Mord nach Drehbuch
sein.
»Ich weiß nicht. Vielleicht. Das passiert doch andauernd. Leute brechen in Martynas Wohnwagen ein, um Erinnerungsstücke zu klauen. Autogrammjäger und dergleichen. Also, könnten wir woanders hingehen?«
Boris Morris war gereizt, als wäre für ihn der Mord an Martyna Manderley schon Vergangenheit. Er hatte ihn bereits abgehakt und wurde nicht gern daran erinnert.
Honey wandte sich seiner Begleiterin zu. »Haben Sie was gesehen, Miss?«
»Ich glaube, sie ist in diese Richtung gerannt.«
Honey dankte ihr. Da erkannte sie den Fernsehstar Penelope Petrie.
»Willkommen am Set, Miss Petrie.«
»Danke. Ich freue mich, dass ich hier bin.«
Honey zog in die angezeigte Richtung los und überlegte, warum man Penelope Petrie für die Rolle der Jane Austen ausgewählt hatte. Ihr Akzent war alles andere als britisch und elegant – er klang eher nach den Südstaaten der USA, genauer gesagt nach Atlanta in South Georgia.
Sie befragte noch ein paar Leute zu der gutvermummten Gestalt, die sie aus dem Todeswagen hatte kommen sehen.
»Haben Sie jemanden gesehen?«
Niemand hatte etwas oder jemanden gesehen. Ganz gleich, wie sehr Honey sie bedrängte, sie hatten alle einen leicht glasigen Blick, die meisten starrten auf die zweite Regieassistentin, die Leute für die nächste Szene zusammentrieb. Es war eine junge Frau mit Locken und einem buntgestreiften Schal. »Wir brauchen drei Leute hier und drei da drüben.« Sie deutete auf einen Papierkorb, der an einem Laternenmast hing, und auf eine Parkuhr. Beides musste vor der Kamera verborgen werden.
Shakespeare hatte recht:
Die ganze Welt ist Bühne, und alle
Frau’n und Männer bloße Spieler
2 , überlegte Honey. »Und wenn sie dabei nur einen Papierkorb verbergen«, murmelte sie vor sich hin.
Der Polizist, der vor dem Wohnwagen hätte Wache halten sollen, kam gerade aus dem Toilettenhäuschen, das man am Drehort aufgestellt hatte.
Honey ließ ihn ihre Wut spüren. »Steve Doherty macht Hackfleisch aus Ihnen!«
»Wer sagt das denn?«
»Wir beide sind ziemlich eng befreundet.«
Er wurde blass. Es gehörte sich nicht, dass eine Frau oder Freundin einem Vorgesetzten etwas petzte.
Er brachte die offensichtliche Entschuldigung vor. »Ich musste mal.«
»Warum haben Sie dann nicht jemanden herbeigerufen, der sie ablösen konnte, während sie aufs Klo gingen?«
»Das ist doch nur ein Wohnwagen.«
»Nun, es ist jemand kurz reingegangen, während sie weg waren. Hat höchstwahrscheinlich ein Erinnerungsstück an den großen Filmstar geklaut und ist dabei quer durch die Indizien getrampelt. Da wird sich aber die Forensik freuen!«
Ihm wich alle Farbe aus dem Gesicht. »Großer Gott!«
Mit wehenden Rockschößen rannte er fort und hielt sich die Mütze mit der Hand fest.
Honey hatte es nicht übers Herz gebracht, ihn darauf hinzuweisen, dass sein Hosenschlitz offenstand. Aber andererseits hatte er es nicht besser verdient. Sollte er sich doch was abfrieren!
»Wow!«, kommentierte Bernard, der wieder zu ihr gestoßen war. »Könntest du mit mir auch mal so reden?«
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Nein, das könnte ich nicht!«
Dann rief sie Doherty an und berichtete ihm, was geschehen war.
»Hast du gesehen, wer es war?«
»Nein.«
Das war eben das Problem im Februar. Alle waren verkleidet. Das Wetter verlangte es so.
Kapitel 13
Jemand hatte in Zimmer sechzehn des Green River Hotels ein Mobiltelefon fallen lassen. Wenn das irgendwo im Schlafzimmer geschehen wäre, hätte man es leicht wieder finden können. Desgleichen im Badezimmer – sogar in der Badewanne. Aber nein. Das Ding war in die Toilette gefallen, und es hatte sogar noch jemand nachgespült. Nun steckte das Teil im Krümmer, und das Wasser staute sich.
Der Schuldige war ein Dreikäsehoch namens Joel. Er war der ganze Stolz seiner liebenden Eltern. Honey verzog ihr Gesicht krampfhaft zu einem beinahe freundlichen Lächeln und bedachte den lieben Kleinen in Gedanken mit einigen ganz anderen Namen.
Der Klempner versprach, so bald wie möglich zu kommen, konnte sich aber auf keinen festen Zeitpunkt festlegen.
Er schlug vor, inzwischen sollte jemand vielleicht versuchen, das Ding mit einem Drahtkleiderbügel aus der Toilette zu fischen. »Am besten jemand mit langen Fingern«, fügte er noch hinzu.
Honey spürte, dass dieser Kelch nicht an ihr vorübergehen würde. An mir bleibt aber auch alles hängen, dachte sie sich.
Da sich kein Freiwilliger finden wollte, holte sie einen
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