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Mord Unter Segeln

Mord Unter Segeln

Titel: Mord Unter Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke
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bei Simone Gerjets ebenso gewesen?
    Christine würde nachfragen. Gleich morgen. Alwine Sowienoch – sie musste erst in ihrem Block nach dem Nachnamen gucken – würde sicher bestens Bescheid wissen. Und garantiert auch reden. Spätestens nach gezücktem Polizeiausweis. Wenn jemand über den Tratsch auf Langeoog Bescheid wusste, dann schien es Alwine zu sein.
    ***
     
    In Jürgens Wohnung herrschte das Umzugschaos. Kartons stapelten sich, leere Ränder an den Wänden zeigten, wo Bilder gehangen hatten; dem Format nach zu urteilen, mussten es Fotografien gewesen sein, keine Poster oder größeren Bilder. Obwohl Oda das natürlich wusste, immerhin war diese Wohnung für sie ein zweites Zuhause geworden. Für einen Moment bedauerte sie, dass sie alles, was sie sah, automatisch durch den Polizeifilter betrachtete.
    Sie hatte sich nur schweren Herzens auf den Weg zu Jürgen gemacht. Doch es gab keine andere Lösung, sie konnten die Situation nicht einfach aussitzen, konnten nicht einfach den Kopf in den Sand stecken. Sie mussten reden.
    So saßen sie nun am kleinen Esstisch in seinem Wohnzimmer, das von einem überdimensionalen Fernseher dominiert wurde, den Jürgen seinem Bruder abgekauft hatte und der sein Heiligtum war, weil er mit diesem Teil das Gefühl hatte, er säße im Kino. Oda war so was überhaupt nicht wichtig, es hatte sogar einige Diskussionen um dieses Monstrum gegeben. Da aber Oda Alex mit in die gemeinsame Wohnung brachte, hatte auch Jürgen das Recht auf einen Exoten, wie er vor drei Wochen lachend gesagt hatte. Jetzt allerdings gab es einen zweiten Exoten, den Jürgen mitbringen wollte, und der hatte einen anderen Namen als Samsung oder Toshiba oder Sony. Laura. Für drei Exoten war in der neuen Wohnung einfach kein Platz. Wobei der Fernseher das geringste Problem war.
    Durch das geöffnete Fenster kamen Insekten herein. Auf dem Esstisch brannten zwei Teelichter in kleinen Gläsern, in der Ecke zwischen der Couch und dem bequemen schwarzen Ledersessel, in dem Jürgen jeden Abend saß, flackerte eine Kerze in der Zugluft. Im CD-Player lief die »Home«-CD, die Jürgens Freund Michael Diers, der als Redaktionsleiter beim lokalen Sender Radio Jade arbeitete, für ihn zusammengestellt und ihm erst kürzlich geschenkt hatte.
    »Also«, sagte sie nun. »Hast du darüber nachgedacht? Ich kann nicht einfach so tun, als ob nichts gewesen wäre. Das geht auch für Alex nicht.«
    »Mit Alex habe ich gesprochen«, begehrte Jürgen auf. »Der kann mich verstehen.« Nur du nicht, schwang als Vorwurf in seiner Stimme mit, aber diesen Schuh zog Oda sich nicht an.
    »Alex ist noch lange nicht erwachsen, auch wenn er schon siebzehn ist und stolz darauf, von dir als Ebenbürtiger behandelt zu werden. Außerdem kann er die ganze Sache gar nicht überblicken und ist in zwei Jahren sowieso aus dem Haus.« Oda zog die Nase hoch, obwohl es gar nichts hochzuziehen gab. Aber das verlieh ihr ihrer Ansicht nach für einen Moment eine rebellische Haltung. Sie wollte klarstellen, dass Jürgen das alles nicht einfach so mit ihr machen konnte. »Ich möchte wissen, was du dir vorstellst, wie es jetzt laufen soll«, forderte sie. »Die neue Wohnung ist definitiv zu klein für uns beide und zwei Fast-Erwachsene. Du wirst kaum in Erwägung ziehen, dass wir beide im Wohnzimmer schlafen, damit sowohl Alex als auch deine Tochter, die du ja noch nicht einmal kennst und von der wir also überhaupt nicht wissen, was für ein Mensch sie ist und wie wir alle miteinander klarkommen, ihr eigenes Reich haben. Wie also soll es nun weitergehen?« Oda verschränkte die Arme vor der Brust und war sich dabei durchaus klar darüber, dass sie so eine körpersprachliche Barriere zwischen ihnen beiden schuf. Um Offenheit und Aufnahmebereitschaft zu signalisieren, müsste sie die Arme mit den Handinnenflächen nach oben auf den Tisch legen, das hatte ihr eine ihrer Freundinnen, die sich mit Psychokrams beschäftigte, mal erklärt. Aber heute pfiff Oda auf so was. Außerdem wollte sie keine Offenheit signalisieren. Jürgen sollte klein beigeben und eingestehen, dass er ganz großen Mist gebaut hatte, indem er ihr die Tochter verschwiegen hatte.
    »Ich hab ganz großen Mist gebaut«, sagte Jürgen. »Ich hätte dir Laura nicht verschweigen dürfen.« Er seufzte.
    Das war ja geradezu filmreif.
    Oda kratzte sich reflexartig am rechten Ohrläppchen und betrachtete ihren Freund. Da hatten sie so vorsichtig und behutsam ihre Beziehung aufgebaut, und wo waren sie

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