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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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Filmgeschäft tätig‹, dachte er sich. Und als die Sprache auf Nechyba kam, erzählte Schöberl, dass dieser im Frühjahr die Filmfirma, in der er gearbeitet hatte, endgültig geschlossen hatte 105 . Sein ehemaliger Chef, Johann Schwarzer, hatte ihm aber einen Kontakt zu Graf Kolowrat gelegt. Der hatte letztes Jahr in Böhmen die Sascha Film gegründet und überlegte nun, eine Dependance in Wien zu eröffnen. Deshalb war er im Moment zwar arbeitslos, hatte aber berechtigte Hoffnung, im Filmgewerbe wieder eine Anstellung zu finden. Beim anschließenden Tarockieren meinte es das Glück gut mit Schöberl. Es bescherte ihm ständig ausgezeichnete Karten, so dass er nach etwas über zwei Stunden beachtliche sechs Kronen gewonnen hatte. Da Goldblatt zu diesem Zeitpunkt aber bereits fast drei Kronen verloren hatte, beendete er das Spiel, zahlte und ging. Draußen empfing ihn drückende Hitze; von einer abendlichen Kühle war nichts zu merken. Die gepflasterten Straßen und Gehwege strahlten die während des Tages gespeicherte Wärme ab, die in der tief stehenden Sonne flirrte. Die zahlreich herumliegenden Pferdeäpfel der Kutschen und Fuhrwerke verbreiteten einen bestialischen Gestank. ›Zu dieser Jahreszeit sollte man nicht in der Stadt sein. Irgendwo Sommerfrische machen, das wäre jetzt genau das Richtige…‹. Während Goldblatt die Fillgraderstiege zur Mariahilfer Straße emporstieg, überlegte er ernsthaft, wo er zwei Wochen Urlaub machen könnte. Und als er überhaupt nicht mehr an Nechyba dachte, kam ihm plötzlich eine Eingebung. Natürlich! Nechyba, bequem wie er war, hatte wahrscheinlich das Café Schottenring zu seinem neuen Stammcafé erkoren. Das lag genau zwischen dem Polizeigebäude und der Polizei-Direction. Und da Goldblatt heftigst schwitzte und sich nach nichts mehr sehnte als nach einem eiskalten Mazagran 106 , stieg er bei der Babenberger Straße in einen Ringwagen ein und fuhr bis zur Börse. Denn direkt gegenüber diesem Geldtempel befand sich das Café Schottenring. Goldblatt spazierte in das Kaffeehaus hinein und dort mit schlafwandlerischer Sicherheit auf den hinter einer Zeitung verschanzten Nechyba zu.
    »Da also verstecken Sie sich!«, begrüßte er den Inspector.
    Nechyba fuhr zusammen, als ob ihn der Blitz getroffen hätte. Wie ein ertappter Schulbub sah er von seiner Zeitung auf und bekam einen roten Kopf. Goldblatt setzte sich zu ihm an den Tisch und orderte beim Ober den ersehnten Mazagran. Nechyba hielt nach kurzem Zögern die Zeitung wieder empor und tat so, als ob Goldblatt nicht anwesend wäre.
    »Na, sind wir ein bisserl eing’schnappt? Spielen wir die beleidigte Leberwurst?«, fragte Goldblatt. Grinsend gestand er sich ein, dass er den trutzenden Nechyba richtig goldig fand. Gerade als er Nechyba diesen Eindruck an den Kopf werfen wollte, senkte der die Zeitung und knurrte:
    »Ihre plumpen Vertraulichkeiten können Sie sich sparen.«
    Nechyba stierte ihn böse an. Goldblatt lachte laut auf. Der Piccolo brachte den Mazagran. Goldblatt schlürfte mit Genuss die belebende Köstlichkeit und erwiderte:
    »Nechyba, führen Sie sich doch nicht auf wie ein kleiner, trotziger Bub… Aus dem Alter sind Sie wahrlich schon heraußen.«
    Des Inspectors Schädel wurde wieder rot, diesmal vor Zorn.
    »Ich verbitte mir aufs Entschiedenste, dass Sie mich analysieren. Das sollten Sie Fachleuten wie Ihrem Doktor Freud überlassen. Sie… Sie… Zeitungsschmierer, Sie!«
    Goldblatt grinste verlegen und dachte sich: ›Ui, jetzt wird er ausfällig. Ich hab anscheinend einen wunden Punkt getroffen.‹ In begütigendem Tonfall sagte er:
    »Nechyba, kommen S’… Samma wieder gut. Mit dem Zeitungsschmierer haben S’ ja manchmal vielleicht sogar recht…«
    Nechyba lugte verblüfft hinter seiner Zeitung hervor. Dass Goldblatt ihm Recht gab, hatte er noch nie erlebt. Er seufzte und ließ die Zeitung sinken.
    »Das hab’ ich net so g’meint… ich wollt’ Sie nicht beleidigen.«
    »Ich bitt’ Sie! Wo Sie recht haben, haben Sie recht. Und ich entschuldige mich in aller Form, dass ich Sie seinerzeit nicht vorab über den Oprschalek-Artikel informiert habe.«
    Grunzend nahm Nechyba die Entschuldigung an. Goldblatt bestellte sodann zwei Gläser Cognac, die beiden stießen an und waren wieder versöhnt. Als der edle Weinbrand im Magen eine behagliche Wärme erzeugte, lehnte sich Goldblatt zufrieden zurück, atmete tief durch und fragte Nechyba en passant:
    »Sagen S’, hat Ihnen eigentlich mein Zund 107

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