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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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hätte dem unverschämten Strolch am liebsten mitten im Kaffeehaus eine in die Goschen gehaut. Zurück hielt ihn unter anderem der Gedanke, dass er Oprschalek beim Mittagessen ordentlich schädigen werde. Jawohl! Er würde sich nur die teuersten Speisen bestellen und beim Wein darauf bestehen, dass zur Feier des Tages nur edle Bouteillenweine bestellt werden sollten. Ja, so würde er es machen! Und auch der Schnaps soll in Strömen fließen. Dann würde der Angeber eine geschmalzene Rechnung serviert bekommen. Diese Aussichten stimmten ihn froh. Und da Oprschalek derzeit offensichtlich im Geld schwamm, sagte er zu ihm:
    »Geh, Frantisek, sei so gut. Übernimm doch auch die Rechnung da im Dobner.«
    Nachdem Oprschalek gezahlt und die beiden Männer das Café verlassen hatten, fiel Budka eine großgewachsene, kräftige, dunkelhaarige Frau auf der Naschmarktseite der Wienzeile auf. Sie starrte zu ihnen herüber. Nach ihrer langen, weißen Schürze und den beiden vollen Einkaufskörben zu schließen, musste die Frau Köchin sein. Diese Beobachtung führte Budka zu der Überlegung, dass Oprschalek vielleicht doch von anderen erkannt werden könnte. Dann wäre es für ihn selbst äußerst gefährlich, sich in Gesellschaft eines gesuchten Schwerverbrechers zu befinden. Damit war Oprschalek nicht nur ein Ärgernis für ihn, sondern eine potenzielle Bedrohung. Der Kerl wusste viel zu viel über Budka. Und wer weiß, ob er nicht doch verhaftet werden und dann auch über seinen Freund Budka auspacken würde?
     
    Beim gemeinsamen Mittagessen in den ›3 Hacken‹ verspeiste Budka als Vorspeise Forellenkaviar auf Toast, dann Dukatenschnitzerl vom Kalbslungenbraten sowie eine Riesenportion Salzburger Nockerln als Nachspeise. Dazu tranken er und Oprschalek drei Bouteillen erstklassigen Gumpoldskirchner. Nun waren sie bei den Schnäpsen angelangt. Hier hielten sie sich, aufgrund der Völlerei, der sie sich hingegeben hatten, an Becherovka. Ein böhmischer Kräuterbitter, der bei Völlegefühl wahre Wunder zu wirken vermochte. Budka war träge und faul. Aber Oprschalek hatte noch nicht genug. Er schwafelte von früheren Zeiten und von ihren gemeinsamen Besäufnissen im Esterhazykeller. Als er Budka vorschlug, jetzt dorthin zu gehen und weiter zu saufen, hatte dieser eine Idee.
     
    Es war schon nach Mitternacht, als Budka den stockbesoffenen Oprschalek die steilen Treppen des Esterhazykellers hinaufschleppte. Er ging mit dem auf ihn gestützten und nur mehr leise vor sich hinlallenden Schneidergesellen über den weiten Platz am Hof zur Wipplinger Straße. Dort wandte sich das schwankende Duo Richtung Börse. Auf der neuen, im modernen sezessionistischen Stil errichteten Hohen Brücke sah sich Budka um, ob sie sich auch alleine auf der Straße befänden. Da dies der Fall war, lehnte er den schwankenden Oprschalek an das halbhohe Brückengeländer. Dann sah er sich nochmals um und holte aus. Ein Faustschlag traf Oprschaleks Brust. Der schnappte nach Luft, die Augen weit aufgerissen. Er schwankte, ruderte wild mit den Armen, kämpfte ums Gleichgewicht, kippte nach hinten. Ein dumpfer Aufschlag folgte. Budka war nun stocknüchtern. Er ging ans Ende der Brücke und eilte die Stiegen hinunter in den Tiefen Graben. Einsam lag Oprschaleks Körper auf der Straße. Budka trat neben ihn und beobachtete, wie sich eine Blutlache vom Kopf her unter Oprschalek ausbreitete. Er ging in die Knie und zog mit spitzen Fingern Oprschaleks Portemonnaie hervor. Dabei achtete er peinlich darauf, sich die Hände nicht blutig zu machen. Ein Fiaker kam müde angetrottet. Budka sprang auf und rief dem Kutscher zu:
    »Ein Lebensmüder. Der is von der Bruck’n runterg’sprungen. Schnell! Holen S’ Hilfe! Schnell!«
    Der Fiakerfahrer schnalzte mit der Peitsche und fuhr flott weg. Budka aber steckte das Portemonnaie ein und spazierte seelenruhig davon. Nicht ohne dabei leise eine Melodie zu pfeifen.
     
     
     

VI/2.
    Der hintere Teil des Schädels war Brei . Ein Gemisch aus Knochensplittern, Hirnmasse und Blut. Als Nechyba die Leiche umdrehte, sah er das Antlitz eines bärtigen Mannes mit Goldbrille. Die Brillengläser waren zersprungen und blutverschmiert. Als er dem Toten vorsichtig die Brille abnahm, sah er in blassblaue, vor Schreck geweitete Augen. Nach einem kurzen Moment des Zauderns schloss er die Lider des Toten. ›Möge der Herrgott der armen Sau verzeihen…‹, dachte Nechyba und erhob sich mühevoll aus der Hocke. Die Knie krachten, die Beine

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