Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
oder?«
»Keine Bange«, erwiderte Hanna.
Luise nickte. »Da bin ich aber froh. Schlaf schön, Schätzchen. Ich muss jetzt wieder in der Keller, sonst gibt’s nur Wacholderbeerensaft.«
Hanna sah ihr nach und nahm sich vor, bei Gelegenheit mal nach Luises Lizenz für die kleine Schnapsbrennerei zu fragen.
Oder lieber nicht.
Sie grinste. Wenn sie so weitermachte, würde sie noch eine würdige Nachfolgerin des legendären Karl Överbeck abgeben.
Auch mal alle fünfe gerade sein lassen. Keine schlechte Idee.
Eine tiefe Männerstimme riss Hanna drei Stunden später aus dem Schlaf.
»Hallo, hier spricht Edgar Wallace!«
»Westermann, dich bring ich um«, murmelte sie und stellte den Handywecker aus. Dann musste sie lachen. So ein Kindskopf!
Nach einer heißen Dusche und einem kräftigen Frühstück erreichte Hanna um Punkt zwölf die Wache.
Westermann war schon da. Wortlos reichte sie ihm ihr Smartphone.
»Sag bloß, du bist nicht nett geweckt worden.«
Sie schwieg und starrte ihn an, konnte aber ein Schmunzeln nicht ganz unterdrücken.
»Und nun zu unserem Fall«, sagte sie, nachdem er wieder mal auf ihrem Smartphone herumgewischt und -gedrückt hatte.
»Ja, hör mal, kann es sein, dass mir heute früh Luises Schnaps doch zu schaffen gemacht hat? Habe ich vielleicht was falsch verstanden?«
»Nein«, erklärte Hanna und setzte sich auf die Schreibtischkante.
Westermann hatte sich auf seinen Stuhl gequetscht. So waren sie ungefähr auf gleicher Höhe.
Hanna räusperte sich. »Ich war allerdings auch sehr müde. Lass uns noch einmal alles durchgehen, und anschließend fahren wir zu den Fallerslebens.«
»Florian«, begann Westermann stirnrunzelnd. »Ich kenne den Jungen schon sein ganzes Leben. Klar, der schlägt schon mal über die Stränge, und in der Schule ist er keine Leuchte. Aber ein Mörder? Sorry, Chefin. Das will mir einfach nicht in den Kopf. Heute früh fand ich deine Erklärung total logisch, aber was ist, wenn mit dir die Pferde durchgegangen sind? Also, die gedanklichen Pferde, meine ich.«
»Ich habe schon gegen so manchen Jugendlichen ermittelt«, erwiderte sie ruhig. »Da waren Gewalttäter und Drogendealer darunter, obwohl sie, wenn sie wollten, einen richtig netten Eindruck machen konnten.«
»Ist was anderes, Chefin. Du kannst Hamburg nicht mit Hasellöhne vergleichen.«
Mit einer Handbewegung ging Hanna über den Einwand hinweg. »Gehen wir Punkt für Punkt noch einmal durch.«
»Okay.«
»Fallersleben hat sich am Tatort auffällig verhalten.«
»Korrekt.«
»Er wollte den Mord als Jagdunfall abhaken.«
Westermann nickte nur. Darüber waren sie sich einig.
»Außerdem hat er sich suchend nach jemandem umgesehen.«
»Das ist mir nicht aufgefallen.«
»Aber mir.«
Westermann hob die Hände. »Ist ja gut, Chefin. Ich glaube dir.«
»Er wirkte abgehetzt. Beinahe ängstlich. Dem stand die Panik ins Gesicht geschrieben.«
»Kann angehen. Du hast da bestimmt besser hingeschaut. Ich war damit beschäftigt, die Leute von der Leiche fernzuhalten.«
»Ich folgere daraus, dass Richard von Fallersleben selbst seinen Sohn für den Mörder hält.«
»Am Mittwoch hat er aber noch eine Anzeige gegen unbekannt aufgegeben. Wollte er etwa, dass ich den jungen Grafen schnappe? Sein eigenes Kind?«
»Nein. Meiner Meinung nach muss er irgendwann zwischen Mittwoch und gestern herausgefunden haben, was sein Sohn da treibt.«
»Und wie?«
»Himmel, Westermann! Woher soll ich das wissen? Bin ich eine Hellseherin?«
»Du doch nicht, Chefin. Du bist der sachlichste und vernünftigste Mensch, den ich kenne.«
Wenn du wüsstest, dachte Hanna.
In ihrem Innern wurde leise gelacht.
Westermann grinste. »Mal abgesehen von deinem Besäufnis bei Luise an deinem ersten Abend und deiner Schwäche für einen dreckigen, krummnasigen, fetten und x-beinigen Gaul.«
Sie schlug mit der Faust auf den Schreibtisch. »Der Graf ist dem Jungen auf die Schliche gekommen. Wie, ist im Moment egal.«
»Reg dich ab.«
Hanna holte tief Luft. »Und ich habe dir berichtet, wie ein Mann auf mich zugekommen ist, kurz bevor die Heidschnuckenherde die Lichtung gestürmt hat.«
»Du hast ihn aber nicht richtig gesehen.«
»Stimmt. Ich konnte nicht mal unterscheiden, ob der Mann groß oder klein, dick oder dünn war. Trotzdem. Es könnte Fallersleben gewesen sein, der eventuelle Spuren seines Sohnes beseitigen wollte.«
»Und eventuelle Zeugen?«, fragte Westermann und schüttelte sich. »Dich, zum
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