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Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)

Titel: Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Kanitz
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dachte Hanna. Erst Luise, dann Johannsen und nun Westermann. Alle drei hatten ihr mehr oder weniger deutlich erklärt, dass sie bei einem Stamm von Höhlenbewohnern gelandet war, die Fremde vorzugsweise mit Keulen erschlugen.
    Bildlich gesprochen.
    »Noch einmal zu diesem Zeugen«, sagte sie und unterdrückte erneut ihren heftigen Fluchtinstinkt. »Hat er überhaupt schon etwas gesagt, was uns weiterhelfen kann?«
    »Ja, klar.« Westermann sprang auf. Er wirkte ausgesprochen erleichtert darüber, dass sie das Thema gewechselt hatte.
    Dann schwieg er erst mal.
    »Und was?«, hakte sie nach. Mit Gewalt löste sie ihren Blick von dem Muskelspiel unter seinem Polizeihemd und schaute wieder in die Akte.
    »Das Partyvölkchen hat komisch geredet. Erst dachte er, das sei plattdütsch, aber dann hat er doch nix kapiert.«
    »Wie bitte?«
    Westermann grinste. »Die sind auf dem Weg zum Schafstall anscheinend ziemlich dicht an seiner Kutsche vorbeigekommen, und er hat sie reden gehört. Aber eben nichts verstanden. Deswegen ist er sich ja auch nicht sicher, ob seine Beobachtung wichtig ist.«
    »Herr Westermann«, sagte Hanna langsam. »Sie wollen mir doch jetzt bitte nicht erzählen, dass unser einziger Zeuge der alte Kutscher Heinz-Otto ist, der meinen verehrten Vorgänger wiederauferstehen lassen möchte.«
    »Hm, ja.«
    »Wunderbar.«
    »Nur nicht gleich verzweifeln, Chefin. Der Heinz-Otto wirkt vielleicht ein bisschen schrullig, aber der ist auf Zack. Und hören kann er auch noch richtig gut.«
    »Wenn Sie das sagen …« Hanna dachte einen Moment nach. »Der Besuch beim Grafen muss warten. Kümmern wir uns erst mal um diese Sache. Ich schlage vor, Sie befragen den Zeugen, und ich schaue mir den Schafstall einmal an. Dabei lerne ich gleich die Gegend kennen.« Obwohl sich das wahrscheinlich gar nicht lohnt, fügte sie in Gedanken hinzu. Ich bin hier sowieso bald wieder weg.
    »Ist gebongt, Chefin. Die Freiwillige Feuerwehr hat da aber schon für Ordnung gesorgt. Die haben auch die Essensreste entdeckt.«
    »Prima, dann kann ich ja noch richtig viele Spuren finden.«
    »War das jetzt ironisch gemeint, Chefin?«
    »Hören Sie endlich auf, mich Chefin zu nennen!«
    Westermann grinste und schwieg.
    Eine halbe Stunde später lenkte Hanna ihren alten Golf vorsichtig über einen sandigen Heideweg. Westermann hatte ihr eine Plakette an die Windschutzscheibe gepappt. »Damit dürfen Sie in den Naturpark fahren, Chefin. Unser Dienstwagen ist leider kaputt. Mit dem hatte der Karl die Heidschnuckenbande ein bisschen zu schnell verfolgt. Er ist ihm mitten in der Pampa fast auseinandergebrochen. Ich habe schon drei Anträge für ein neues Fahrzeug eingereicht. Aber Sie wissen ja, wie das ist. Die Polizei muss sparen, und es kann noch dauern, bis wir einen neuen Wagen bekommen. Schätze mal, bis dahin sind wir beide in Pension.«
    Na toll, dachte Hanna jetzt. Sie stellte sich vor, wie sie gemeinsam mit Westermann auf der Spielzeugwache von Hasellöhne alt und grau und hässlich werden würde, und fröstelte trotz der Hitze. Andererseits – ein germanischer Gott wurde vielleicht niemals alt, grau und hässlich. Nur seine frustrierte Vorgesetzte.
    Eine Baumwurzel schlug von unten gegen das Autoblech, und das Geräusch ließ Hanna zusammenzucken. »Bitte halte durch«, flehte sie ihren Wagen an. »Ich verspreche dir, dass du bald wieder über Hamburgs asphaltierte Straßen fahren darfst.«
    Als hätte er sie gehört, tuckerte der Golf nun brav weiter. Hansdieter schwieg.
    »Das Navi brauchen Sie nicht«, hatte Westermann gesagt und einmal quer über den Dorfplatz gezeigt. »Einfach da drüben der Kirchstraße folgen und dann immer geradeaus weiter. Zuerst fahren Sie am Hof von Bauer Löhme vorbei. Den erkennen Sie leicht an den zwei Storchennestern auf dem Dach. Dann sehen Sie schon Löhmes Kuhweiden, und nach zweihundert Metern kommen Sie durch ein Birkenwäldchen. Der Weg wird danach etwas uneben, aber er führt Sie direkt zum Schafstall.«
    Für die Kirche hatte Hanna nur einen kurzen Blick übrig gehabt. Sie war das mulmige Gefühl nicht losgeworden, von unzähligen Augenpaaren hinter geschlossenen Gardinen beobachtet zu werden. St. Martin war ein Backsteinbau mit kleinem Turm. In Hasellöhne schien alles etwas kleiner zu sein. Mal abgesehen vom Polizeikommissar.
    Es war eine Erleichterung gewesen, den Ort zu verlassen und nur noch von Kühen betrachtet zu werden. Genauer gesagt, von Kühen und einem einzelnen anderen Tier. Einem …

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