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Mord Unter Segeln

Mord Unter Segeln

Titel: Mord Unter Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke
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Gruß.«
    Jürgen machte eine Pause. Oda wartete.
    »Martha und ich haben uns auf einem Kongress kennengelernt. Es war eine heftige Affäre, die von meiner Seite aus in eine feste Beziehung übergegangen wäre, doch Martha wollte nicht. Sie sei auf dem Sprung in die Karriere, sagte sie, und wolle sich nicht binden. Das hat mich damals sehr getroffen. Davon, dass sie schwanger war, erfuhr ich zunächst nichts. Erst nach der Geburt bekam ich Post. Ein Foto und die Geburtsurkunde, ich könne ja rechnen, schrieb sie, Laura sei meine Tochter. Sie wollte keinen Unterhalt, immerhin sei es ihr Fehler gewesen, dass sie überhaupt schwanger geworden war, aber sie halte es für einen Akt der Selbstverständlichkeit, mich zu informieren. Zugleich bestand sie darauf, dass ich keinen Kontakt zu Laura aufnähme, sie selbst sei in Potsdam auch wunderbar ohne Vater groß geworden, aber da sie mich als Menschen schätzte und man ja nie wisse, was noch so passieren würde, wollte sie mich zumindest einmal im Jahr am Werdegang des Mädchens teilhaben lassen. Und so krieg ich seitdem zu Lauras Geburtstag ein Foto und einen kurzen Bericht.«
    Oda starrte Jürgen fassungslos an. »Und du hast nicht reagiert?«
    »Doch, natürlich. Ich wollte einen Vaterschaftstest und dann entsprechend die Verantwortung übernehmen.« Jürgen blickte ihr fest in die Augen. »Aber Martha wehrte das ab. Da sie keine finanziellen Ansprüche an mich stellte und in die Geburtsurkunde »Vater unbekannt« hatte schreiben lassen, war ich offiziell nicht als Vater existent. So, wie sie keine Pflichten von mir forderte, würde sie mir auch keine Rechte einräumen. Davon war ich vollkommen überfahren. Ich konnte nur hoffen, dass Martha sich irgendwann besinnen und mir den Kontakt erlauben würde. Seitdem spare ich für Laura. Doch es sah lange aus, als müsste ich warten, bis sie volljährig ist und selbst über ihren Umgang entscheiden darf. Ich hätte es dir längst erzählen sollen, aber die ganze Sache war für mich all die Jahre so … befremdlich, dass ich sie ausgeklammert habe.« Jürgen senkte traurig den Blick. »Es ist wirklich ein eigenartiges Gefühl, wenn man über den Menschen, der deine leibliche Tochter sein soll, genau so rar und unpersönlich einmal jährlich Infos per Post bekommt wie von einer Patenschaftsorganisation. Da ist man verletzt, denn es kommen Bilder, die nichts mit dem eigenen Leben zu tun haben, nach dem Motto: ›Du musst jetzt mal kurz für den Onkel in Deutschland in die Kamera lächeln.‹«
    »Aber Jürgen.« Oda konnte es immer noch nicht begreifen. »Dieses Mädchen ist dein eigenes Fleisch und Blut. Sie ist kein Patenkind in Indien oder Afrika.«
    »Ja«, sagte Jürgen überaus ernüchtert. »Und genau das ist der Grund, warum es jetzt endgültig an der Zeit war, dir davon zu erzählen. Laura hat sich mit ihrer Mutter überworfen. Sie lebt seit vier Monaten in einer Institution für schwer erziehbare Jugendliche, hat mich als ihren Vater ausfindig gemacht und sich in den Kopf gesetzt, bei mir leben zu wollen.«

Mittwoch
     
    Wieder einmal hatte Christine unruhig geschlafen, sich seit vier Uhr dreißig im Bett hin und her gewälzt und tatsächlich überlegt, ob sie nicht schon die Fenster putzen sollte. Das machte keinen Krach und würde die Nachbarn nicht stören. Außerdem müsste sie es dann nicht am Wochenende machen. Da sie sich jedoch fest vorgenommen hatte, ihr Leben zu ändern, war sie nicht aufgestanden, hatte dem Putzzwang nicht nachgegeben, sondern sich weiter unter die Decke gekuschelt. Was allerdings keine wirklich gute Idee war, denn natürlich hatte sie nicht verhindern können, dass ihre Gedanken automatisch zu dem Termin eilten, der unmittelbar bevorstand: ihre Scheidung.
    Nachdem Frank sie vor neun Monaten – ihr fiel auf, dass sie tatsächlich genau wusste, wie lang es her war – auf der Fähre angerufen und ihr mitgeteilt hatte, dass sein Sohn Max geboren war, hatte für Christine festgestanden, dass sie auch rechtlich von Frank getrennt sein wollte. So hatte sie die Sache in die Hand genommen, wenn Frank schon zu feige war, es von sich aus zu tun. Christine brauchte klare Verhältnisse, gerade Linien, im Beruflichen ebenso wie im Privatleben. Solange Frank nur, na ja, in Anführungsstrichen »nur«, eine Affäre mit Jasna gehabt hatte, hatte Christine sich noch eingeredet, dass sich alles zum Guten wenden, dass Frank wieder zu ihr zurückkommen könnte. Doch Max' Geburt hatte alles verändert. Jetzt

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