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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Sie
setzte sich auf die Kante ihres ungemachten Betts, beugte sich vor, die Hände
flach auf den denimbekleideten Schenkeln. Einen Augenblick lang fragte ich
mich, ob ihre Apathie echt war oder ob sie sie nur vorspiegelte, um zu zeigen,
wie wenig sie der ganze Fall anging. Aber ich hielt das für nicht weiter
wichtig. Ein paar Fragen würden sie schon aufrütteln.
    Ich fing ganz harmlos an. »Wie lange
haben Sie im Café Comédie gearbeitet?«
    »Etwa sechs Monate.«
    »Hat es Ihnen gefallen?«
    »Es war okay.«
    »War Jay Larkey ein guter Boß?«
    Das brachte die erste Reaktion: nur ein
Flattern der Augenlider, aber die Erwähnung seines Namens hatte einen Nerv
getroffen. »...Er war okay.«
    »Und die anderen Leute, die dort
arbeiteten?«
    »Was sollte mit denen sein?«
    »Haben Sie gern mit ihnen gearbeitet?«
    »Ja. Sicher.«
    »Sie haben Bobby Foster gekannt?«
    »Ziemlich gut.«
    »Marc Emmons?«
    »Ja. Er ist ein netter Kerl.«
    »Tracy Kostakos?«
    Sie legte die Hände zusammen und schob die
Finger zwischen die Knie. »Ich habe sie nicht sehr gut gekannt. Sie war einer
der... Stars dort, wissen Sie.«
    »Ich weiß nicht, ob ich Sie richtig
verstehe. Ich hatte den Eindruck, daß es ein kleiner Club ist, in dem die
Schauspieler auch mit den übrigen Angestellten verkehren. Außerdem war Tracy
zuerst Kellnerin wie Sie, bis Jay sie auf die Bühne ließ.«
    Lisa verzog bitter den Mund. »Tracy war niemals nur Kellnerin. Schon als ich sie das erstemal gesehen habe, war
mir das klar.«
    »Ich verstehe. Kommen wir zu der Nacht,
in der sie verschwand. Erzählen Sie mir alles, an was Sie sich erinnern.«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die
Unterlippe. »Kann das Bobby wirklich helfen?«
    »Ja.«
    »Ich möchte ihm helfen. Es ist
nur, daß... Ich weiß überhaupt nicht, was passiert ist. Ich kam zur
Arbeit, bediente wie üblich und ging nach Hause. Es war ein ganz normaler
Abend.«
    »Das sehe ich anders, Lisa.«
    Sie betrachtete ihre Hände. »Was soll
das heißen?«
    »Zum Beispiel hatten Sie und Jay gegen
Feierabend eine Auseinandersetzung in seinem Büro.«
    »Wer hat Ihnen das gesagt?«
    »Kathy Soriano.«
    »Mein Gott, es war nichts, nichts
Ernstes. Er war sauer, weil ich ein paar Bestellungen vermurkst hatte. Er hat
mich oft angebrüllt. Was mich betraf, war es ein normaler Abend.«
    »Außer, daß Tracy verschwand. Und seit
jenem Abend haben Sie den Club nie mehr betreten, nicht einmal, um Ihren Lohn
abzuholen.«
    Sie schwieg und sah noch immer auf die
Stelle, wo ihre Finger zwischen den Knien verschwanden.
    »Lisa«, sagte ich, »Sie haben San
Francisco wegen einer Sache verlassen, die in jener Nacht im Café Comédie
passiert ist. Würden Sie mir bitte etwas darüber sagen?«
    »Das ist nicht wahr. Ich bin
fortgegangen weil ich... es wollte. Es hatte mit nichts anderem etwas zu tun.
Tracy ist umgebracht worden, und das tut mir leid, aber es gibt nichts, was ich
tun könnte.«
    »Ich glaube nicht, daß ihr Tod Ihnen
leid tut.«
    Jetzt hob sie den Kopf, die Lippen
waren geöffnet.
    Ich fügte hinzu: »Ich weiß von der
Figur, für die Sie das Vorbild abgegeben haben — Ginny, die Kellnerin. Und ich
weiß, wie aufgebracht sie deswegen waren. Und was vorher zwischen Ihnen und
Tracy war.«
    Sie preßte die Lippen zusammen und
schloß die Augen. Sie brauchte einen Moment, bevor sie sagte: »Okay, ich habe
Tracy gehaßt. Sie hat mich benutzt, und ich fühlte mich... wie so ein
Versuchstier, an dem sie herumexperimentierte. Aber das heißt doch nicht, daß
ich sie umgebracht habe.«
    »Das will ich auch gar nicht sagen.
Aber ich glaube, Sie wissen mehr über diesen Abend, als Sie zugeben. Und was
Sie wissen, macht Ihnen angst.«
    Die Augen noch immer geschlossen,
schüttelte sie heftig den Kopf.
    »Lisa, man hat an einem abgelegenen Ort
in Napa County, wohin Tracy öfter fuhr, ein Skelett gefunden. Es ist ziemlich
schwierig, es zu identifizieren, aber ich glaube, es wird sich als Tracys
herausstellen.« Seltsam, dachte ich, daß es mir einen Stich versetzte, als ich
das sagte. Wahrscheinlich hatte ich in meinem Hinterkopf die unrealistische
Hoffnung genährt, ich würde Georges Tochter finden, und irgendwie würde alles
gut ausgehen — trotz aller gegenteiligen Beweise.
    »Jemand hat sie erschossen«, fuhr ich
fort. »Aber Bobby war es nicht. Das bedeutet, die Person, die sie getötet hat,
ist noch auf freiem Fuß — und eine Gefahr für jeden, der nur die leiseste Kenntnis
von dem Mord hat. Helfen Sie mir also,

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