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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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Naheliegenderweise auch ihre Familien. Aber die schwarz gekleideten Männer, bei denen es sich vermutlich um ehemalige Kollegen handelte? Und der nette, ältere Herr neben ihr? Vielleicht hatten sie nur die zerbrechliche Fassade wahrgenommen, in der sie zwar Risse ahnten, diese aber für normale Auseinandersetzungen hielten, wie sie in jeder Familie vorkamen. Vielleicht hatte Elsa Karlsten aus Angst vor Repressalien auch nicht zu viel preisgegeben. In diesem Fall brauchte sie jetzt kein Theater mehr zu spielen. Sie war, wie sie es selbst ausgedrückt hatte, frei.
    Frei. Anna fand es makaber, dass eine Beerdigung auch eine Befreiung sein konnte, sah aber gleichzeitig ein, dass dieser Gedanke naiv war. Einige begruben ihre Angehörigen sicherlich von echter Trauer erfüllt, während für Andere ein Todesfall eine Erleichterung darstellte. Vermutlich war es nicht ungewöhnlich, dass die Erben auf den Kirchenbänken saßen und innerlich schon das Geld zählten, während der Pfarrer noch vom ewigen Leben sprach. Ein ewiges Leben konnte man sich bloß leider so viel schlechter vorstellen als ein Leben mit etwas mehr Geld. Der Mensch war oftmals recht einfach gestrickt.
    Sie dachte an Greg. Greg, der das Meer liebte und ein guter Taucher war. Er hatte in vielen Erdteilen das Leben unterhalb der Wasseroberfläche untersucht und oft zu ihr gesagt, Tauchen bedeute für einen Menschen eine der wenigen Möglichkeiten im Jetzt zu leben. Eigentlich sei Tauchen mehr eine Form der Meditation als ein Sport. Indem man schwerelos schwebe, könne man die Forderungen, die die Welt an einen stelle, auf eine unvergleichliche Art und Weise vergessen. Ihm selbst war es gelungen, die Fähigkeit auch außerhalb des Wassers zu praktizieren.
    Anna wusste, dass sie nie wieder einem Menschen begegnen
würde, dem die Forderungen der Gesellschaft, die Etikette, die Gewohnheiten der anderen Menschen so gleichgültig waren wie Greg. Greg mit seinen nassen Haaren, die bis auf die Schultern herabfielen. Greg, der das ganze Jahr über braun war und der eine Muschel um den Hals trug. Greg, den sie, das hatte sie vor einer Weile beschlossen, bald wiedersehen musste. Greg, der sich gerade darüber freute, dass sich Fanditha auf dem Weg zu ihm befand. Vielleicht war sie schon dort. Vielleicht saßen sie bereits auf seinem Hausboot in Amsterdam und prosteten sich mit einem Glas Wein zu.
    Anna schluckte und zwang sich dazu, Elsa Karlstens Worten zu lauschen.
    »… und wie schon gesagt hat das, was meinem Mann … also Hans … zugestoßen ist, mich noch einmal einsehen lassen, wie wichtig es ist, im Jetzt zu leben, ohne vor- oder zurückzublicken. Ich sehe vor mir irgendwo unsere Lebenslichter brennen. Wir leben, solange sie leuchten, aber irgendjemand wird sie ausblasen, wenn es so weit ist. Wir wissen nicht, wann, aber wir wissen, dass wir hier und heute leben. Deswegen hoffe ich, dass wir jetzt unser nettes Zusammensein genießen, ohne das Gefühl zu haben, dass irgendetwas dieses Erlebnis trübt. Ich heiße euch alle willkommen und wünsche einen guten Appetit.«
    Bei den letzten Worten klang ihre Stimme etwas belegt. Elsa Karlsten schnäuzte sich und setzte sich anschließend. Dann wurden Schüsseln herumgereicht, alle schienen Hunger zu haben. Wein und Wasser wurde serviert. Anna versuchte die Gedanken an Greg beiseitezuschieben. Sie merkte, dass ihr ihr Nachbar Martin einen Teller mit belegten Broten hinhielt. Plötzlich war sie sehr dankbar dafür, dass Elsa nicht ihr Café mit der Organisation beauftragt hatte. Das Ableben von Hans Karlsten war auch so schon problematisch genug. Auch noch den Leichenschmaus auszurichten wäre unerträglich gewesen. Sie streckte die Hand nach der Weinflasche aus, füllte ihr Glas
und wandte sich dann an ihren Nachbarn, der ihr bereitwillig zutrank, ehe sie zu essen begannen. Nach einer Weile tupfte sich Martin Danelius mit einer Serviette die Lippen ab und wandte sich an sie.
    »Das hat Elsa wirklich gut gesagt. Eine kluge Frau. Habe ich immer gewusst. Man könnte uns als alte Freunde bezeichnen. Vor vielen Jahren lernten wir uns im Urlaub kennen und sind seither immer in Verbindung geblieben. Das war nicht schwierig, schließlich wohnten wir auch in Stockholm, allerdings weiter außerhalb. Ich meine, ich und meine Frau. Anna, meine Frau, war mit Elsa befreundet. Mit Hans hatten wir nicht viel zu tun.«
    Anna dachte, dass Martin Danelius zu den Menschen gehörte, deren größte Tugend ihre Alltäglichkeit war. Er fiel

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