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Mord Unter Segeln

Mord Unter Segeln

Titel: Mord Unter Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke
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Teil nannten, in das sie auch die Chemo geben konnten, auf ihren Oberkörper verlegt. Zwischendurch hatte Sophie so ein Ding am Hals gehabt, das war für Peter ganz furchtbar anzuschauen gewesen. Jeden Tag war er bei ihr gewesen, hatte sich unbezahlten Urlaub geben lassen, denn Sophie in dieser Situation allein zu lassen, das war für ihn undenkbar. Zumal Simone ihre Arbeit vorgeschoben hatte. Nicht zum ersten Mal, aber in ungekannt heftiger Weise hatten sie gestritten, als Sophie ins Krankenhaus gekommen war und er Simone gebeten hatte, den Gästen abzusagen, aufs Festland zu fahren und sich um die Tochter zu kümmern. Wie er sich das denn vorstelle, hatte Simone gefragt. So eine Pension lebe von den Stammgästen. Die könne sie nicht einfach verprellen, indem sie kurzfristig die Zimmerreservierungen stornierte. Die Leute hätten den Urlaub doch auch in ihren Betrieben eingereicht. So ginge das nicht, sie sei selbstständig, könne nicht einfach so freimachen, sollte er doch sehen, dass er von der beschissenen Bohrinsel runterkam. »Beschissene Bohrinsel«, hatte Simone gesagt. Die Verachtung, die dabei in ihrer Stimme gelegen hatte, schmeckte er heute noch auf der Zunge.
    »Wann kommt Mama denn?«
    Sophie sah ihn aus ihren großen grünbraunen Augen an, die ihn so sehr an seine Schwägerin erinnerten. Er lächelte. Sophie hatte nicht wirklich viel von Simone, die Mundpartie mit dem etwas vorstehenden Kiefer glich der seiner eigenen Mutter. Aber die Augen und der hohe Haaransatz stammten eindeutig aus Simones Familie, wenngleich sie eher bei Simones Mutter und Schwester zu finden waren. Und so, wie seine kleine Maus nun im Krankenhausbett lag, erinnerte sie ihn stark an Simones Schwester Ilka. An damals. Als Ilka noch jung gewesen war.
    Peter überlegte kurz. Durfte er seiner Tochter sagen, dass ihre Mutter tot war? Wie verhielt man sich in einer solchen Situation? Ausharren. Hinhalten. Das schien ihm das Richtige zu sein. Zumindest momentan. Und weil Simone sich noch nie als Vorzeigemutter hervorgetan hatte, fiel es Sophie sicher auch gar nicht auf.
    »Ich kann es dir nicht sagen, Mäuschen. Aber ich bin ja da. Und glaub mir: Alles wird gut.«
    ***
     
    Oda genoss die kühle Abendluft. Morgen früh um acht würde Christine mit Peter Gerjets reden. Normalerweise hätte das Gespräch schon am Nachmittag erfolgen sollen, aber in Anbetracht der Tatsache, dass er nicht nur seine tote Frau hatte identifizieren müssen, sondern seine Tochter zudem schwer erkrankt hier in Wilhelmshaven im Krankenhaus lag, hatte Christine einer Auszeit, in der er seine Tochter besuchen konnte, zugestimmt, was Oda absolut okay fand.
    Sie trat nur langsam in die Pedale. Etwas in ihr wehrte sich dagegen, nach Hause zu fahren. Sicher hatte Alex noch immer nicht mit dem Packen und Ausmisten begonnen, aber das war es nicht. Zu Hause wartete neben dem Chaos, das einem Umzug automatisch voranging, das Telefon mit der stummen Aufforderung, bei Jürgen anzurufen und mit ihm das Gespräch fortzusetzen, das sie heute Mittag hatte unterbrechen müssen. Aber sie wollte heute nicht mehr mit Jürgen reden. Sie musste das erst einmal sacken lassen.
    Spontan lenkte Oda ihr Rad Richtung Stadtpark, drehte eine große Runde, hielt beim Bootshaus und setzte sich auf einen der Stühle dort, winkte aber ab, als die Bedienung sie nach ihrem Wunsch fragte. »Ich bin gleich wieder weg«, sagte sie. Etwas in ihrer Stimme veranlasste die Kellnerin augenscheinlich, nicht auf einer Bestellung zu beharren. Oda blickte auf den Stadtparkteich. Als Jugendliche war sie hier Schlittschuh gelaufen. Unbedarft, ohne Angst einzubrechen. Sie war ausgelassen und übermütig gewesen und fühlte sich in diesem Moment sogar so leicht wie damals. Sie erinnerte sich an einen Winter, in dem es sogar einen Glühweinstand auf dem Eis gegeben hatte. Und an Falko. Groß und dunkelhaarig, schlank und beeindruckend war er gewesen und der erste Versuch einer Liebe. Was wohl aus ihm geworden war? Heute konnte sie sich nicht einmal mehr an seinen Nachnamen erinnern. Auch bei Thorsten, mit dem sie immerhin verheiratet gewesen war und mit dem sie noch dazu einen Sohn hatte, war vieles aus ihrer Erinnerung verschwunden. Würde das bei Jürgen ebenso schnell gehen? Noch schneller womöglich? Oda spürte einen Kloß im Bauch, einen Stein, der dann doch wieder Leere war, einen Krampf, eine Sehnsucht. Die Bedienung lief drei Tische entfernt vorbei, und Oda entschloss sich, doch etwas zu bestellen. »Ein

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