Mord Nach Maß
können, hielt mich aber gerade noch zurück. Die Corgi-Dame, deren wirklicher Name mir entgangen war, war in ihren Fragen sehr viel direkter, doch ich konnte sie ablenken, indem ich auf die allgemeine Unfähigkeit und Ignoranz der Tierärzte zu sprechen kam. Es war alles ganz nett und friedlich, nur ziemlich stupide.
Später, beim etwas ziellosen Rundgang durch den Garten, schloss Claudia Hardcastle sich mir an.
Ziemlich abrupt begann sie: »Ich habe schon von Ihnen gehört – durch meinen Bruder.«
Überrascht fragte ich: »Wirklich?« Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich jemals die Bekanntschaft eines Hardcastle-Bruders gemacht hatte.
Sie schien sich zu amüsieren. »Ja, er hat nämlich Ihr Haus gebaut.«
»Wollen Sie sagen, Santonix ist Ihr Bruder?«
»Mein Halbbruder. Ich kenne ihn nicht allzu gut, wir sehen uns so selten.«
»Ein wunderbarer Mann«, sagte ich.
»Das glauben viele, ich weiß.«
»Und Sie nicht?«
»Ich bin mir nicht so sicher. Er hat zwei Gesichter. Früher ging es ziemlich bergab mit ihm… niemand wollte mehr etwas mit ihm zu tun haben. Aber dann schien er sich ganz zu ändern, erzielte spektakuläre Erfolge in seinem Beruf. Als ob er…«, sie suchte nach dem Wort, »besessen wäre.«
»Genau. Das trifft es genau.«
Dann fragte ich, ob sie unser Haus schon gesehen hätte.
»Nein, nicht im fertigen Zustand.«
Also lud ich sie ein, aber sie meinte: »Ich warne Sie, es wird mir nicht gefallen. Ich mag moderne Häuser nicht, Queen Anne ist mein Lieblingsstil.«
Dann versprach sie, Ellie in den Golfklub zu bringen; sie wollten außerdem gemeinsam ausreiten. Ellie wollte sich ein Pferd kaufen, vielleicht sogar mehrere. Offenbar waren die beiden Freundinnen geworden.
Als Phillpot mir seine Remisen zeigte, machte er ein paar Bemerkungen über Claudia.
»Eine gute Reiterin, besonders bei der Jagd. Ein Jammer, dass ihr Leben so ruiniert ist.«
»Tatsächlich?«
»Ja, sie hat einen reichen Mann geheiratet, viel älter als sie. Einen Amerikaner namens Lloyd. Es ging nicht gut mit den beiden, sie trennten sich ziemlich bald. Danach nahm sie wieder ihren Mädchennamen an. Ich glaube nicht, dass sie jemals wieder heiraten wird. Eine Männerfeindin. Zu schade.«
Auf der Heimfahrt meinte Ellie: »Langweilig, aber ganz nett. Nette Leute. Wir werden uns hier sehr wohl fühlen, Mike, nicht wahr?«
»Ja, bestimmt.« Ich nahm eine Hand vom Steuer und griff nach ihrer.
Zu Haus ließ ich Ellie aussteigen und fuhr den Wagen in die Garage.
Als ich zum Haus zurückschlenderte, hörte ich leise Gitarrenklänge. Ellie besaß ein sehr schönes, altspanisches Instrument, das ein Vermögen gekostet haben musste. Oft sang sie dazu mit weicher Altstimme, sehr angenehm. Die meisten Songs kannte ich nicht, es waren wohl zum Teil amerikanische Spirituals, dann irische oder schottische Balladen – melodisch und traurig.
Ich ging über die Terrasse und blieb in der Verandatür stehen. Ellie sang eines meiner Lieblingslieder, mit einer traurig-schönen, einprägsamen Melodie.
Da blickte sie auf und sah mich da stehen.
»Warum schaust du mich so an, Mike. Als ob du mich liebst…«
»Natürlich liebe ich dich. Wie sollte ich dich denn sonst ansehen?«
»Aber woran hast du gerade gedacht?«
Ich antwortete nachdenklich und wahrheitsgemäß: »Ich musste wieder an unsere erste Begegnung denken – da unten bei der dunklen Fichte.«
Ja, und an die Überraschung und an das Erregende dieses Augenblicks…
Dass man nicht die wirklich wichtigen Momente seines Lebens erkennt – jedenfalls nicht, bevor es zu spät ist! Diese glückliche Heimkehr nach dem Lunch bei den Phillpots war einer dieser Augenblicke – aber ich wusste es nicht – damals nicht, erst hinterher.
15
M an staunt doch immer wieder, welche Überraschungen das Leben für einen bereithält. Wir hatten unser neues Haus bezogen und lebten darin fern von den Menschen, genau wie ich es beabsichtigt und geplant hatte. Bloß hatten wir sie natürlich nicht völlig ausschließen können. Die Ereignisse holten uns wieder ein, sie krochen übers Meer und umzingelten uns.
Als erstes Ellies verflixte Stiefmutter. Sie bombardierte uns mit Briefen und Telegrammen, in denen sie Ellie bat, sich für sie mit Grundstücksmaklern in Verbindung zu setzen. Unser Haus, schrieb sie, habe sie derart fasziniert, dass auch sie sich unbedingt ein englisches Heim schaffen müsse. Denn sie würde so schrecklich gern jedes Jahr ein paar Monate in England
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