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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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Wiener Mädel, das in kleinbürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen war, hatte Fritzi nämlich Angst gehabt, dass er Jude sei, wie der Name vielleicht hätte vermuten lassen. Der Schmäh mit den Tiroler Vorfahren reichte aber aus, um sie von seiner nichtjüdischen Abstammung zu überzeugen. Über die Dummheit der Wiener und deren Vorurteile den Juden gegenüber musste Budka immer wieder den Kopf schütteln. In den nunmehr über fünf Jahrzehnten seines Lebens hatte er nie einen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden erkennen können. Mörder, Gauner und Verbrecher gab es da wie dort. Diesbezüglich kannte er sich wirklich gut aus. Denn im Zuchthaus, in dem er fast 20 Jahre seines Lebens verbracht hatte, gab es solche und solche Mitgefangene. Und diesem absurden Judenhass, den der im letzten Jahr verstorbene Bürgermeister Lueger jahrzehntelang in Wien geschürt hatte, konnte er nichts abgewinnen. Genauso, wie er für das christlich-soziale Pack, das Wien seit nunmehr fast 15 Jahren regierte und das sich hier alle Pfründe gesichert hatte, keine Sympathien empfand. Als er sich im Lavoir Gesicht und Hände wusch und sich in dem Spiegel an der Wand betrachtete, musste er wieder lächeln. Im Schein der flackernden Kerze sah er richtig diabolisch aus. Er dachte an Engelbert Hubendorfer, Direktor des Ersten Wiener Consum-Vereins. Das war ein allseits geachteter Bürger und tadelloser Katholik, der sonntags mit seiner Frau in die Kirche und wochentags mit der Fritzi Nemec ins Bett ging. Ein sogenannter anständiger Mann, der in der Genossenschaft Karriere gemacht hatte. Aber auch solche Herren mussten irgendwann einmal sterben. Und demnächst war der feine Direktor Hubendorfer dran…
     
     
     

XIV.
    Diesmal richtete sich die große, blonde Frau nicht die Bluse, sondern ihren Rock. Genauer gesagt, machte sie sich mit einiger Mühe die Haftln 50 am Rockbund zu. Vom hochgesteckten Haar hingen ihr einige Strähnen links und rechts auf die Schultern. Sie rieb sich die Augen und gähnte herzhaft.
    »Wenn S’ den Herrn Budka suchen, der ist net da.«
    Er registrierte, als sie die Haarsträhnen hochsteckte, dass sich ein recht beachtlicher Busen unter den mannigfaltigen Rüschen ihrer Bluse wölbte. Sich zusammenreißend, sah er ihr direkt in die verschlafenen Augen und sagte:
    »Machen S’ schon wieder Nachtdienst? Gibt’s hier keinen Nachtportier?«
    Sie schaute ihn kurz an, zuckte die Achseln und sagte:
    »Der Gabor, der Nachtportier is, is krank…«
    »Sie Arme. Na ja, bei dem Wetter ist es auch kein Wunder, wenn man krank wird. Ein paar Tage war’s so schön frühlingshaft und jetzt regnet’s schon wieder Schusterbuben 51 .«
    Sie schmunzelte ob seiner Bemerkung und sagte in einem vertraulicheren Ton, bei dem man plötzlich ihre böhmische Herkunft heraushörte:
    »Unsereiner, was nur Hilfskraft is, kann nix aussuchen. Wenn Chef sagt: Du springst für Nachtportier ein, dann ich Nachtportier…«
    »Und was macht das gnädige Fräulein sonst in diesem Haus?«
    »Ach… Ich Mädchen für alles. Sekretärin, Buchhalterin und bei Bedarf auch Nachtportier. Chef sagt: Ich seine rechte Hand.«
    »Er scheint Ihnen zu vertrauen, Ihr Chef…«
    »Ach, der Chef…«, sie seufzte und sagte dann in geschäftsmäßigem Ton: »Herr Budka hat nix g’sagt, wann er wiederkommt. Wenn S’ wollen, können S’ eine Nachricht dalassen. Oder Sie warten bisserl im Café nebenan. Meistens kommt Herr Budka gar nicht so spät zurück ins Hotel.«
    Oprschalek, der unbedingt mit Budka sprechen wollte, überlegte kurz und entschied sich für die Kaffeehausvariante. Mit einem vertraulichen Augenzwinkern und einem freundlichen »Adieu, bis später…« verabschiedete er sich.
     
    Durch stürmische Regenschauer eilte er ins Café Hungaria, wo er sich mit einer Zeitung in einem gemütlichen Eckerl niederließ. Außer einigen Tarockspielern und einigen Zeitung lesenden Gästen war hier nicht viel los. Bei dem, erst nach geraumer Zeit daherkommenden, gelangweilt dreinschauenden Ober bestellte er einen ›Margiloman‹. Der Ober stutzte. Er dachte kurz nach und nuschelte dann:
    »Einen Mokka mit Kognak gespritzt für den Herrn?«
    Oprschalek nickte grinsend und der Kellner entfernte sich. Er blätterte in der Zeitung. Dies und das lesend, fiel ihm plötzlich, da er ja im Café Hungaria saß, ein Artikel mit der Überschrift ›Magyarische Anmaßung‹ auf. Es wurde über ein Fußballspiel zwischen dem Wiener Athletiksportklub und dem Wiener

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