Mord Nach Maß
ebenfalls mit der Angst zu tun bekommen haben. Sie muss diese Wendung der Dinge ja nicht unbedingt so beabsichtigt haben. So viel ihr auch daran lag, dass diese Zigeunerin Ihre Frau von hier verscheuchte, so wenig braucht sie ihren Tod im Sinn gehabt zu haben.«
»Nein«, stimmte ich zu, »von Tod war nie die Rede. Sie sollte uns bloß Angst einjagen, mir und meiner Frau, damit wir von hier wegzogen.«
»Und wer hat jetzt Angst? Die Frau, die den Unfall heraufbeschwor. Nämlich Mrs Esther Lee. Also würde sie gern reinen Tisch machen, nicht wahr? Und klarstellen, dass sie gar nicht die Hauptverantwortliche ist. Sie würde sogar zugeben, dass man sie zu diesem Zweck bezahlt hat, und sie würde Namen erwähnen: Den Namen ihres Geldgebers. Aber dem würde das bestimmt nicht behagen, nicht wahr, Mr Rogers? Er würde dafür sorgen, dass sie ziemlich schnell zum Schweigen gebracht wird, oder?«
»Sie nehmen an, dass sie tot ist?«
»Das wäre doch möglich, oder?«, meinte Keene. Dann wechselte er anscheinend unvermittelt das Thema. »Sie kennen doch diesen Pavillon da oben in Ihrem Wald, Mr Rogers?«
»Sicher«, antwortete ich. »Was ist damit? Wir haben ihn ein bisschen herrichten lassen, weil wir gelegentlich dort hinauf spazierengingen. In letzter Zeit allerdings nicht. Wieso?«
»Na ja, wir haben uns nämlich ein bisschen umgesehen. Auch in diesem Pavillon. Er war unverschlossen.«
»Wir haben uns nie die Mühe gemacht, die Tür hinter uns abzuschließen. Schließlich stand dort nichts von Wert herum, nur ein paar überzählige Möbel.«
»Wir hielten es für möglich, dass die alte Lee dort untergeschlüpft sein könnte, fanden aber keine Spur von ihr, sondern nur das hier. Ich wollte es Ihnen sowieso zeigen.« Aus einer Schublade holte er ein kleines, zierlich ziseliertes Goldfeuerzeug hervor: ein Damenfeuerzeug mit einem Initial aus Brillanten: dem Buchstaben C.
»Ihrer Frau dürfte das wohl kaum gehört haben, oder?«
»Nicht mit diesem Monogramm. Nein, das ist nicht Ellies Feuerzeug, sie hatte ein anderes. Und es gehört auch nicht Miss Andersen, sie heißt Greta mit Vornamen.«
»Es lag da oben, als hätte es jemand verloren. Ganz schön teures Spielzeug.«
»C?«, überlegte ich. »Ich kann mich an keinen Besucher mit diesem Anfangsbuchstaben erinnern, außer vielleicht an Cora. Das ist die Stiefmutter meiner Frau, Mrs van Stuyvesant.
Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie diesen verwilderten Pfad zum Pavillon hinaufgeklettert ist. Außerdem war sie schon eine ganze Weile nicht mehr bei uns, mindestens einen Monat. Und ich glaube mich auch nicht daran zu erinnern, dass sie je dieses Feuerzeug benutzt hätte. Es wäre mir aber wohl sowieso nicht aufgefallen. Vielleicht weiß Miss Andersen was darüber.«
»Na, dann nehmen Sie’s doch mit, und zeigen Sie es ihr.«
»Mache ich. Aber wenn es wirklich Cora gehört, dann wundert mich doch, dass wir es nie gesehen haben, wenn wir da oben saßen. Der Pavillon ist spärlich möbliert, und wenn so ein Ding auf dem Boden herumliegen würde, müsste es einem auffallen. Es lag doch auf dem Fußboden?«
»Ja, in der Nähe des Sofas. Natürlich kann sich Gott weiß wer in dem Pavillon aufgehalten haben. Zum Beispiel als Liebesnest ist er äußerst praktisch. Aber Ortsansässige dürften kein so wertvolles Stück besitzen.«
»Da fällt mir Claudia Hardcastle ein«, sagte ich. »Aber ich bezweifle, dass sie einen so verspielten Geschmack hat. Und was hätte sie im Pavillon gesucht?«
»Sie war mit Ihrer Frau ziemlich eng befreundet, nicht?«
»Ja, wahrscheinlich war sie hier Ellies beste Freundin. Und sie wusste natürlich, dass sie den Pavillon von uns aus jederzeit benutzen konnte.«
»Aha«, sagte Sergeant Keene.
Ich starrte ihn an. »Sie glauben doch nicht, dass – dass Claudia Hardcastle Ellie so gehasst haben könnte? Das wäre doch absurd.«
»Gewiss, im Augenblick deutet nichts darauf hin.«
»Vielleicht…« Doch ich hielt inne, weil mir das, was ich hatte sagen wollen, selber zu abwegig vorkam.
»Ja, Mr Rogers?«
»Ich glaube, Claudia Hardcastle war ursprünglich mit einem Amerikaner verheiratet, einem Amerikaner namens Lloyd. Und der Name des Treuhänders meiner Frau in den Staaten lautet Stanford Lloyd. Andererseits gibt es Hunderte von Lloyds, und selbst wenn es sich um denselben Mann handelte, wäre es bloßer Zufall. Was könnte es mit all dem zu tun haben?«
»Es wirkt unwahrscheinlich. Aber immerhin…« Er
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