Mord Nach Maß
verbringen. Und kurz nach ihrem letzten Telegramm traf sie persönlich ein und musste in der Gegend herumgefahren und von einem Projekt zum anderen gebracht werden. Am Ende hatte sie sich für ein Haus so gut wie entschieden, ein Haus, das nur fünfundzwanzig Kilometer von unserem entfernt lag. Wir wollten sie nicht in der Nähe haben, die Aussicht war ein Albtraum für uns, aber das konnten wir ihr nicht sagen. Oder vielmehr, selbst wenn wir es ihr gesagt hätten – es hätte sie nicht daran gehindert, ihren Willen durchzusetzen. Wir konnten ihr nichts verbieten, und Ellie wollte das auch gar nicht. Jedenfalls kamen, als sie gerade noch ein Gutachten abwartete, einige Kabel an.
Onkel Frank hatte sich anscheinend in irgendeine Patsche geritten. Es musste etwas ziemlich Schräges und Betrügerisches sein, schätzte ich, und eine Menge Geld verschlingen, ehe er wieder flott war. Abermals wurden Telegramme gewechselt, zwischen Lippincott und Ellie. Und dann entstand irgendein Zwist zwischen Stanford Lloyd und Lippincott, eine Meinungsverschiedenheit über eine von Ellies Investitionen. Ich in meiner Naivität hatte geglaubt, dass zwischen Amerika und uns ein ausreichender Sicherheitsabstand lag – weit gefehlt. Mir war nie zu Bewusstsein gekommen, dass Ellies Verwandte und Geschäftskontakte nichts weiter daran fanden, morgens eine Maschine nach England zu nehmen und abends wieder zurückzufliegen. Zuerst kam Stanford Lloyd. Dann Andrew Lippincott.
Ellie musste nach London fahren und sich mit ihnen treffen. Ich für meinen Teil durchschaute diese Finanzangelegenheiten ja nie so ganz. Zwar war jedermann sehr vorsichtig in seinen Äußerungen, aber es hatte irgendetwas mit dem Auflösen der Treuhandverwaltung zu tun; es fielen dunkle Andeutungen, dass entweder Lippincott oder Stanford Lloyd den Fortschritt der Dinge und die Abrechnung ungebührlich aufhielt.
In einer Atempause zwischen diesen Ärgernissen entdeckten Ellie und ich unseren Pavillon. Wir hatten unseren Besitz noch lange nicht bis in seine letzten Winkel erforscht, nur die engere Umgebung des Hauses. Oft schlugen wir unbekannte Waldpfade ein, nur um zu sehen, wohin sie uns führten. Eines Tages stießen wir auf einen, der so überwuchert war, dass man ihn zunächst gar nicht ausmachen konnte. Aber wir schlugen uns dennoch hindurch und fanden uns an seinem Ende vor einem kleinen weißen Pavillon. Er war noch in recht gutem Zustand, deshalb räumten wir dort auf, ließen ihn neu streichen, stellten Tisch, Stühle, einen Diwan und ein Eckschränkchen hinein, das Porzellan, Gläser und ein paar Flaschen aufnahm. Wir hatten beide unseren Spaß daran. Ellie schlug vor, den Pfad roden zu lassen, damit man leichter hinaufgelangte, aber ich war dagegen, mit der Begründung, dass es mehr Spaß machte, wenn keiner außer uns den Pavillon kannte. Ellie gefiel diese Idee wegen ihrer Romantik.
»Und auf keinen Fall verraten wir Cora etwas davon«, sagte ich, und Ellie stimmte zu.
Als Cora wieder abgereist und der Friede ins Haus zurückgekehrt war, stolperte Ellie, die vor mir den Pfad hinunterschlitterte, plötzlich über eine Wurzel, stürzte und verstauchte sich den Knöchel.
Dr. Shaw kam und sah bedenklich drein, nannte die Verstauchung »sehr übel«, meinte aber, in etwa einer Woche werde Ellie wieder auf den Beinen sein. Da sandte sie nach Greta. Ich konnte nichts dagegen einwenden. Wir hatten wirklich niemanden, der sie richtig hätte pflegen können, keine Frau, meine ich. Die Dienstboten stellten sich ziemlich tolpatschig an und überhaupt – Ellie wollte Greta haben. Und Greta kam.
Natürlich war sie vom ersten Tag eine wahre Wohltat für Ellie. Und damit auch für mich. Sie sorgte für alles und brachte den Haushalt wieder in Schwung. Da unser Personal nun wegen der Einsamkeit zu kündigen begann, annoncierte sie in den Zeitungen und fand fast sofort ein neues Dienerehepaar. Sie sah nach Ellies Knöchel, unterhielt sie, besorgte ihr Dinge, von denen sie wusste, dass Ellie sie mochte – Bücher, Obst und so weiter, wovon ich keine Ahnung hatte. Die beiden schienen miteinander schrecklich glücklich; auf jeden Fall war Ellie entzückt, und auf die eine oder andere Art kam es dann eben nicht zu Gretas Abreise… Sie blieb. Ellie fragte mich: »Dir macht es doch nichts aus, wenn Greta noch ein bisschen bleibt?«
»O nein, natürlich nicht«, sagte ich.
»Sie ist mir eine so große Hilfe«, fuhr Ellie fort. »Du weißt doch, bei diesem typischen
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