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Mord mit kleinen Fehlern

Titel: Mord mit kleinen Fehlern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Scott
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unten getroffen. Ein frostiger, junger Mann, der seine Schwiegermutter offenbar nicht genug mochte, der sich nicht darum scherte, ob sie lesen konnte oder nicht, oder sich nicht die Mühe machte, mit nach oben zu kommen, wenn eine Gruppe von weiblichen Anwälten ihr einen Besuc h abstattete. Außerdem hatten sie unten eine Klimaanlage, aber im gesamten zweiten Stock gab es nur einen einzigen Ventilator. Wie konnte jemand seine Mutter so. leben lassen?
    »Fahren Sie fort, Mrs. Brown«, bat Mary und ermutigte die Frau mit einem Nicken.
    »Ich sitz also hier und schau, wie alle weggehen, meine Tochter und mein Schwiegersohn. Und dann is das Feuerwerk, über den Dächern. Hab alle gesehen, die hoch genug geflogen sind. Dann hör ich einen lauten Knall, ein wirklich lauter Knall.«
    »Und das war kein Feuerwerkskörper? «
    »Nein. Schüsse.«
    »Woher wissen Sie das? «
    »Ich wei ß es. Hm-mm.«
    »Haben Sie gesehen, wer geschossen hat?«, hakte Mary  nach.
    »Nee, bin wohl eingenickt, ja, ein wenig, und dann, dann« - Mrs. Brown hob die Hände vor die Augen, und Anne sah sie schläfrig in einer brütend heißen Sommer- nacht an ihrem Tisch sitzend - »öffne .meine Augen, und da seh ich diesen Mann.«
    »Was für einen Mann? Erzählen Sie uns alles, was Sie gesehen haben.«
    »Jung, hübsch, weiß. Blonde Haare. Sein Gesicht ganz im Licht vom Haus heraus. Hausnummer 2257. Wie ich ihn ansehe, lässt er die Waffe los, ja, das hat er getan.«
    Annes Gedanken rasten. Es is t Kevin.
    »Und Gott soll mich strafen, wenn er nich geweint, hat. Hat wie ein Neugeborenes geweint, als ob sein Herz gebrochen wäre. Dann ist er losgelaufen, is die Straße runter, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte. «
    Anne bekam einen Augenblick lang keine Luft. Sie hatte immer gewusst, dass es Kevin war, aber auf einmal wurde es so real. Wenigstens würde Bennie jetzt überzeugt sein.
    »Wenn ich Ihnen ein Bild von diesem Mann mit der Waffe zeige, könnten Sie mir sagen, ob er es war oder nicht?« Mary wollte das rote Faltblatt aus ihrer Handtasche ziehen, aber Bennie legte ihre Hand auf Marys Schulter und ließ sie innehalten.
    »Tu das nicht. Ich will eine mögliche Foto-Befragung durch die Cops nicht gefährden. Wir haben,. was wir brauchen.«
    Mary steckte das rote Faltblatt in ihre Handtasche zurück. » Mrs. Brown, vielen Dank, dass Sie sich mit uns unterhalten haben. Sie haben uns sehr geholfen. Wir möchten jetzt die Polizei rufen. Würden Sie der Polizei dasselbe sagen, was Sie uns gesagt haben? Die werden diesen Mann fangen und ihn ins Gefängnis stecken.«
    »Aber ja, das mach ich gern.«
    Bennie klappte ihr Handy auf. »Detective Rafferty, bitte. Hier spricht Bennie Rosato«, sagte sie und musste nicht lange warten. »Ich bin hier bei einer Zeugin des Mordes an Anne Murphy, und sie hat Kevin Satorno bis auf das letzte I-Tüpfelchen beschrieben. Eine der Nachbarinnen. Wollen Sie vorbeikommen, oder sollen wir die Dame zu Ihnen bringen?« Bennie schwieg kurz. »Gut. Wir sehen Sie dann in der Waltin Street 2253 in zehn Minuten.« Sie klappte das Handy zu und wandte sich an Judy. »Carrier, warum begleitest du unsere neue Botin nicht zum Wagen und leistest ihr dort Gesellschaft.«
    »Schon verstanden.« Judy dankte Mrs. Brown und wandte sich zum Gehen.
    Aber irgendetwas hielt Anne zurück. Etwas in ihr wollte nicht zulassen; dass sie die alte Frau allein zurückließ. Wie eine Tochter, die ihre Mutter nicht einfach so verlassen wollte. Dann wurde ihr klar, dass ihre eigene Mutter möglicherweise ebenfalls in einem unsäglich heißen Zimmer irgendwo in einem zweiten Stock saß und die Zeit totschlug, bis sie starb.
    »Was ist, mein Kind?«, erkundigte sich Mrs. Brown mit sanfter Stimme und sah Anne durch ihre unbeholfene Verkleidung aufmerksam an. Ob Sonnenbrille, Baseballmütze oder Lippenstift, Anne versteckte sich schon so lange, wie sie denken konnte.
    Alles ist los . »Nichts ist los, danke«, erwiderte Anne.
    Sie folgte Judy durch das zweite Zimmer auf diesem Stockwerk, Mrs. Browns Schlafzimmer, das schwach nach Talkumpuder aus dem Drogeriemarkt roch. Es enthielt ein durchgelegenes Doppelbett, das mit einem dünnen Chenilleüberwurf so ordentlich bedeckt war, dass die weißen Quasten wie die kerzengeraden Grabsteine auf einem Militärfriedhof wirkten. Über dem Bett hing ein großes Holzkruzifix, und auf dem Nachttisch befanden sich ein Zierdeckchen, eine kleine, nachgemachte  Tiffany-Lampe, ein vergilbter Wecker und eine alte Bibel,

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