Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
Vom Netzwerk:
übergeschnappt war. Und diesen Eindruck hatte die elegante Dame, die bei der Beerdigung ihres Mannes eine Rede gehalten hatte, ganz und gar nicht erweckt.
    »Wir müssen ihn ganz einfach irgendwie abwimmeln«, fuhr sie müde fort. »Dann müssen wir mit Elsa reden und uns versichern, dass sie den Mund hält und mit niemandem über das
Vorgefallene spricht. Ihret- und unsretwegen. Was das Geld angeht …«
    Anna schien nicht mehr zuzuhören. Sie hatte ihr Glas wieder gefüllt und massierte ihre Schläfen.
    »Erzähl mir von David«, sagte sie. »Du weißt, dass ich dich liebe, Mari, genauso wie ich Fredrik liebe. Und Fanditha. Und vermutlich Greg, obwohl ich jetzt nicht daran denken will. Aber manchmal verkriechst du dich in deine Muschel. In genau so eine Muschel, wie du sie immer in Koriander und Safran gekocht hast. Ich weiß, dass du in Irland der Liebe deines Lebens begegnet bist und unglaublich glücklich warst, aber ihr müsst abgeschieden in eurer eigenen Welt gelebt haben. Denn du wolltest nie, dass Fredrik oder ich dich besuchen, und als du uns besucht hast, warst du sowohl fröhlicher als auch trauriger als je zuvor. Ich habe dir dieses Glück gegönnt, das weißt du. Aber ich habe mir immer Sorgen um dich gemacht, auch weil ich diesen David nie getroffen habe. Und als dann alles zu Ende war …«
    »Er war psychisch nicht gesund.« Die Worte rutschten ihr so heraus, und sie sah, wie sie im Lokal herumwirbelten, als hätte sie eine Rauchwolke in die Luft geblasen. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie sah, dass die Kerzen Schatten an die Wände warfen und dachte, dass das gut war. Ihnen standen schwere Zeiten bevor, mit denen sie gemeinsam fertigwerden mussten. Die Zeit der Geheimnisse war nun vorüber.
    »Ich lernte ihn in einem Pub kennen, das weißt du, und verliebte mich sofort bis über beide Ohren. Verliebt ist übrigens das falsche Wort. Das klingt so normal. Als wäre das etwas Schönes und Unschuldiges gewesen, obwohl es nicht schön war. Vielleicht sollte ich sagen, ich war besessen. Wenn er Flöte spielte, fühlte ich mich auf eine seltsame Art sowohl zerrissen als auch ganz. Als würde er mich erst zerschneiden und dann wieder zusammensetzen. Später dachte ich oft, dass dieser Eindruck ganz richtig war. Es war genau so. In
seinen depressiven Phasen zerriss er mich. Er untergrub mein Selbstvertrauen, zerstörte meine Lebensfreude und wühlte mich so auf, dass ich zum Schluss vollkommen wund war. Er verkroch sich ganz in sich. Gelegentlich weigerte er sich, aus dem Bett aufzustehen. Er konnte tagelang schweigen oder fast kein Wort sprechen. Möglicherweise arbeitete er dann an seinen Skulpturen, aber irgendwie verzweifelter als in seinen manischen Phasen, in denen wir auf seiner Begeisterung förmlich dahinflogen. Wenn er ganz oben war, dann war alles möglich. Dann wollten wir heiraten, tausend Kinder haben, ein Schloss bauen und von seiner Kunst leben, die dann allgemeine Anerkennung gefunden haben würde. Gleichzeitig würde das Restaurant Clifdens große Touristenattraktion sein.
    In den dunklen Phasen hingegen … wenn er überhaupt mit mir redete … dann ging es immer um die Eitelkeit des Lebens. Die Sinnlosigkeit. Darum, dass nichts eine Rolle spielte, und dass man nur seine Seele retten könne, indem man versuche, etwas für die Nachwelt zu bewahren. Ich versuchte ihn dazu zu bewegen, Hilfe zu suchen, aber er weigerte sich immer. Er behauptete, dass ihm die Tabletten seine Schaffenskraft rauben würden. Ich musste daran denken, als Elsa erzählte, ihr Mann hätte sich auch immer geweigert zum Arzt zu gehen. Aber wer weiß? Vielleicht hatte er recht. Vielleicht hätte er diese Werke nicht geschaffen, wenn er ganz gesund gewesen wäre.«
    »Warum hast du ihn nicht verlassen?«
    Mari lachte, als sie an ihr eigenes unfassbares Gefühlsleben dachte.
    »Weißt du, was das Schrecklichste war? Oder ist? Auch wenn er eines seiner fürchterlichen Tiefs hatte, war ich glücklicher mit ihm, als ich es je mit einem anderen Menschen gewesen bin. Er gab mir das Gefühl, lebendig zu sein und etwas zu bedeuten. Vielleicht war es wie für diesen alten Mann, mit
dem du dich heute unterhalten hast. Vielleicht waren wir ja füreinander bestimmt? Er erschuf nicht nur Kunst. Er erschuf auch mich. In seinen Augen war ich schön. Stark. Mutig. Ich traute mich was. Das klingt banal, besonders, wenn ich mich mit dir vergleiche; du hättest dich nie so behandeln lassen. Aber wenn er seine Hochs hatte …«
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher