Mord Nach Maß
vergewissern können.«
Doch eines Tages kehrte Ellie bleich und zitternd von einem Ausritt zurück. Die Alte war unter den Bäumen hervorgetreten, Ellie hatte ihr Pferd gezügelt, um sie anzusprechen. Die alte Frau hatte ihr mit der Faust gedroht und irgendetwas vor sich hin gemurmelt. Ellie erzählte: »Diesmal wurde ich aber wirklich wütend. Ich fuhr sie an: ›Was wollen Sie denn hier? Das Land gehört nicht mehr euch, es ist unser Land und unser Haus.‹ Da sagte die Alte: Nie und nimmer wird dir dieses Land gehören. Ich habe dich gewarnt, einmal und noch einmal. Ein drittes Mal warne ich dich nicht. Es währt nicht mehr lange – das sage ich dir. Ich kann den Tod schon sehen, da, hinter deiner linken Schulter. Der Tod steht hinter dir – er kommt dich holen. Dein Pferd da hat einen weißen Fuß. Weißt du nicht, dass es Unglück bringt, so ein Pferd zu reiten? Ich sehe Tod und Verfall, die ganze Pracht, die ihr da hingestellt habt, sehe ich verfallen!«
»Dem muss ein Ende gemacht werden«, sagte ich wütend.
Auch Ellie ging diesmal nicht mit einem Lachen darüber hinweg; im Gegenteil, sowohl sie wie Greta bekamen ängstliche Gesichter. Ich machte mich sofort auf den Weg ins Dorf hinunter. Mrs Lees Kate war mein erstes Ziel, aber sie lag dunkel und verlassen da, und so ging ich weiter, zum Polizeirevier. Ich kannte den Reviervorsteher, Sergeant Keene, einen vierschrötigen, vernünftigen Mann. Er hörte sich meine Geschichte an und sagte dann: »Tut mir leid, dass Sie diesen Ärger haben. Sie ist eben schon sehr alt und wird wohl allmählich wunderlich. Eine Nervensäge. Wir hatten allerdings bis jetzt kaum Ärger mit ihr. Aber ich werde mal mit ihr reden, damit sie das sein lässt.«
»Wenn Sie so freundlich wären«, sagte ich.
Er zögerte und fragte dann: »Ich will ja nichts unterstellen – aber gibt es Ihres Wissens hier am Ort irgend jemanden, der es, vielleicht aus ganz nichtigem Grund, auf Sie oder Ihre Frau abgesehen haben könnte?«
»Nicht dass ich wüsste – es wäre auch höchst unwahrscheinlich. Warum?«
»Die alte Mrs Lee ist neuerdings recht gut bei Kasse. Ich kann mir gar nicht denken, wo dieser Segen herkommt…«
»Was wollen Sie damit andeuten?«
»Es wäre immerhin möglich, dass jemand sie bezahlt – jemand, der Sie von hier vertreiben will. Da war so eine Sache, vor vielen Jahren – sie nahm von einem Dorfbewohner Geld an und verscheuchte dafür dessen Nachbarn. Genau auf die gleiche Masche, mit Drohungen, Warnungen, Sprüchen vom bösen Blick. Dörfler sind eben abergläubisch. Man hat sie damals verwarnt, und so viel ich weiß, hat sie es danach nie wieder versucht – bis jetzt vielleicht. Sie ist scharf aufs Geld, und für Geld tun die Leute allerhand…«
Aber mir wollte diese Version nicht einleuchten. Ich erinnerte Keene daran, dass wir völlig fremd waren. »Um uns Feinde zu machen, dazu hatten wir noch gar keine Zeit.« Niedergeschlagen wanderte ich nach Hause. Als ich um die Ecke der Terrasse bog, hörte ich die leisen Klänge von Ellies Gitarre und sah eine hoch gewachsene Gestalt, die von außen durchs Fenster gespäht hatte und nun herumfuhr und auf mich zukam. Einen Augenblick lang hielt ich sie für unsere Zigeunerin, aber dann erkannte ich aufatmend Santonix. »Oh«, sagte ich etwas atemlos, »Sie sind’s. Wo hat Sie’s denn hergeschneit? Wir haben ja eine Ewigkeit nichts mehr von Ihnen gehört.«
Er antwortete mir nicht gleich, sondern zog mich am Arm vom Fenster weg.
»Sie ist also da!«, sagte er. »Eigentlich überrascht es mich gar nicht. Ich dachte mir schon, dass sie früher oder später kommen würde. Aber warum lassen Sie das zu? Sie ist gefährlich. Und Sie müssten das eigentlich wissen.«
»Wer – Ellie?«
»Nicht doch, nicht Ellie. Die andere! Wie heißt sie noch? Greta.«
Wortlos starrte ich ihn an.
»Sie haben Greta doch hoffentlich durchschaut, oder? Sie ist von sich aus gekommen, nicht wahr? Hat von euch Besitz ergriffen. Jetzt werden Sie sie nie mehr los. Die hat sich eingenistet.«
»Ellie hat sich den Knöchel verstaucht«, erklärte ich, »und Greta ist sie pflegen gekommen. Sie… Wahrscheinlich reist sie bald wieder ab.«
»Da kennen Sie diese Sorte schlecht. Sie hatte es von Anfang an so geplant. Ich wusste es gleich. Damals, als sie während der Bauarbeiten kam, da hab ich mir schon ein Bild von ihr gemacht.«
»Ellie braucht sie anscheinend«, murmelte ich.
»O ja, sie ist schon lange bei Ellie, nicht wahr? Sie
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