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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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zu Minute unsympathischer. Dieser Herr Direktor war ein echter Erbsenzähler. Einer, der ganz genau wissen wollte, wieviel Provision bei welcher Auftragshöhe in seine Tasche fließen würde. Zum Glück trank er an diesem wahnwitzig heißen Abend zügig. Da Hubendorfer offensichtlich eine schwache Blase hatte, musste er des Öfteren auf die Toilette gehen. Budka nützte jede dieser Pausen, um jeweils einen Schuss Wodka, der bekanntermaßen geschmacks- und geruchlos ist, in Hubendorfers Bier zu kippen. So wurde der Direktor allmählich so blau wie der wolkenlose, sommerliche Himmel über ihnen. Und weil sich im angesoffenen Zustand der Charakter eines Menschen erst recht offenbart, rechnete Hubendorfer auf einem Stück Papier, besoffen lallend, die unterschiedlichsten Provisionsvarianten durch. ›Du gieriger Fallot 110 ‹, dachte Budka, räusperte sich und fragte mit schmierigem Lächeln:
    »Trink’ ma noch ein Bierchen, Herr Direktor. Es kost ja nix… geht alles auf meine Rechnung.«
    Dieser Argumentation hatte Hubendorfer nichts entgegenzusetzen, obwohl er vom Alkohol schon schwer gezeichnet war. Ein dünner Speichelfaden rann ihm aus dem Mundwinkel, seine Augen waren glasig und der Kopf wackelte hin und her. Budka grinste. Jetzt hatte er ihn bald so weit. Er zog seine Taschenuhr hervor, ein gebrauchtes Stück, das er unlängst bei einem Uhrmacher in der Leopoldstadt günstig erworben hatte und stellte zufrieden fest, dass es bereits 40 Minuten nach sieben Uhr war. ›Jetzt müsste Schottek, der Depp, bereits am Werk sein… Hoffentlich hat er sich nicht im allerletzten Moment ins Hemd gemacht!‹ Wobei er Schottek heute noch ins Gewissen geredet hatte. Auch ein klein wenig Mut hatte dieser sich antrinken dürfen, damit die Sache auch wirklich klappte. »Schottek!«, hatte er gesagt, als er sich um halb fünf Uhr nachmittags aufgemacht hatte, um Hubendorfer abzuholen. »Sei einmal in deinem Leben ein richtiger Mann. Zeig den G’frastern von der Nordbahn, dass sie dir nicht ungestraft den Pschistranek 111 geben dürfen. Tritt sie in den Arsch. Schottek, denk dran: Rache ist Blutwurst!« Vor seinem geistigen Auge sah er das entschlossene, kalte Lächeln, das um Schotteks Mund gespielt hatte. Nun war der Zeitpunkt der Wahrheit gekommen. Er animierte Hubendorfer, von seinem Bier zu trinken und nahm selbst auch einen kräftigen Schluck. Als Hubendorfer sich wiederum Richtung Toilettenanlage entfernte, goss er einen weiteren Schuss Wodka aus der Flasche, die er bestellt hatte, in dessen Bier.
    »Heans, Sie! Was machen S’ denn do? Sehn S’ net, dass der Herr an Ihrem Tisch eh schon mehr als g’nug getrunken hat?«
    Budka sah den Tischnachbarn an, rückte seinen Sessel dicht an ihn heran, legte freundschaftlich einen Arm um den Unbekannten und sagte:
    »Wir machen einen Geschäftsabschluss und das müssen wir ordentlich begießen. Sonst halt das G’schäft nicht. Wissen S’?«
    Während er das in freundlichem Ton sagte, griff er dem Mann unterm Tisch zwischen die Beine und quetschte dessen Hoden zusammen. Der Kerl schrie auf. Budka hielt ihn eisern fest. Er beugte sich zu ihm und flüsterte in sein Ohr:
    »Wennst dich net sofort um deinen eigenen Schas kümmerst, singst ab morgen im Knabenchor. Hast mich verstanden?«
    Der Mann, nun käseweiß im Gesicht, nickte heftig und atmete tief durch, als die Hand endlich losließ. Seine Begleiterin, die bisher mit den anderen an ihrem Tisch laut gescherzt hatte, wandte sich ihnen zu und keppelte:
    »Franzl! Lass den Herrn in Ruhe. Und sauf net so viel. Das vertragst net. Du bist schon ganz weiß im G’sicht…«
    Hubendorfer kam zurück, Budka hob das Glas und widerstandlos erhob es auch sein Geschäftspartner. Sie stießen an und nahmen einen kräftigen Schluck. Um Hubendorfer bei Laune zu halten, begann Budka über Provisionen von bis zu 20Prozent der Einkaufssumme zu phantasieren. Obwohl Hubendorfer schon sehr betrunken war, überhörte er die 20 Prozent nicht.
    »Twantig Broz…ent? Das ist ge… gewaltig… darauf trink ma!«
    Budka grinste und prostete aufs Neue Hubendorfer zu. Der zog mit fahrigen Bewegungen ein Notizbuch und einen Bleistiftstummel aus der Tasche, klappte es auf und kritzelte wirre Zahlenkolonnen hinein. Dabei fiel ihm die Kinnlade herunter und es bildete sich neuerlich ein Speichelfaden, der aus seinem Mund tropfte. Unwirsch wischte er ihn mit dem Handrücken ab und rechnete weiter. Budka sah indessen neuerlich auf die Uhr. Es war mittlerweile

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