Mord und Brand
nicht durchgehen lassen. Der zniachtige 46 Polizeiagent holte mit seinem Totschläger aus und landete einen wuchtigen Hieb auf dem Buckel des Dicken. Dem verschlug es die Sprache. Im nächsten Moment bekam er von Nechyba einen dermaßen gewaltigen Rempler 47 , dass er das Gleichgewicht verlor und es ihn auf den Hintern setzte. Mit einem Aufschrei stob die Menge auseinander. Zwei grobschlächtige Männer, einer sah mit seiner Schürze und seinem Kapperl wie der Hausmeister des betroffenen Hauses aus, eilten dem Gestürzten zu Hilfe. Nechyba trat vor den Hauherrn hin und schnauzte ihn an:
»Zeigen S’ mir Ihren Ausweis! Den werd ich mir im Polizeigebäude ganz genau anschauen… Inzwischen können Sie sich dort in einer Zelle beruhigen. Ich verhafte Sie wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, wegen Verursachung eines öffentlichen Aufruhrs, wegen Körperverletzung einer hilflosen Frau und wegen Amtsehrenbeleidigung.«
Applaus brandete auf. Nechyba war das peinlich. Schließlich agierte er hier nicht als Mitwirkender einer fahrenden Komödiantentruppe, sondern als Sicherheitsorgan. Grantig rief er der versammelten Menschenmenge zu:
»Schluss! Aus! Ende der Vorstellung. Geht’s heim! Geht’s weiter, schleicht’s euch 48 !«
Und als er in die sich langsam auflösende Menschenmenge sah, erblickte er plötzlich den Oprschalek. Nach einer Schrecksekunde des beiderseitigen Erkennens machte sich der am äußersten Rand stehende Oprschalek fluchtartig aus dem Staub. Nechyba rief dem neben ihm stehenden berittenen Polizisten zu:
»Schnappen Sie sich den da hinten! Den such ma, des is a Mörder!«
Der Berittene beugte sich zu ihm runter und schrie:
»Wen? Herr Inspector, wen?«
»Na, den, der da wegrennt!«
Doch als er dem Polizisten den flüchtenden Oprschalek zeigen wollte, war der verschwunden.
»Er ist in Richtung Taborstraße gerannt. A ganz a dürre Gestalt, ziemlich groß. Einen modischen Mantel hat er ang’habt.«
Der Berittene nickte und lenkte sein nervös tänzelndes Pferd geschickt durch die Menschenmenge. Nechyba sah ihm nach. Plötzlich zupfte ihn jemand am Ärmel. Er sah in das verhärmte Gesicht der delogierten Frau.
»Danke, Euer Gnaden! Danke…«, murmelte sie »dass Sie nicht uns, sondern den Grobian verhaftet haben.«
»Ich bin ka Grobian!«, brüllte der Hausherr und wollte sich auf die Frau stürzen. Doch Pospischil und Fraczyk packten ihn links und rechts am Kragen und rissen ihn zurück. Pospischil trat ihm zur Sicherheit noch in die Kniekehle, halblaut knurrte er: »Kusch!«
Nechyba gab seinen Agenten den Befehl, den Hausherrn abzuführen. Er selbst baute sich nun vor dem verängstigten Hausmeister auf.
»Er ist also der Hausmeister in dem Haus da?«
»Sie sagen es, Exzellenz. Zu Diensten, Euer Gnaden…«
»Sie sind also auch gegen diese Frau da gewalttätig geworden?«
Der Hausmeister wurde blass, er verkrümmte buckelnd seinen Körper und rieb sich unsicher die Hände. ›Eine widerwärtige Kreatur‹, dachte Nechyba, ›ein Arschkriecher nach oben und ein Arschtreter nach unten.‹ Nervös stotterte der Hausmeister:
»Aber nicht… nicht doch, Exzellenz. Nicht so… so wie Sie denken. Ein bi… bisserl g’schubst hab ich s’ viel… vielleicht. Sie werden mich doch nicht ein… einsperren?«
Nechyba sah ihn böse an. Er trat auf ihn zu, packte ihn beim Hemdkragen und zog ihn ganz nahe zu sich her. Dann flüsterte er ihm zu:
»Soll ich dich auch ein bisserl schubsen? Im Verhörzimmer bei uns?«
Der Hausmeister begann nun wie ein frisch gestürztes Sülzchen zu zittern. Ganz leise fuhr Nechyba fort:
»Du kennst doch sicher den einen oder anderen Hausmeister in den Nachbarhäusern da?«
»Ja, Exzellenz, selbstverständlich, Exzellenz.«
»Und? Hat einer von denen eine billige Wohnung frei? Für die Frau und die Kinder?«
Die hausmeisterliche Kreatur verdrehte die Augen. Nechyba nahm nun die zweite Hand zu Hilfe, packte die andere Seite des Hemdkragens und drückte langsam, ganz langsam zu.
»Und?«
»Mein Schwa… Mein Schwager, der was… der Hausmeister in der Floßgasse ist, könnt was frei haben…«
»Könnte oder hat er was frei?«
»Hat… hat was frei…«
Nechyba ließ ihn los. Der Hausmeister rang nach Luft, hustete und spuckte. Der Inspector winkte die Frau zu sich:
»Kommen S’! Gemma in die Floßgasse.«
Mit einem knappen Gruß verabschiedete er sich von den Uniformierten und wollte gerade losgehen, als der berittene Polizist zurückkam.
»Herr
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