Mord nach Liste
so jung und unschuldig wie Musterschüler von der High School. Ungeduldig warteten sie auf eine neue Lieferung für die Straßen der Vorstadt.
Der siebte Beamte verfolgte den Wagen, in dem der Geldkurier saß.
Eigentlich leitete Detective Dutton den Einsatz, aber aus irgendeinem Grund hielt Tanner sich selbst für den Verantwortlichen. Alec arbeitete erst seit ein paar Tagen mit Tanner zusammen; er wollte kein vorschnelles Urteil über den Mann fällen. Abwarten und Tee trinken, sagte er sich. Doch das, was er bisher gesehen hatte, hatte ihn nicht gerade beeindruckt. Tanner verlor schnell die Geduld, hatte seine Launen nicht im Griff. Davon hielt Alec nichts, schon gar nicht in so einer Situation.
Von Anfang an hatte Tanner Probleme gemacht. Er hatte sich geweigert, ein verstecktes Mikro zu tragen, und wollte nicht, dass die Techniker das Lagerhaus verwanzten. Tanner hatte Angst, dass die Mikros entdeckt würden, und da er der Einzige war, der schon mal mit den Zwillingen gearbeitet hatte, mussten die anderen sich fügen.
Man hatte Alec gesagt, dass gegen drei oder vier Uhr nachts mit der Abwicklung des Geschäfts gerechnet wurde. Dann krochen die Gestalten der Unterwelt aus ihren Löchern und verkauften alles, was auf dem Markt gefragt war. Die beiden Juristen, um die es heute ging, gehörten allerdings einer ganz besonderen Spezies an. Sie begannen offenbar erst gegen Mittag zu arbeiten.
Die Rechtsanwälte Lyle und Lester Sisley waren eineiige Zwillinge, die aus einer Kleinstadt in Georgia nach Chicago gekommen waren. Nach außen hin wirkten sie wie stinknormale, bodenständige Burschen vom Lande, die jeden Morgen ihren Eid auf die Flagge und auf Elvis schworen, ab und zu in die Stadt fuhren und einen draufmachten, aber im Großen und Ganzen ehrbare Mitbürger waren. Wer sie nicht besser kannte, hielt sie für leicht begriffsstutzig, aber herzensgut. Als könnten sie keiner Fliege etwas zuleide tun.
Die Wahrheit sah aber ganz anders aus. Die Zwillinge waren weder begriffsstutzig noch herzensgut. Sie hatten beide einen außerordentlich hohen Intelligenzquotienten.
Es hieß, sie hätten während ihres Jurastudiums ausschließlich gefeiert und trotzdem die besten Abschlüsse ihres Jahrgangs gemacht.
Nach etwas mehr als einem Jahr in Chicago waren die Zwillinge zu dem Schluss gekommen, dass sie zu viel arbeiteten und zu wenig verdienten. Sie entschieden, es sei an der Zeit, das Geschäftsfeld zu erweitern.
Fünf Jahre später scheffelten sie bereits Millionen, aber nicht mit ihren legal verdienten Honoraren. Sie arbeiteten weiter als Rechtsanwälte in einem Bürogebäude in der Elm Street, hatten aber nur sehr wenige Klienten. Ihre eigentliche Berufsbezeichnung war eine andere, auch wenn niemand gewagt hätte, sie auf ihre Bürotür zu schreiben: Sie waren schlicht und einfach die Drogenbosse von Chicago.
Und das war noch nicht alles. Man schätzte, dass Lyle und Lester in den vergangenen zwölf Monaten mehr Drogen verkauft hatten als Pfizer, der größte Arzneimittelhersteller. Es gab keine Pille, die die Zwillinge nicht im Angebot hatten, keine Droge, die sie nicht mit anderen, noch süchtiger machenden Substanzen streckten.
Natürlich versuchten verdeckte Ermittler bereits seit Längerem, die Ganoven zu überführen. Wenn alles glattlief, würden sie Lyle und Lester in dieser Nacht das Handwerk legen. Erst nach monatelanger Kontaktpflege hatte man die Zwillinge überreden können, persönlich zur Geldübergabe zu erscheinen. Geködert worden waren sie mit ihrer Gier, und Tanner, der diesen letzten Schachzug geplant hatte, war der Meinung, erfolgreich in den engeren Kreis ihrer Vertrauten vorgestoßen zu sein.
Ein Großteil ihrer illegalen Geschäfte wurde in dem Lagerhaus abgewickelt, in dem Tanner jetzt wartete.
Die Zwillinge waren ein seltsames Paar. Fast alles machten sie gemeinsam. Sie arbeiteten zusammen, verbrachten ihre Freizeit miteinander und wohnten in einer Penthouse-Wohnung am Lake Shore Drive. Manchmal liefen sie sogar in den gleichen Cowboy-Klamotten herum.
Ein paar Unterschiede gab es dennoch. Lyle hatte eine Schwäche für üppige Frauen. Sein Verschleiß war enorm. Obwohl er die Frauen wechselte wie die Unterhosen, lobten ihn seine Geliebten stets über den grünen Klee. Wenn er mit ihnen fertig war, überschüttete er sie mit teuren »Abschiedsgeschenken«. Sie hielten Lyle für den vollendeten Gentleman.
Lester hatte eine Schwäche für Autos, genauer gesagt für Rolls-Royce. Er
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