Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
willst?«
»Mir auch, wenn’s recht ist.«
»Alfred«, sagte Hanna schlicht.
»Den Gaul?«, riefen die beiden Männer im Chor.
Sie nickte. »Ich kaufe ihn. Jetzt.«
»Spinnt die?«, fragte der Bauer.
»Sie ist besessen«, erwiderte Westermann. »Seit ungefähr zehn Minuten. Vorher war sie noch ganz normal. Keine Ahnung, wieso.«
»Schietegal«, knurrte Löhme. »Der Gaul steht nicht mehr zum Verkauf.« Er linste in Richtung Straße.
»Warten Sie auf jemanden?«, fragte Hanna ruhig. »Vielleicht auf den Abdecker aus Hamburg? Tja, da muss ich Sie enttäuschen. Der ist wieder umgedreht. Dringende Geschäfte, fürchte ich.«
Sie spürte, wie Westermann sie anstarrte, dann blitzte die Erkenntnis in seinen Augen auf, und ein breites Grinsen erschien in seinem Gesicht. »Mann, Chefin, bin ich froh, dass der Teufel dich diesmal verschont hat!«
»Ich auch, Westermann, ich auch.«
»Seit wann ist es ein Verbrechen, ein krankes Tier von seinen Leiden zu erlösen?«, erkundigte sich Löhme. »Dem Gaul geht’s nicht gut.«
»Jetzt redest du Stuss, Egon«, sagte Westermann. »Dem Pferd fehlt nichts außer guter Pflege und ausreichender Bewegung.«
Löhme blieb stur. »Ist trotzdem meine Sache, was ich mit dem mache. Außerdem frisst er meinen Kühen das Futter weg. Das geht ganz schön ins Geld.«
Er warf Hanna einen listigen Blick zu. »So ein edles Tier ist nicht billig, Frau Kommissarin. Muss man sich leisten können, und ich bin bloß ein armer Bauer, der ums Überleben kämpft.«
»Respekt!«, stieß sie aus. »Vom todkranken Klepper zum wertvollen Rassepferd innerhalb von einer Minute. Das macht Ihnen so leicht keiner nach.«
»Veräppelt die mich etwa?«, wandte Löhme sich an Westermann.
»Davon musst du ausgehen.«
»Nennen Sie mir einen vernünftigen Preis«, verlangte Hanna.
»Moment mal, Chefin. Was willst du denn mit Alfred anfangen, wenn er dir gehört?«
So weit hatte sie noch nicht gedacht.
»Ist jetzt erst mal nicht so wichtig.«
»Kannst du reiten?«
Sie schüttelte den Kopf. Als Seemannstochter kannte sie sich auf dem Wasser besser aus als auf einem Pferderücken. Aber das konnte ja nicht so schwer sein. Außerdem ging es darum, Alfred zu retten. Alles Weitere würde sich finden.
»Und wo willst du ihn unterbringen? Ich glaube, Luise hätte was dagegen, wenn du ihn an ihrem Riesenwacholder anbinden würdest.«
Mist!
Westermann rang in gespielter Verzweiflung seine Riesenhände. »Ich sehe schon, ohne mich bist du verloren. Na denn. Er kann zu uns. Wir haben zwar keine Pferde mehr, aber unsere Ställe sind in Ordnung. Müssen nur ein bisschen geputzt werden. Mein alter Herr wird sich freuen. Dem fehlen die Viecher, auch wenn er das niemals zugeben würde.«
Hanna schenkte ihm ein dankbares Lächeln und hörte dann voller Staunen zu, wie Westermann in null Komma nix einen annehmbaren Preis aushandelte. Ihr Kollege bekam im Stillen einen großen Pluspunkt.
Sie musste den Kauf nur noch per Handschlag mit dem Bauern besiegeln. Ihre Finger wurden dabei böse gequetscht, aber sie strahlte trotzdem vor Freude.
Ihre innere Stimme zeigte ihr einen Vogel – im übertragenen Sinne. Und wenn du dein Versetzungsgesuch geschrieben hast und zurück nach Hamburg darfst, ertränken wir Alfred in der Elbe.
Hanna erstarrte.
Das hatte sie jetzt ganz vergessen.
Dafür hast du ja mich.
»Ist was?«, fragte Westermann. »Du guckst so komisch. Hast du es dir plötzlich anders überlegt? Ich glaube, der Egon nimmt den Gaul jetzt nicht mehr zurück.«
»Darauf könnt ihr Gift nehmen. Ein Handel ist ein Handel.«
»Quatsch«, sagte Hanna schnell. »Es bleibt dabei.«
»Dann rufe ich jetzt meinen Vater an, dass er Alfred von der Weide holt. Du hilfst ihm, Egon, ja?«
»Wenn’s sein muss …«
»Und wehe, Sie vergreifen sich an meinem Pferd«, sagte Hanna in strengem Ton. »Das würden Sie nämlich schwer bereuen.«
Dann lächelte sie. Doch, es fühlte sich richtig gut an, Pferdebesitzerin zu sein. Sie sah sich schon auf Alfred über die Heidelandschaft traben und mit dem Lasso die Verbrecher einfangen.
Oder so ähnlich.
Falls Alfred viel Lust auf Trab hatte. Vielleicht saß er auch lieber auf dem Wilseder Berg herum und betrachtete die Welt aus seinen klugen Froschaugen.
Löhme drehte sich weg, aber sie sah noch, wie er sich gegen die Stirn tippte. Mit der Geste war er nicht allein.
»Deine neu entdeckte Tierliebe in allen Ehren, aber können wir uns jetzt wieder um den Mord kümmern?«,
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