgekommen.«
»Das glaube ich Ihnen gern«, antwortete ich. »Können wir jetzt gehen?«
Er war sichtlich erleichtert, dass ich die Sache nicht an die große Glocke hängte. Mir schien, er werde mich gleich umarmen. Zum Glück hielt er sich aber zurück. »Natürlich. Ich wünsche Ihnen weiterhin eine schöne Reise durch unser Land. Ich hoffe, dieses Erlebnis hat Ihren Eindruck nicht zu sehr getrübt.«
»Überhaupt nicht.«
Auf unserem Rückweg vom Tal der Könige hielten wir bei einer Alabasterwerkstatt, die Anni als Fabrik bezeichnete. Es war ein kleiner ebenerdiger Bau aus Schlackesteinen. Die ganze Außenmauer nahm ein grellfarbiges Bild von fragwürdigem künstlerischem Wert ein, auf dem ein Flugzeug und ein paar schlecht proportionierte Menschen zu sehen waren.
»Das Bild soll darauf hinweisen, dass der Eigentümer ein frommer Moslem ist, der eine Pilgerfahrt nach Mekka unternommen hat«, sagte Anni, als unser Bus ausrollte. »Weiter sagt es uns, dass er ein erfolgreiches Mitglied seiner Gemeinde ist, denn er konnte sich eine Flugreise leisten.«
Ein paar Schritte von unserem Bus entfernt saßen ein paar Männer auf Steinblöcken im Staub. Sie sprachen und lachten miteinander. Erst als wir uns näherten, verstummten sie und senkten den Blick. Der Besitzer trat heraus und begrüßte uns. Zunächst führte er kurz in die Geschichte des Alabasters ein und hieß dann einen der Männer ein halbfertiges Stück hochhalten, das eine Vase werden sollte. Ich hatte etwas ganz anderes erwartet als so ein staubiges gelbes Stück Stein.
»Das ist handbearbeiteter Alabaster«, sagte der Eigentümer und zeigte uns, wie das Licht durch den Stein schimmerte. »Sie sehen, wie fein und lichtdurchlässig er ist. An der ungleichmäßigen Oberfläche erkennen Sie die Handarbeit. Dieses Stück dagegen«, erklärte er und hielt eine andere Vase von ähnlicher Größe hoch, »ist maschinell hergestellt. Beide sind sehr schön«, fügte er rasch hinzu, »aber auch sehr verschieden.«
Wir schauten uns die beiden Vasen an. Ich ging davon aus, dass das handgefertigte Stück wesentlich teurer, aber auch echter war. Zum ersten Mal im Leben zog es mich jedoch nicht zum kostspieligsten Stück des Geschäfts. Die maschinell gefertigte Vase war glatt geschliffen, die Struktur des Steins gut zu sehen und die Lichtdurchlässigkeit viel stärker. Ich war von mir enttäuscht. Als sähe ich einen echten Picasso neben einem Druck von Monet und zöge insgeheim den Druck vor.
Die Werkstatt drinnen war hell und luftig. An den Wänden standen Regale mit Alabasterprodukten in allen möglichen Formen. Ägyptische Katzen, Anubisfiguren, das Auge des Horus. Kleine Pyramiden, große Pyramiden, Dutzende Kanopenkrüge, mit Skarabäen oder Falkenköpfen geschmückt. Die Peterson-Jungen standen wie erstarrt vor einem Gegenstand, stießen sich gegenseitig an und kicherten, bis ihre Mutter ihnen beiden eine Kopfnuss auf die roten Schöpfe gab und sie weiterschob. Neugierig trat ich an das
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