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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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plausible Erklärung eingefallen. Ich habe etwas von Ersparnissen erzählt, die es nicht gibt. Ich kann jetzt nicht mehr zurück.«
    »Ich auch nicht. Ich habe David versprochen, dass …«
    Sie verstummte und hoffte, dass Anna sie nicht gehört hatte, aber es war zu spät. Annas Stimme klang nicht mehr rau und bedrückt.
    »Hast du gesagt, du hättest ihm was versprochen, Mari? Ein Versprechen, das du immer noch halten willst? Kontrolliert er immer noch deine Gedanken und Taten, so wie damals?«
    »Nein! Ich sagte nur …«
    Anna erhob sich. Sie ließ sich auf die Knie sinken, und ihre Gesichter kamen sich ganz nahe, als sie Maris Hände nahm.
    »Ich weiß immer noch nicht viel über euer gemeinsames Leben«, sagte sie. »Aber ich weiß, wie es endete. Das hast du erzählt.
Glaubst du, ich hätte das vergessen? Wie ihr zum Renvyle Point rausgefahren seid. Auf diese hübsche Anhöhe, die steil ins Meer abfällt. Ihr habt Wein getrunken und euch über die Ausstellung unterhalten. Ihr habt auf das Wasser und auf den Strand in der Tiefe geschaut. David sprach davon, dass er dir beibringen wolle zu fliegen. Dann breitete er die Arme aus und sprang.«
    »Nein!« Mari hielt sich die Hände vor die Ohren und schrie. Grüne Hügel, blaues Wasser, Felsen, Ruinen, Schafe und eine umgefallene Weinflasche tauchten plötzlich vor ihrem inneren Auge auf, während sie »nein, nein, nein« flüsterte. Anna fuhr unbeeindruckt fort.
    »Er ist gesprungen, Mari. Er hat gesagt, er wolle dir beibringen zu fliegen. Dann ist er selbst in den Abgrund gesprungen. Du hast das in allen Einzelheiten erzählt. Du hast fast nichts gesagt, aber das hast du erzählt. Wie er wie ein Vogel auf den Strand zuflog. Wie sein Hemd im Wind flatterte. Dass er etwas schrie, das im Rauschen der Wellen unterging. Du seist zum Abgrund geeilt und selbst fast abgestürzt. Du hättest immer noch seinen dumpfen Aufschlag auf dem Felsen in den Ohren. Du hättest nur noch geschrien, bis ein paar Touristen gekommen seien und sich um dich gekümmert hätten. Die riefen dann Polizei und Krankenwagen. War es nicht so? Du hattest einen schweren Schock erlitten, und sie sorgten dafür, dass du ins Krankenhaus kamst. Dort bliebst du dann einige Wochen lang, bis du stark genug warst, um dich wieder um dich selbst und um Davids Beerdigung zu kümmern. Es ist dir gelungen, seine Familie ausfindig zu machen, die auch zum Trauergottesdienst erschien, die eigentliche Beisetzung aber dir überließ. Es war zwar nicht einfach, diese Katholiken zu überreden, aber dir ist es gelungen. Du bekamst Davids Asche. Du hast sie in eine von ihm selbst gefertigte Urne gelegt und bist wieder raus zum Renvyle Point gefahren, dort hast du die Asche in den Wind gestreut.«

    »Bitte, Anna, hör auf. Hör auf, hör auf, hör auf, bitte, Anna …«
    »Nein, Mari. Ich höre solange nicht auf, bis du es begreifst. Es gibt kein David-meint und kein David-denkt mehr. Denn er ist tot. David ist tot, Mari. Das hast du mir selbst erzählt. Er kommt nicht zurück, nie mehr.«

KAPITEL 16
    M ari kniete im Wohnzimmer ihrer Wohnung. Sie starrte auf die Skulptur des ineinander verschlungenen Paares und auf die Urne, die daneben stand, ohne zu wissen, wie lange sie dort schon gesessen hatte. Sie wusste nur, dass sie von ihrem Sessel im Café aufgesprungen war und Anna so heftig beiseitegestoßen hatte, dass diese hingefallen war. Dann war sie auf die Straße gerannt, hatte ein Taxi angehalten und sich nach Hause fahren lassen.
    Nach Hause. Sie lachte, und das Lachen wurde von den weiß gestrichenen Wänden zurückgeworfen, an denen kein einziges Bild hing. Zuhause war Clifden, das Restaurant Murrughach. Hier würde sie nicht länger als nötig bleiben. Eigentlich könnte sie noch am selben Abend packen, die Sachen mitnehmen, die sie brauchte, einschließlich des Umschlags mit dem Geld von Elsa Karlsten, und sich auf den Weg machen. Sie könnte zum Flughafen fahren und die erste beste Maschine nach Irland nehmen. Das Geld machte es möglich. Das Geld und die Überzeugung, das Richtige zu tun.
    David sei tot, hatte Anna gesagt. Tot. War er das wirklich? Was bedeutete in diesem Fall tot zu sein? Genügte es nicht, in der Erinnerung und in den Gedanken eines Menschen zu existieren und damit eine Art Leben zu haben? Genügte es nicht, auf der Stelle zu treten, um sich als lebendig zu bezeichnen?

    Sie erhob sich, nahm den Deckel der Urne ab und schaute auf die graue Asche. Dort lag David. Unmöglich. David

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