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Mord und Brand

Mord und Brand

Titel: Mord und Brand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
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Brücke runtergesprungen ist…? Der hatte Papiere auf den Namen Goran Brezina bei sich. Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, waren diese Papiere nur Papierln. Eine ziemlich plumpe Fälschung, so wie man sie in jedem zweiten Beisl 131 unten im Prater bekommt.«
    »Und? Was hat der Brezina oder wie immer er g’heißen hat mit dem Hotel Hungaria zu tun?«
    »Mehr als Sie vermuten. Denn der gute Brezina hat heuer eine Zeit lang im Hotel Hungaria gewohnt.«
    »War der auch ein Mädchenhändler?«
    »Geh, wo denn! A Mädchenhändler war des net. Aber a Mörder und a Brandstifter. Der Brezina ist nämlich in Wirklichkeit der Frantisek Oprschalek, der Mann von Ihrer ehemaligen Aufräumfrau. Der Feuerteufel aus Ihrem Artikel…«
    »Das ist aber jetzt net wahr…«
    »Doch, doch… Sie wissen ja, dass ich beim Brezina, also beim toten Oprschalek, das handschriftliche Geständnis vom Friedmann g’funden hab’, dass der seit Jahren minderjährige Mädeln missbraucht. Das hat mir keine Ruh’ lassen. Und so bin ich heute zu Mittag noch einmal ins Hotel Hungaria. Dort hab ich mir die Bozena g’schnappt, bin mit ihr ums Eck ins Kaffeehaus gegangen und hab’ ihr, während sie eine Melange geschlürft hat, das Geständnis gezeigt. Da ist sie kaasweiß g’worden und wollt wissen, woher ich den Schrieb hab. Also hab ich es ihr erzählt. Drauf hat’s zum Rern 132 ang’fangen. Als sie sich wieder beruhigt hat, hat’s mir erzählt, dass der Oprschalek ihr Geliebter gewesen war und dass der das Geständnis dem Friedmann unter Anwendung von körperlicher Gewalt abgepresst hat. Und dann hat’s mir erzählt, dass der Oprschalek über zwei Monate lang im Hotel Hungaria g’wohnt hat. Gell, da schaun S’?«
    Goldblatt zückte Notizbuch und Bleistift und hielt diese Fakten schriftlich fest. Dann schüttelte der Redakteur den Kopf und sagte:
    »Man kann wirklich in keinen Menschen hineinschaun. All das hätt’ich dem Oprschalek nie zugetraut. Der ist früher ein ganz ein ruhiger Mensch g’wesen. Ein Schneidergeselle, der sich bei den Sozialdemokraten engagiert hat. Ein Mann, der halt gewisse Dinge in unserem Staat geändert haben wollte. Manchmal hat er auch einen über den Durst getrunken… aber sonst… völlig unauffällig. Und plötzlich entpuppt er sich als Mörder, Brandstifter und Gewalttäter. Unglaublich, was in manchen Menschen so alles drinnen steckt…«
    Nachdenklich zündete sich Nechyba eine Virginier an und gab Goldblatt, der gerade eine verknautschte Zigarette aus seinem Sakko fischte, ebenfalls Feuer. Schweigend rauchten beide eine Zeit lang, bis Goldblatt plötzlich schmunzelnd sagte:
    »Wer weiß, was in Ihnen alles drinnen steckt, Nechyba. Welche Abgründe Sie vor uns verbergen…«
    Der Inspector zuckte zusammen. Er bekam einen roten Schädel und vermied es, Goldblatt anzusehen. Vielmehr rutschte er nervös hin und her und paffte hektisch Rauch in die Luft.
    »Na, was haben Sie für ein Geheimnis? Was bedrückt Sie, Nechyba?«, insistierte Goldblatt, der bemerkt hatte, dass er völlig unbewusst einen wunden Punkt erwischt hatte. Nechyba lehnte sich zurück, schloss die Augen und nuckelte an seiner Zigarre. Er räusperte sich und sagte plötzlich mit leiser Stimme:
    »Sie wissen ja gar nicht, wie recht Sie haben, Goldblatt.«
    Er paffte weiter seine Zigarre und sagte dann:
    »Seit über drei Wochen schlepp ich jetzt schon eine Sache mit mir herum, die mich wahnsinnig bedrückt. Jedes Mal, wenn ich daran denk’, bekomm’ ich Magenschmerzen… Aber vielleicht hilft’s was, wenn ich jemandem davon erzähle…«
    Dann beugte sich der große, dicke Mann vor und beichtete seinem schmächtigen Zuhörer die Geschichte, wie er der Frau Hubendorfer die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbracht hatte, von ihrem Nussschnaps und dem betörenden Parfum, das ihn an seine Jugendliebe Martha Koslowski erinnert hatte. Und von dem Seitensprung, den er aufs Bitterste bereute. Als Nechyba geendet hatte, drehte sich Goldblatt um und rief dem nächsten Kellner zu:
    »Zwei doppelte Treberne!«
    Dann neigte er sich zu Nechyba und sagte:
    »Wissen Sie, Nechyba, das macht sie wirklich sympathisch. Bisher hab’ ich Sie immer für einen verklemmten, moralinsauren Kleinbürger gehalten, der sich mit einem Panzer aus Prüderie und Vorurteilen gewappnet hat. Jetzt zeigen Sie erstmals menschliche Züge…«
    »Lieber wäre ich der verklemmte, moralinsaure Kleinbürger geblieben und hätte weiterhin ein reines Gewissen. Sie können

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