Mord nach Liste
Sophie immer auf hoffnungslose Fälle aus ist«, meinte Cordie. »Und weil sie Hilfe brauchte, verdonnerte sie mich dazu, das Tagebuch zu lesen …«
»Und Cordie war sofort auf hundertachtzig«, fügte Sophie hinzu.
»Und wann war das?«
»Da warst du gerade in L.A., als Cordie zur Polizei ging, um den neuesten Stand der Dinge zu erfahren«, erklärte Sophie.
»Sophie hat mich fast gezwungen«, berichtete Cordie. »Am Anfang war ich ganz optimistisch, als ich hörte, dass die Polizei in der Tat eine Ermittlungsakte über den Mann angelegt hat. Meine Begeisterung war allerdings nur von kurzer Dauer. Lieutenant Lewis ist ein Charmeur mit schlohweißem Haar, der gerne Süßholz raspelt. Er überschlug sich fast vor Mitgefühl und Verständnis. Aber nach zwei Minuten war mir klar, dass er es kein bisschen ernst meinte.«
Sophie hatte vergessen, dem Kellner zu sagen, dass er ihren Salat sofort bringen sollte. So bekamen alle drei ihr Essen gleichzeitig serviert. Sophie hatte es eilig, zurück ins Büro zu kommen, und machte sich mit Appetit über den Salat her. Cordie gab großzügig Ketchup auf ihren Cheeseburger, pappte die Brötchenhälfte obendrauf und wollte hineinbeißen.
»Lagen denn noch mehr Beschwerden gegen Shields vor?«, wollte Regan wissen.
Cordie legte den Cheeseburger zurück auf den Teller. »Ja, offensichtlich sind noch mehr Frauen betroffen, aber keine hat handfeste Beweise. Der Lieutenant hat beteuert, er würde dran arbeiten. Aber ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Seitdem ist ein Monat vergangen, ohne dass jemand verhaftet wurde. Dann habe ich gehört, dass Lewis die Ermittlung einem seiner Leute namens Sweeney übergeben hat.«
Cordie nahm den Cheeseburger wieder in die Hand und wollte gerade abbeißen, als Regan fragte: »Was hast du gesagt, seit wann sitzt du jetzt an der Sache?«
»Noch nicht sehr lange«, erwiderte Cordie.
Regan wartete, bis Cordie wieder von ihrem Burger abbeißen wollte, und warf erneut ein: »Eine Frage noch …«
Cordie legte den Burger wieder auf den Teller. »Das machst du extra, oder? Mich etwas fragen, wenn ich gerade … Sophie, Finger weg von meinen Pommes!«
»Die sind ungesund. Ich helfe dir bloß beim Essen, weil ich mir Sorgen um deine Gesundheit mache. Ich bin nämlich eine gute Freundin.«
Cordie sah Sophie an und verdrehte die Augen.
»Jetzt habe ich aber eine ernsthafte Frage«, sagte Regan. »Glaubst du, dass Mary Coolidge Selbstmord begangen hat, oder bist du der gleichen Meinung wie Sophie?«
»Dass sie ermordet wurde?«, flüsterte Cordie. »Ich weiß es nicht. Möglich ist es.«
Regan ließ die Gabel fallen und beugte sich vor. »Meinst du das ernst?«
»Wieso warst du nicht schockiert, als ich dir von meinem Verdacht erzählt habe?«, fragte Sophie.
»Weil du immer alles dramatisierst. Cordie ist sachlicher, und wenn sie glaubt, dass es so gewesen sein könnte, dann …«
»Dann was?«, fragte Sophie verärgert.
»Dann ist da auch was dran.«
»Ich dramatisiere überhaupt nicht.«
»Warum glaubst du, dass sie ermordet worden sein könnte?«, fragte Regan Cordie und überhörte Sophies Bemerkung.
»Lies das Tagebuch!«
»Mach ich, aber erzähl’s mir trotzdem.«
»Na gut. Am Ende merkt man, dass Mary Angst vor Shields hatte. Er setzte sie unter Druck. Wenn du den letzten Eintrag liest, da geht ihre Schrift quer über die ganze Seite. Das könnte ein Zeichen sein, dass die Tabletten langsam wirkten, dass ihr schwummerig wurde. Vielleicht hat sie deswegen so was geschrieben … aber vielleicht ist es auch wirklich passiert.«
Regan griff nach dem Tagebuch und schaute auf die letzte Seite. Da standen nur vier Worte:
Zu spät. Sie kommen.
6
In der Seitenstraße roch es nach feuchtem Hundefell und Erbrochenem. Noch schlimmer stank der überquellende Müllcontainer, hinter dem Polizist Alec Buchanan den Großteil der Nacht verbracht hatte.
Sie arbeiteten jetzt zu siebt an dem Fall. Alec hatte Pech gehabt und war einem Detective namens Mike Tanner zugewiesen worden, dem er Rückendeckung geben sollte. Tanner wartete in dem vermutlich warmen, trockenen Lagerhaus auf die Übergabe.
Die verdeckten Ermittler Dutton und Nellis beobachteten den Eingang des Lagerhauses von zwei Verstecken auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Am anderen Ende der Stadt saßen in einem Restaurant zwei weitere Kollegen, gekleidet im Einheitslook der Teenager – alte Navy-Shirts, weite Gap-Jeans und abgetretene weiße Turnschuhe. Sie wirkten
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