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Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Hilde und vor Thekla, wenn ich nicht einmal den Versuch hätte machen dürfen, etwas Nützliches herauszufinden.«
    »Streifen«, sagte die Verkäuferin. »Streifen machen sich gut in einem Büro. Sie wirken so seriös.«
    Wally nickte zerstreut und kramte nach dem Zettel, auf den sie die Abmessungen gekritzelt hatte.
    Die Verkäuferin wickelte den Stoff vom Ballen. »Sie nähen die Vorhänge selbst?«
    Wieder nickte Wally bloß. Sie musste der Frau ja nicht auf die Nase binden, dass sie den Stoff zu Erika Schober bringen würde, bei der sie schon seit zwanzig Jahren nähen ließ und die für die Arbeit viel weniger berechnen würde als die Dekorationsabteilung von Hafner.
    Die Verkäuferin setzte die Schere an.
    Hebbelstraße, dachte Wally. Erika wohnt in Nummer elf. Und gleich daneben ist die Punkt-Apotheke. Da lege ich los.
    Wally war so aufgeregt, dass ihre schweißnassen Hände am Portemonnaie kleben blieben, als sie an der Kasse stand.
    Ich muss in den Apotheken erst einmal was kaufen, dachte sie und legte statt eines Geldscheins den Zettel mit den Abmessungen auf den Kassentresen. Salbeibonbons vielleicht und Heftpflaster. Während des Einkaufs versuche ich dann, ein Gespräch anzufangen.
    Zwei Stunden später besaß Wally außer drei Tüten Salbeibonbons und einigen Packungen Pflaster ein Fieberthermometer, einen Packen Mullbinden, drei Tuben Wund- und Brandsalbe, vier verschiedene Sorten Kräutertee, Calcium- und Magnesiumtabletten und so gut wie keinerlei Informationen. Sie ließ sich in einen jener Sessel aus Plastikgeflecht fallen, die diesen Sommer in den Straßencafés alle anderen Sitzmöbel verdrängt hatten, bestellte sich einen Eisbecher mit Sahne, Armarenakirschen und Schokoladensoße und überdachte ihre Strategie.
    Sie war in der Punkt-, der Sonnen-, der Löwen- und der Theresien-Apotheke gewesen und immer nach dem gleichen Schema vorgegangen: Zuerst hatte sie sich beraten lassen, dann hatte sie dies und jenes gekauft, und irgendwann hatte sie damit angefangen, von ihrem angeblichen Enkel zu erzählen, der Epileptiker war.
    »Das ist nicht einfach für meine Tochter – wirklich nicht. Manchmal denke ich, es würde ihr helfen, wenn sie sich mit jemandem austauschen könnte, der in derselben Lage ist wie sie.«
    Daraufhin hatte Wally viele verständnisvolle Worte gesagt bekommen, aber nirgends eine Antwort auf die Frage erhalten, auf die es ihr im Grunde ankam: »Ihnen ist nicht zufällig jemand bekannt, der auch unter dieser Krankheit leidet? Fällt Ihnen wirklich niemand ein? Epileptiker müssen doch bestimmte Medikamente nehmen – Barbiturate, nicht wahr? Vielleicht löst jemand regelmäßig so ein Rezept in Ihrer Apotheke ein. Es wäre unendlich hilfreich für uns, mit Leidensgenossen Kontakt aufnehmen zu können.«
    Während Wally ihr Eis löffelte, kreisten ihre Gedanken um die Gespräche, die sie geführt hatte.
    Hilde hatte unrecht, dachte sie und hebelte eine tiefschwarze Amarenakirsche auf den Löffel. Man hat mir die Information, um die ich gebeten habe, nicht absichtlich vorenthalten. Vielen hat es sogar sichtlich leidgetan, dass sie mir nicht mit einer kleinen Auskunft weiterhelfen konnten.
    Vergangenen Mittwoch im Krönner hatte Hilde wiederholt prophezeit, dass Wally keine Antworten bekommen würde, weil eben auch Apotheker an eine Schweigepflicht gebunden seien und die Gebrechen ihrer Kundschaft nicht in alle Welt hinausposaunen durften.
    Aber mit ihrem anderen Einwand könnte sie recht gehabt haben, sinnierte Wally während des Herunterschluckens eines Häufchens Sahne.
    »Wer sich Barbiturate verschreiben lassen kann«, hatte Hilde gemeint, »weil er Epileptiker ist, und diese Diagnose weidlich ausnützt, um an größere Mengen des Stoffes zu kommen, der rennt nicht in die örtlichen Apotheken, der wickelt seine Bestellungen im Internet ab.«
    Auf diesen Einwand hin hatte es einen Moment lang so ausgesehen, als würde selbst Thekla, deren Idee dieses Experiment gewesen war, die Sache verloren geben. Doch dann hatte sie gesagt: »Probieren geht über studieren. Zieh es durch, Wally.«
    Und deshalb mache ich weiter, dachte Wally. Durchziehen bis zum Ende. Ich habe es versprochen.
    Sie nahm die Finger zu Hilfe, um abzuzählen, wie viele Apotheken sie schon aufgesucht hatte, und war mit ihrer Leistung zufrieden. Nach der Rast standen noch die Easy- und die Einhorn-Apotheke an und das Apothekencenter.
    Der Kerl muss ja nicht alles, was er verbraucht, im Internet bestellen, sagte sich

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