Mord mit kleinen Fehlern
kann alles erklären.«
»Anne Murphy!?«, brüllte Dietz. »Für wen zum Teufel halten Sie sich, dass Sie es wagen, uns hier aufzusuchen?« Sein Brustkasten unter dem dünnen, gelben Surferhemd bebte, und seine tiefe Stimme donnerte. »Sie sind doch tot, oder nicht? Offenbar spielen Sie gern Spielchen mit den. Menschen, wie? Wo liegt eigentlich Ihr Problem?«
Annes Mund wurde trocken. »Ich bin hier, um mit Ihrer Frau und Ihnen über den Stalker zu reden, Kevin ...«
»Haben Sie ihr nicht schon genug wehgetan? Uns beiden? Was soll das hier? Sind Sie verrückt oder einfach nur ein Miststück? « Dietz atmete seine Wut direkt in Annes Gesicht, und ihre Haut brannte röter als bei der Zeugenaussage.
»Ich versuche, Beth zu helfen ...«
»Ach, jetzt heißt es schon 'Beth'? Bei der Zeugenaussage haben Sie sie nicht 'Beth' genannt! Sie haben sie eine Hure genannt!«
»Bill, nicht. Bitte!«, flehte Beth von der Tür. Auf dem Gehweg eilte eine Mutter mit zwei kleinen Kindern rasch am Haus vorbei.
Anne wich keinen Zentimeter und fragte sich, wie viel seiner Wut auf Gils Masche mit der CD zurückzuführen war. Dietz saß in der Falle, und das wusste er auch. Gil hatte die Falle aufgebaut, nicht sie, aber das konnte sie nicht sagen. Anne wurde allmählich wütend. »Ich habe Ihre Frau niemals beschimpft, und ich bin auch nicht wegen des Falls hier! Ich bin hier, weil ...«
»Ist mir doch scheißegal, warum Sie hier sind! Sie sind ein Miststück, das andere Menschen manipuliert. Sie treiben es mit meinem Anwalt - das ist wirklich die Höhe! Sie benutzen ihn, um an uns heranzukommen! Ihn können Sie vielleicht täuschen, aber mich nicht - Sie kleines Flittchen!«
»Wie bitte?«, fragte Beth flüsternd, und Anne lief rot an.
Matt hat es Dietz erzählt. Sie schämte sich, fühlte sich verraten, zu einer Erwiderung genötigt. »Ich benutze Matt nicht, und er hat niemals ...«
»Sie sind die Hure, nicht meine Frau! Glauben Sie, dass ich mir diese Scheiße von ihm gefallen lasse? Oder von Ihnen? Ich habe ihn gefeuert, und ich werde mich bei der Anwaltskammer über Sie beschweren! Sie werden sich beide dafür verantworten müssen! Und jetzt verschwinden Sie von meinem Grund und Boden.«
O nein . Annes Gedanken rasten. Sie hatte die Hand von Dietz nicht kommen sehen, als er sie ihr ins Gesicht schlug. Ihre Wange explodierte vor Schmerz. Anne stolperte nach hinten und packte das Verandageländer, um nicht die Stufen hinunterzufallen. Ihre Schulter schmerzte mit einem Mal.
»Bill, nein!«, schrie Beth und packte ihren Mann. »Hör auf! Komm ins Haus!«
»Gehen Sie mir aus den Augen!«, bellte Dietz und schüttelte Beth ab.
Anne richtete sich auf. Sie dachte an die Berett a und verwarf den Gedanken wieder. Sie sprang von der Veranda und rannte los.
2 7
Anne hastete den Gehweg entlang zu Judys Wagen. Ihr Atem ging stoßweise, und ihre Knie schlotterten. Sie sah hinter sich. Dietz verfolgte sie nicht. Die Veranda war verlassen und die Haustür geschlossen. Dennoch sprang Anne in den Wagen, fummelte nach dem Schlüssel und rammte ihn ins Zündschloss. Sie drehte den Schlüssel um, trat aufs Gas und schoss aus dem Parkplatz, ein Auge fest auf den Rückspiegel geheftet. Einen Häuserblock weiter griff sie nach dem Handy, klappte es auf und gab Matts Handynummer ein. Kom m schon , Matt , ge h ran ! Das Klingeln hörte auf, und eine mechanische Stimme meldete sich. »Der Verizon-Kunde, den Sie angewählt haben, ist derzeit nicht erreichbar ... « Anne verließ die Moore Street, als der Signalton erklang.
»Matt, ruf mich auf dem Handy an!«, rief sie in ihr Telefon. »Ich hatte soeben eine Auseinandersetzung mit Dietz. Warum hast du ihm von uns erzählt? Ich hörte, dass er dich gefeuert hat. Ruf mich an, sobald du kannst.« Anne beendete die Verbindung und warf das Handy auf den Beifahrersitz. Erst zwei Häuserblocks weiter und nachdem sie im Rückspiegel nur normale Menschen in Autos ausgemacht hatte, konnte sie wieder frei durchatmen.
Annes Herz schlug langsamer, aber der Schmerz in ihrer Schulter wurde stärker, und ihre Wange brannte. Sie sah in den Spiegel. Ihr Wangenknochen war dick geschwollen, doch die Haut war nicht aufgeplatzt. Sie fühlte sich wütend, verängstigt und verwirrt. An einer Ampel versuchte sie, das Geschehen zu rekonstruieren. Matt hatte Dietz von ihrer gemeinsamen Nacht erzählt - in einem Anflug von was? Von Ehrlichkeit? Gewissensbissen? Vertraulichkeit? Anne schüttelte den Kopf, als die
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