Mord nach Liste
verlobt hat?« Alec überlegte, ob Henry vielleicht in seine Arbeitgeberin verliebt war und das zugeben würde.
»Der Typ war nur hinter ihrem Geld her.«
»Hat sie viel Geld?«
Henry merkte, dass er aus dem Nähkästchen plauderte. »Das müssen Sie sie selbst fragen. Sie erwartet uns in ihrem Büro im zweiten Stock. Sie passt auf, dass niemand an ihren Computer geht. Wenn Sie mir bitte folgen würden?«
»Sie bewacht ihren Computer?«
»Ja.«
Als sie den Fahrstuhl betraten, schob Henry einen Schlüssel, der an einer langen Silberkette hing, in einen Schlitz und drückte die Taste für den zweiten Stock.
»Alle Büros sind im zweiten«, erklärte er. »Aber die Türen öffnen sich dort nur, wenn man einen Schlüssel hat. Aus Sicherheitsgründen. Da steht eine Menge teurer Geräte herum.«
Alec legte diese Information im Hinterkopf ab. Mit seinen ein Meter siebenundachtzig war er zwar genauso groß wie Henry, kam sich neben ihm aber irgendwie klein vor. Alec hatte muskulöse Schultern und Oberarme, doch Henry wog bestimmt zwanzig Kilo mehr. Unterlegen fühlte Alec sich ihm trotzdem nicht.
Aus irgendeinem Grund war Henry nervös.
»Wie alt sind Sie?«, fragte Alec.
»Neunzehn.«
»Gehen Sie noch zur High School?«
»Nein. Ich bin auf der Loyola hier in Chicago.«
»Aber die haben doch gar keine Footballmannschaft«, sagte Alec.
Henry lächelte. »Ich werde ständig gefragt, auf welcher Position und in welcher Mannschaft ich spiele. Weil ich groß und schwarz bin und einen Stiernacken habe. Die Leute meinen immer, ich würde Football spielen, manche denken sogar, ich wäre Rapper. Im Übrigen habe ich inzwischen wieder eine weiße Weste.«
Ah, also doch. Alec verkniff sich ein Grinsen. »Ach, ja?«, sagte er, als sich die Aufzugtüren im zweiten Stock öffneten.
»Sie werden es wahrscheinlich eh herausfinden«, sprudelte es aus Henry heraus. Er trat aus dem Fahrstuhl und sah Alec in die Augen. »Meine Akte ist zwar geschlossen, aber ich nehme an, Sie kommen doch irgendwie dran, wie das immer in den Fernsehserien geht, also erspare ich Ihnen die Mühe und erzähle es sofort. Vor ein paar Jahren hatte ich einige Probleme und saß im Jugendstrafvollzug. Ich hatte die falschen Freunde. Das ist keine Entschuldigung, nur eine Feststellung.«
»Gut, und warum sind Sie dann so nervös?«
»Ihretwegen«, stammelte Henry. »Na ja, nicht Ihretwegen persönlich, sondern weil Sie von der Polizei sind. Das macht mich nervös. Da bin ich aber nicht der Einzige.
Meinem Freund Kevin geht’s genauso. Und der ist nicht vorbestraft.«
»Ihre Chefin hat bei uns angerufen«, erinnerte Alec ihn. »Also hören Sie auf zu schwitzen.«
Henry lächelte. Sie standen im Flur. »Unsere Büros sind hier den Gang runter und dann um die Ecke.«
Alec folgte ihm. An jeder Tür blieb er stehen und warf einen Blick ins Zimmer. Als Henry das merkte, kam er zurück.
»Das ist das Büro von Regans Bruder Spencer. Aber er ist nur selten hier.«
»Und das da?« Alec wies auf den Raum gegenüber.
»Das gehört Walker.«
Alec begriff. »Walker Madison, der Rennfahrer?«
»Genau.«
Sie gingen weiter, bogen um die Ecke, und Alec blieb vor einer weiteren Suite stehen.
»Das ist Aidens Büro. Er ist der älteste Bruder. Insgesamt sind sie zu viert, drei Jungen und ein Mädchen.«
Der Korridor war so luxuriös ausgestattet wie die Lobby. Auf kleinen Tischen standen wunderschöne Vasen mit Schnittblumen. Der Teppich war dunkelrot, die Wände mit weißem Damast bespannt.
»Erzählen Sie doch mal von Ihrer Chefin!«
»Was möchten Sie denn wissen?«
»Wie arbeitet es sich für sie?«
»Sie ist wirklich toll.«
»Wie haben Sie diese Stelle bekommen?«
»Ein Lehrer bei mir auf der High School wollte, dass ich mich in diesem Hotel um ein Praktikum bewerbe, bei dem ich mit Computern zu tun habe. Ich dachte, er wollte mich veräppeln, weil ich keine große Ahnung von Computern hatte. Ich konnte noch nicht mal E-Mails verschicken. Auf der Schule gab es zwar Computer, aber die waren meistens kaputt. Jedenfalls nahm Miss Madison mich, und ich musste den ganzen Sommer Tag und Nacht für sie arbeiten. Während des Praktikums hab ich sogar im Hotel geschlafen. Danach hat sie mir eine Familie besorgt, die ein Zimmer frei hatte und nichts gegen ein Kind zusätzlich im Hause. Seitdem bin ich hier.«
In Alecs Ohren klang das, als hätten der Lehrer und Regan Madison gemeinsam die Zukunft des jungen Mannes gerettet.
»Wohnen Sie immer noch bei
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