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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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Tarockpartner, der schwergewichtige Nechyba, ab. Dessen Verschwinden datierte er mit dem Tag, als der Artikel über sein Gespräch mit dem Feuerteufel Oprschalek veröffentlicht worden war. Mit allem hatte Goldblatt gerechnet– er hätte dem dicken Nechyba sogar verziehen, wenn er ihn im Landtmann vor allen Leuten zur Sau gemacht hätte. Aber, dass Nechyba sich einfach nicht mehr blicken ließ, das traf ihn sehr. Deshalb hatte er, als ein gewisser Budka in der Redaktion aufgetaucht war und ihm versichert hatte, dass der gesuchte Oprschalek im Hotel Hungaria im 3. Wiener Gemeindebezirk untergeschlüpft und dort als Sicherheitsagent angestellt sei, diese Information nicht für sich selbst genutzt. Er hatte vielmehr ein kurzes Brieferl an Nechyba geschrieben und es von einem Dienstmann ins Polizeigebäude bringen lassen. Das war nun mehr als eine Woche her und es hatte in der Zwischenzeit keine Reaktion von Nechyba gegeben. All das ärgerte Goldblatt. Und so machte er sich nun höchstpersönlich auf die Suche nach dem Inspector. Von den Redaktionsräumlichkeiten im 9. Bezirk hatte er es nicht weit ins Polizeigebäude an der Elisabethpromenade. Dort meldete er sich beim diensthabenden Sicherheitswachmann in der Portierloge und sagte, dass er den Herrn Inspector Nechyba sprechen wollte. Der fragte noch einmal nach Goldblatts Namen, hob dann den Telefonhörer ab und rief Nechyba im k.k. Polizeiagenteninstitut an. Mit leicht grantigem Unterton raunzte er ins Telefon, dass ein gewisser Redakteur Goldblatt den Herrn Inspector sprechen wolle. Konzentriert lauschte er in den Hörer, sagte dann kurz »Ist in Ordnung« und legte auf. Daraufhin beschied er dem Redakteur, dass der Inspector Nechyba nicht zu sprechen sei.
    Prack! Das war eine Ohrfeige, die saß. Sein alter Freund Nechyba, den er mittlerweile seit über 15 Jahren kannte, war für ihn nicht zu sprechen. Das kränkte Goldblatt. Andererseits, dachte er sich, als er wie ein begossener Pudel den Ring hinunterging, hatte er Nechyba ja hintergangen. Ohne ihm ein Wort zu sagen, hatte er den Artikel über Oprschalek, der immerhin ein gesuchter Krimineller war, veröffentlicht. Goldblatt seufzte. Dafür würde er sich wohl entschuldigen müssen. Aber zuerst musste er Nechyba finden. Und da ihm nichts Besseres einfiel, als die Erinnerungen an die alten, gemeinsamen Zeiten, begab er sich ins Café Sperl. Vielleicht würde Nechyba hier nach Dienstschluss auftauchen…
     
    Mit dem Gefühl seltsamer Wehmut, als ob er nach Jahrzehnten einen Ort seiner Jugend wieder einmal aufsuchte, betrat er das Café Sperl. Von den Kellnern wurde er mit einem freundlichen »Habe die Ehre, Herr Redakteur« sowie mit einem »Ah, der Herr Doktor Goldblatt« empfangen. Es war so wie früher. Auf die Frage »Wie immer?« nickte Goldblatt und bekam etwas später einen tadellosen ›Goldblatt‹ serviert. Und plötzlich hatte er die fröhliche Gewissheit, dass diese von ihm erfundene Kaffeekreation– ein Türkischer mit einem Schuss Trebernen– ihn im Sperl und wahrscheinlich auch im Landtmann überleben würde. »So bleibt wenigstens irgendwas von mir der Nachwelt erhalten…«, murmelte er. Der eingefleischte Junggeselle, der eine innere Abwehr gegen Frauen, Kinder und Familie hatte, lächelte versonnen vor sich hin.
    »Gut schaun S’ aus… Wie geht’s denn immer so? Ist es gestattet?«
    Mit dieser Frage setzte sich Cafetier Adolf Kratochwilla zu ihm an den Tisch und begann, über Gott und die Welt zu plaudern. Als schließlich der Scharfrichter Lang erschien, beschlossen die drei Herren, einen Vierten für eine Tarockpartie zu suchen.
    »Vielleicht kommt auch der Nechyba«, bemerkte Goldblatt, »dann wäre unsere Runde so wie in alten Zeiten komplett.«
    »Den Nechyba hab’ ich schon lang nimma g’sehn…«, murmelte der Scharfrichter Lang und Kratochwilla winkte einen Gast, der das Café gerade betreten hatte, an den Tisch. Es war der ehemalige Fleischhauergeselle Anastasius Schöberl, der bis vor Kurzem sehr erfolgreich im neumodischen Filmgeschäft gearbeitet hatte.
    »Schöberl! Kommen S’ her zu uns! Haben S’ Lust auf eine Runde Tarock?«
    Schöberl begrüßte die Anwesenden und vor allem Goldblatt herzlich. Er setzte sich und bestellte eine Melange mit Haut und Schlag. Goldblatt musterte ihn verstohlen, während er an der Kaffeeschale nippte. ›Unglaublich, was manche Menschen in einem einzigen Leben durchmachen. Zuerst Fleischhauer, dann Griasler 104 und jetzt erfolgreich im

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