Mord Unter Segeln
einen auf Großmotz gemacht, und nun stand sie vor dem Resultat ihrer Handlung. Auch nicht wirklich einfach. Ziemlich blöd sogar. Er beschloss, die beiden aus ihrer prekären Situation zu erlösen.
»Hi.« Er streckte Laura die Hand hin. »Alles cool? Ich bin Alex, der Sohn von Jürgens Freundin. Bist sicher ziemlich k. o. nach der Fahrt, oder? Was hältste von 'nem Kaffee gleich hier in der ›Bar Celona‹?«
Laura grinste, kaute ebenfalls demonstrativ. Logisch. So als weit gereiste Weltenbummlerin. Mit einem leicht verächtlichen Blick sah sie Jürgen an. »Bist voll der Obercoole, was?«, fragte sie ihn provozierend. »Bringst zur Begrüßung deiner Tochter den Sohn deiner Alten mit. Hast dich allein nicht getraut, oder was?«
In diesem Moment war Alex heilfroh, dass seine Mutter entschieden hatte, mit dem Zusammenziehen noch etwas zu warten.
Doch endlich reagierte Jürgen. »Natürlich«, erwiderte er ruhig und nickte. »Ich bin echt der Obercoolste. Und der Zweitobercoolste ist Alex, der gesagt hat: Hey, ich kenne deine Tochter zwar nicht, aber ich würd sie auch gern gleich bei ihrer Ankunft begrüßen. Wenn er gewusst hätte, was für 'ne Tusse du bist, wär er sicher weggeblieben.«
Bei diesen Worten gefror Laura augenscheinlich das Kaugummi im Mund. Sie schnappte nach Luft, Alex konnte förmlich sehen, wie ihre Gehirnwindungen rotierten.
Jürgen tat, als würde er das nicht bemerken. »Kannst dir also überlegen, ob du es mit uns obercoolen Superspießern ausprobieren willst oder ob du mit dem nächsten Bus wieder gen Heimat startest«, bot er seiner Tochter an. »Natürlich würden Alex und ich dich hier nicht einfach so stehen lassen. Bis zur Abfahrt können wir gern zusammen einen Kaffee trinken.«
Laura guckte erst Jürgen, dann Alex verblüfft an.
»Also, was ist?«, fragte Jürgen, und Alex war total stolz auf den Freund seiner Mutter.
***
Sophie saß noch immer im Strandkorb und spielte mit ihrem Handy, als Ilka und Peter auf die Terrasse traten.
»Guck mal«, sagte Peter und wies auf das Tablett, das Ilka in den Händen hielt. »Tante Ilka hat Schoko-Muffins für dich gebacken. Die magst du doch, oder?«
Ilka verteilte die Tassen und stellte den Muffin-Teller in die Mitte des Tisches. Sie hatte extra eine grüne Mitteldecke aus dem Schrank geholt und ein Windlicht daraufgestellt, sodass alles gemütlich und heimelig aussah.
»Muss ich Tante zu dir sagen?« Sophie blickte sie fragend an.
»Quatsch.« Ilka lachte und versuchte, es natürlich aussehen zu lassen. »Tante und Onkel, das sind doch veraltete Begriffe. Sag einfach nur Ilka zu mir, wenn es dir lieber ist.«
»Danke.« Sophie wirkte erleichtert. »Weißt du, es ist schon komisch, dass du da bist. Ich meine, ich wusste natürlich, dass Mama eine Schwester hat, klar, aber es gab dich irgendwie nie wirklich. Nicht in Gesprächen, nicht in Erinnerungen. Und jetzt, wo Mama gestorben ist, tauchst du auf. Warum bist du nicht eher hergekommen? Warum haben wir dich nie besucht, wenn wir auf dem Festland waren? Wohnst du weit weg?«
»Nein.« Es fiel Ilka nicht leicht, zu antworten. Zu tief gingen die Gefühle, die hinter allem steckten. »Ich war immer ziemlich nah.« Ilka sah Peter an, der unglücklich die Schultern hob.
»Ich glaub, es ist besser, ich lass euch allein. Ihr führt jetzt sicher ein Frauengespräch«, sagte er, schnappte sich seine Tasse und einen Muffin und verzog sich ins Haus.
»Typisch. Immer wenn es etwas kniffelig wird, verpieselt Papa sich. Bloß keine Diskussionen. Manchmal ist das total nervig.«
Aber es passt zu Peter, dachte Ilka. Er war immer schon den Weg des geringsten Widerstands gegangen.
Sophie biss ungerührt in ihren Muffin. »Hmm. Lecker. Das ist aber keine Fertigbackmischung, oder?«
»Nein, wie kommst du denn darauf?«, wehrte Ilka ab. Fertigmischung!
»Och, Mama hat immer die Fertigmischung genommen. Das ging auch und schmeckte nicht mal schlecht. Aber natürlich längst nicht so gut wie die hier. Verrätst du mir das Rezept? Dann kann ich die mal backen, wenn ich wieder im Internat bin.«
»Sicher.« Ilka lächelte. »Ich kann auch welche backen und sie dir schicken.«
»Nee. Das nicht.«
Ohne dass Ilka wusste, warum, verschloss sich Sophie. Schweigend aß sie den Muffin zu Ende, trank ihren Tee und fragte: »Also, warum kennen wir uns nicht, wenn du gar nicht so weit weg wohnst? Und warum meint Papa, dass wir ein Frauengespräch führen?«
Ja, es war feige von Peter gewesen,
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