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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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gläubiger Mensch wahrscheinlich christlichsozial gewählt. Da jedoch Frauen bei diesen Wahlen sowieso nicht wahlberechtigt waren, beschloss sie, sich darüber nicht weiter den Kopf zu zerbrechen. Sie konzentrierte sich nun wieder darauf, dass in der Küche nichts schiefging. Sie befahl der Gerti, den Stefaniebraten, der im Rohr brutzelte, zu übergießen, am Herd Milch zu wärmen und Holzscheiter in den Küchenofen nachzulegen. Sie selber seufzte leise beim Schälen der heißen Erdäpfel. Eine unangenehme Arbeit, aber für die Zubereitung eines Pürees mussten die Erdäpfel heiß sein. Als diese Arbeit schließlich erledigt war, drückte sie Gerti mit den Worten »Das kannst auch mit deinem verletzten Daumen machen« den Stampfer in die Hand. Schnaufend verarbeitete Gerti die Erdäpfel zu einem zähen Brei. Die Köchin fügte Butter und warme Milch hinzu, dann würzte sie das Erdäpfelpüree 91 mit Salz und geriebener Muskatnuss. Und während Gerti nun die Masse kräftig verrührte und dabei ganz schön ins Schwitzen kam, kümmerte sich die Köchin um den Germteig, den sie an einem geschützten Ort hatte ruhen lassen. Er war wunderbar aufgegangen, sodass sie ihn nun ausrollen und in handliche Quadrate schneiden konnte. Jedes dieser Quadrate bestrich sie mit Powidl 92 sowie mit einer Mohn- und einer Topfenmasse, dann klappte sie die Ecken zur Mitte zusammen. Die solchermaßen entstandenen böhmischen Golatschen kamen auf ein mit Butter bestrichenes Backblech, das Aurelia Nechyba in das zweite Backrohr des großen, mit Keramikkacheln verkleideten Herdes schob. Schlussendlich kostete sie noch die Brennnesselsuppe, die schon fix und fertig am Herd zum Warmhalten stand. In einer Pfanne zerließ sie etwas Butter und gab frisch geschnittene Weißbrotwürfel hinein. Als diese sich in knusprige Croutons verwandelt hatten, wurden sie aus der Pfanne gehoben und in eine kleine Schüssel gegeben. Damit war das Abendessen fertig. Just in diesem Augenblick erschien die gnädige Frau in der Küche. Sie naschte von den noch ziemlich heißen Croutons, kostete mit einem Löffel von der Brennnesselsuppe und steckte schließlich einen Finger ins Püree. Ihn ablutschend schwärmte sie:
    »Aurelia, was immer Sie in der Küche zaubern, es ist einfach wunderbar…«
    Der Köchin waren solche Lobhudeleien seit jeher peinlich. Deshalb war sie sehr froh, dass in diesem Moment die Wohnungstür aufgesperrt wurde und Hofrat Schmerda von der Arbeit heimkam. Seine Gattin verließ die Küche, um ihn zu begrüßen. Für die Köchin und das Dienstmädel hieß es jetzt aber: So rasch wie möglich die Suppe servieren! Denn der Hofrat hatte immer einen riesigen Flammóh 93 .
     
    Kurz vor acht Uhr abends war die Schlacht geschlagen. Der Hofrat hatte sich in sein Arbeitszimmer auf eine Verdauungszigarre und ein Stamperl Schnaps begeben. Die Zwillingsschwestern Bernadette und Charlotte waren von den beiden Herrn Verlobten abgeholt worden, die sie zu einer Tanzveranstaltung ausführten. Und die gnädige Frau hatte sich mit einer leichten Migräne in das eheliche Schlafzimmer zurückgezogen. Gerti trug schnaufend und schwitzend Berge von Geschirr vom Esszimmer in die Küche, wo Aurelia Nechyba die Speisereste von den Tellern entfernte und diese in ein mit brennheißem Wasser gefülltes Schaffel versenkte. Den eigentlichen Abwasch machte dann Gerti. Das sowie das Aufräumen des Esszimmers gehörten zu ihren abendlichen Pflichten. Gerade als Aurelia Nechyba ihre Kochschürze abgelegt und eine leichte Sommerjacke übergestreift hatte, läutete es an der Wohnungstür. Sie hörte, wie Gerti zur Tür ging und flötete:
    »Guten Abend, Herr Inspector!«
    Aurelia wunderte sich, dass ihr Mann sie heute vom Dienst abholte. Das geschah äußerst selten. Schnell warf sie einen prüfenden Blick in den kleinen Taschenspiegel, den sie hastig aus ihrer Handtasche herausgekramt hatte und rückte sich das aufgesteckte Haar zurecht. Dann stand Nechyba schon hinter ihr, drehte sie zu sich herum und küsste sie dezent auf die Wange, da das Dienstmädchen mit großen, neugierigen Augen zusah.
    »Gerti, nimm zum Abtrocknen ein frisches Geschirrtuch. Das alte riecht schon komisch. Und morgen Früh gehst gleich nach dem Aufstehen in den Hof hinunter und heizt den Kessel in der Waschküche an! Morgen werden die Tischwäsche und das Bettzeug der Herrschaft gewaschen.«
    »Jawohl, Frau Aurelia. Wünsche einen schönen Abend, Frau Aurelia!«
    Als sie sich unten auf der Straße in ihren

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