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Mord Unter Segeln

Mord Unter Segeln

Titel: Mord Unter Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke
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alkoholfreies Weizen«, orderte sie.
    Warum hatte Jürgen ihr nichts von dem Kind gesagt?
    Die Kellnerin brachte das Erdinger, Oda nahm einen ersten Schluck und wischte sich den Schaumbart mit dem Handrücken von den Lippen. Okay, gehen wir es mal rational an, dachte sie. Warum sagt ein Mann, der mit seiner Freundin zusammenziehen will, nicht schon zu Beginn der gemeinsamen Lebensplanung, dass er ein Kind hat? Das kann man ja nicht zeit seines Lebens verheimlichen. Zudem ist die Freundin Polizistin und gewohnt, den Dingen auf den Grund zu gehen. Möglichkeit A: Er weiß es selbst nicht. Möglichkeit B: Das Kind lebt mit der Mutter im total oberweit entfernten Ausland. Er hat keinen Kontakt. Möglichkeit C: Er weiß es wirklich nicht. Möglichkeit D: Er ist ein Oberarsch.
    Oda zog vernehmlich die Nase hoch. Nein. Dass Jürgen ein Oberarsch war, wollte sie einfach nicht glauben.
    ***
     
    Ilka Friedrichsen saß vor alten Fotoalben. Dreißig Jahre lagen zwischen heute und den Aufnahmen. Das Album war dick, die Seiten von hauchdünnem Papier getrennt. Das Mädchen, das sie keck anlächelte, im selbst genähten Rock mit Rüschenvolant, etwas übergewichtig und mit kurzem schwarzem Haar, das aussah wie eine eng an den Kopf geschmiegte Kappe, dieses Mädchen war sie selbst. Auf dem Foto daneben ihre Schwester. Lange, glänzende Haare, rosige Wangen und eine schlanke Gestalt, auch wenn die unter einem ausrangierten Nickipullover ihres Vaters verborgen war. Ilka hatte Simone stets um ihre Figur beneidet. Groß und schlank. Das hatte Simone vom Vater. Ilka hingegen hatte den gleichen Ansatz zum Bauch wie ihre Mutter.
    Zwei Stunden war es her, dass Peter angerufen hatte. Im ersten Moment war ihr Herz gehüpft, als sie seine Stimme hörte. Doch das, was ihr Schwager sagte, hatte es fast stehen bleiben lassen. Simone war tot, er hatte sie in der Rechtsmedizin in Oldenburg selbst identifiziert.
    Wieder blickte Ilka auf die Fotos. Wie jung sie damals gewesen waren. Wie viel Hoffnung, wie viel Zuversicht in ihren unschuldigen Gesichtern lag. Zukunftsglück, das war es wohl, was sie sich in dem abgelichteten Moment erhofft hatten. Was war daraus geworden. Ilka schluckte. Das Leben hatte es nicht gut mit ihnen gemeint. Zunächst hatte es so ausgesehen, als ob allein Ilka die schlechte Karte gezogen hätte, jetzt aber lag der Schwarze Peter bei Simone. Ha! Was für ein Sinnbild. Ilka spürte die Galle beißend die Speiseröhre hinaufsteigen. Schwarzer Peter. Ja. Das passte. Das passte haargenau.
    ***
     
    Schon als Oda ihr Fahrrad in den hauseigenen Fahrradgemeinschaftsraum stellte, sah sie, dass Alex ausgeflogen war. Sie blickte auf die Uhr, halb acht, er war wohl zum Training. Alex spielte Handball, meistens Linksaußen, aber auch mal halb links. Mit seiner Größe gehörte er zu den besten Torschützen seiner Mannschaft. Obwohl Oda meinte, er könnte etwas schneller sein, wenn er die Füße beim Laufen richtig aufsetzen und nicht immer mit dem Vorderfuß stoppen würde. Wie man bei so einer Art des Rennens überhaupt schnell sein konnte, wunderte sie bei jedem Spiel, aber immerhin, Alex hatte sich seinen Stand in der Mannschaft erarbeitet. Sie schloss für einen Moment die Augen, holte aus irgendeiner versenkten Yoga- oder Sonst-was-Stunde eine heilsam beruhigende Atemtechnik hervor und schloss die Wohnungstür auf. Sie wappnete sich gegen das Chaos, das sie in Alex' Zimmer erwartete, gleichzeitig aber war es ihr egal. Mittlerweile war doch sowieso alles anders. Vielleicht war es ein Wink mit der Schicksalszaunlatte, dass Jürgen noch kurz vor dem Umzug mit der Wahrheit herausgerückt war. Man musste das auch positiv sehen. Oda blieben drei komplette Tage, um zu überlegen, ob sie unter diesen Umständen überhaupt mit Jürgen zusammenziehen wollte. Nächste Woche um diese Zeit wäre alles gelaufen gewesen. Oda schnaufte entkräftet.
    Ohne Licht zu machen – es war ja noch nicht wirklich dunkel draußen, und das Licht fiel durchs Küchen- und Wohnzimmerfenster in den Flur –, lief sie an Alex' Zimmer vorbei. Sie würde sich heute nicht mehr aufregen. Über ihren Sohn schon mal gar nicht. Die grüne Lampe an der Telefonstation blinkte: sieben Anrufe in Abwesenheit. Kurz überlegte Oda, ob sie draufdrücken und nachgucken sollte, wer denn da versucht hatte, sie zu erreichen, dann aber ignorierte sie das Blinken, ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf ihr Ektorp-Sofa plumpsen. Mit stumpfem Blick betrachtete sie die leeren Regale an

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