Mord ohne Leiche
?«
Lisa sah mich verständnislos an. Der
Schock, den sie mir anhörte, hatte ihren Redefluß gebremst. »...Ja, sicher.
Kathy sagte, Tracy habe Marc schon angerufen und versucht, sich seinen Wagen
auszuleihen, aber er habe gesagt, er brauchte ihn am nächsten Tag.«
»Das muß ich mal auf die Reihe bringen.
Kathy sagte mir, Robs Assistent im Immobiliengeschäft sei an dem Abend mit
ihnen zusammengewesen, und in derselben Nacht sei ihm der Wagen vom Parkplatz
gestohlen worden. Er hat das im Prozeß gegen Bobby bezeugt.«
»Ich weiß nichts von einem gestohlenen
Wagen oder von einem Assistenten. Ich sage Ihnen nur, was ich gehört habe.«
»Sie haben nicht die Nachrichten über
den Fall verfolgt und von dem gestohlenen Wagen gehört, der schließlich mit
Blutspuren im Innern in den Bergen gefunden wurde?«
»Ich habe sie überhaupt nicht verfolgt.
Ich wollte einfach nichts davon wissen. Es war reiner Zufall, daß der
Fernseher an dem Tag im Club an war, als Bobby verurteilt wurde. Sonst hätte
ich gar nichts davon gewußt.«
»Erinnern Sie sich, was für einen Wagen
Kathy fuhr?«
»Einen Volvo, blau. Ich bin ein paarmal
mitgefahren, zur Bushaltestelle oder nach Hause.«
Ich wußte nicht, ob ich ihr glauben
sollte oder nicht. Es ergab keinen Sinn, daß Kathy ihren Wagen Tracy geliehen
hatte, dann aber umgeschwenkt war und Jim Fox veranlaßt hatte, seinen Wagen als
gestohlen zu melden. Ich sagte: »Paßte es überhaupt zu Kathy, daß sie ihren
Wagen verlieh? Sie scheint mir keine besonders großzügige Frau zu sein.«
Lisa zuckte mit den Schultern. »Kathy
hat Tracy gemocht. Und ich glaube, sie wußte, daß Tracy gerne angab. Wenn Kathy
ihr den Wagen gab, dann tat sie es, um ihre Freundschaft zu gewinnen.« Sie
brach ab und dachte nach. »Kathy ist eigentlich gar nicht so schlimm. In der
Woche, als ich mich fürchtete, wieder zurück in den Club zu gehen, ist sie zu
mir gekommen. Ich habe ihr gesagt, daß ich die Stadt verlassen wollte und
warum. Sie meinte, das wäre eine gute Idee, denn auf Jay wäre nicht allzuviel
Verlaß. Und wissen Sie was? Sie hat mir Geld gegeben. Tausend Dollar und ein
Flugticket, damit ich hier unten neu anfangen konnte. Sie hat mich sogar zum
Flughafen gefahren.«
Ich dachte einen Augenblick darüber
nach und wägte es gegen Kathys Version ab. Ich neigte eher dazu, Lisa zu
glauben. Ich sagte: »Was für einen Wagen fuhr sie, als sie Sie zum Flugplatz
brachte?«
Lisa runzelte die Stirn. »Nicht den
Volvo. Auch ein ausländisches Modell, noch teurer. Es war der Wagen, den Rob
fuhr, als sie mich in der letzten Nacht vom Club nach Hause brachten.«
Wahrscheinlich der Jaguar, den ich
mittags in ihrer Einfahrt stehen gesehen hatte. Ich fragte: »Haben Sie jemals
eine Waffe in Jays Besitz gesehen?«
»Er hatte eine hinter der Bar. Marc hat
sich darüber immer beschwert, weil er etwas gegen Waffen hatte. Aber Jay sagte,
sie müsse zum Schutz dort liegen.«
»Kennen Sie sich mit Waffen aus?«
»Ja. Mein alter Herr war ein Cop.«
»Was war das für eine im Club?«
»Ein Revolver, ein achtunddreißiger.«
Dasselbe Kaliber wie die Kugeln, die
man in der Leiche und im Volvo gefunden hatte.
Ich starrte eine Minute lang auf den
leeren Bildschirm und dachte an den zahnärztlichen Befund, anhand dessen man
die Leiche als Lisas identifiziert hatte. Dachte an Marc Emmons, der vermutlich
gewußt hatte, wohin Tracy in jener Nacht unterwegs war und der nach ihrem
Verschwinden plötzlich zu einem der »Stars« im Café Comédie wurde. Und ich
dachte an Jay Larkey und Kathy Soriano, das Gelegenheits-Liebespaar, weil »sich
die Lady besser fühlte«.
Oder fühlte sich der Gentleman damit
sicherer?
Lisa sagte: »Was ist, wenn er erfährt,
daß ich es Ihnen erzählt habe?«
»Er wird es nicht erfahren. Er hat
keine Ahnung, wo Sie stecken. Solange Sie hier bleiben, sind Sie in
Sicherheit.«
Ich würde Stan Gurski anrufen, sobald
ich aus ihrer Wohnung war, und ihm erzählen, was ich herausbekommen hatte. Er
würde sie verhören, womöglich festnehmen, aber das brauchte Lisa jetzt noch
nicht zu wissen. Ich vermutete, daß ihr Vater, der Polizist, der sie geschlagen
hatte, in ihr eine tief verwurzelte Aversion gegen Behörden verursacht hatte.
Ich wollte ihr etwas sagen, das ihr Mut
machte, aber mir fiel nichts ein. So wiederholte ich zum Schluß noch einmal
meinen Rat, daß alles in Ordnung gehe, wenn sie zu Hause bleibe, und
verabschiedete mich.
23
Nach meinem Anruf bei Stan
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