Mord ist der Liebe Tod
sollte. Nun, sie würde ruck, zuck für Normalität sorgen.
„ Gibt’s Kaffee? Ist der Bericht von der Spusi da? Und den vom Prof brauch ich auch! Und dann will ich alles wissen, was in den letzten Monaten passiert ist.“
Ihre Kollegen lachten erleichtert. Sascha beeilte sich, ihr eine Tasse Kaffee zu holen, während Logo sich an seinen Schreibtisch setzte und die Berichte zusammenschob.
Jenny setzte sich an ihren Platz und stellte fest, dass alles völlig unverändert war. Nicht mal ihre persönlichen Sachen waren beiseite geräumt worden , als wäre immer klar gewesen, dass sie nur eine kurze Auszeit nähme. Oder hatten sie alles schnell wieder hingestellt? Nee, dagegen sprach die Staubschicht auf ihren Stiften. Nur das Foto von IHM war verschwunden und sie würde nicht fragen, wohin.
Während sie i hren Kaffee trank, informierte Logo sie über die Vorkommnisse der letzten Monate. Außergewöhnliches war nicht passiert. Ein Beziehungsmord, bei dem der Täter, der Ehemann, noch am Tatort festgenommen werden konnte. Zwei Morde im Rotlichtmilieu, bei denen die vermeintlichen Täter bekannt waren, es ihnen allerdings nicht bewiesen werden konnte.
Vor zwei Tagen war ein Einbrecher auf frischer Tat erwischt und vom Wohnungseigentümer erschossen worden. Der Einbrecher hatte sich ausgerechnet das Haus eines Kollegen von der Verkehrsabteilung ausgesucht. Das war ihm schlecht bekommen. Natürlich wurde der Fall von der Internen untersucht, doch schien es sich um Notwehr zu handeln.
Und eben Wilmas Tod. Der Bericht der Gerichtsmedizin war erst vor einer halben Stunde eingetroffen. Der Fall war nicht einfach. In Wilmas Magen war eine große Menge Schlaftabletten gefunden worden. Auch die Art, wie sie in ihrer Wohnung aufgefunden worden war, sprach für Selbstmord. Allerdings existierte kein Abschiedsbrief und auch in ihrem Umfeld hatte niemand Hinweise auf drohenden Selbstmord wahrgenommen. Sie hatte weder den Job verloren noch sonst ein dramatisches Erlebnis gehabt. Zumindest soweit sie bisher wussten. Ihre letzte feste Beziehung schien die mit Mario gewesen zu sein.
Doch auf den Prof war Verlass. Er hatte winzig kleine Druckstellen gefunden, die sich links und rechts der Kieferwinkel befanden. Sie wiesen eindeutig darauf hin, dass jemand Wilmas Mund gewaltsam aufgedrückt hatte, um ihr etwas einzuflößen.
Nachdem die Druckstellen aufgefallen waren, fand man weitere an anderen Körperstellen. Sie bewiesen, dass man sie festgehalten hatte. Festgehalten, bis sie die tödliche Dosis geschluckt hatte und die Wirkung eingetreten war, was laut Prof etwa eine halbe Stunde gedauert haben dürfte.
Die Mordkommission ging aufgrund der Indizienlage fortan von Mord aus und die Spurensicherung stellte die Wohnung nochmal intensiv auf den Kopf. Sie waren gerade vor Ort.
Der Todeszeitpunkt wurde auf etwa 22 Uhr abends geschätzt. Bisher gab es keinerlei Hinweise, was Wilma an dem Abend vorgehabt hatte.
Mit Fragen und Antworten zum Fall überbrückten die drei Kollegen die nächste Stunde, ohne dass es zu irgendwelchen persönlichen Bemerkungen kam.
Dann jedoch war Jennys Schonfrist vorbei. Offensichtlich war eine Stunde die Anstandszeit, die nach allgemeiner Ansicht eingehalten werden musste. Ab neun Uhr gaben sich die Kollegen die Tür in die Hand. Gute Bekannte wollten Hallo sagen und sich nach Jennys Befinden erkundigen. Manche drückten ihre Freude aus, dass sie wieder da war. Doch es gab auch die andere Gruppe. Kollegen, die sie kaum kannten, und die sich das Recht herausnahmen, sie nach ihren Erlebnissen zu fragen. Sie erkundigten sich mit einem Gesichtsausdruck nach ihrem Befinden, in dem deutlich die Frage, was sie hier eigentlich wolle, zu lesen war. Manche machten dumme Witze in der Art, sie solle männliche Verdächtige lieber erst mal den Kollegen überlassen und einer, Kollege Frost, fragte sie allen Ernstes, wie es denn gewesen sei, mit einem Mörder zu schlafen.
Das war der Moment , in dem Logo einschritt, den Trottel am Kragen packte und einfach vor die Tür setzte.
Jenny, die anfangs alle Fragen und Ratschläge kurz und unverbindlich beantwortet hatte, war mittlerweile den Tränen nahe. Genau so hatte sie sich das vorgestellt. Nur hatte sie erwartet, dass die Kollegen hinter ihrem Rücken reden würden. Dass sie dumme Witze von Angesicht zu Angesicht machten, hätte sie sich kaum vorstellen können. Auch wenn sie wusste, dass es in Polizeikreisen neben den netten sowohl schlichte als auch missgünstige
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