Mord Unter Segeln
Sie sind. Ihre Schwester war im eigenen Schlafzimmer mit einem anderen Mann als ihrem Ehegatten aktiv.«
»Nein.« Ungläubig blickte Ilka Friedrichsen Christine an.
»Doch. Über was haben Sie beide am Telefon gesprochen? Ging es um einen Liebhaber oder Exliebhaber, der Ihre Schwester bedrängte oder gar bedrohte? Oder drehte es sich darum, wie sie die Trennung von ihrem Mann am besten angehen sollte?« Christine hatte bei den letzten Worten ihre Stimme etwas lauter werden lassen, und gerade jetzt, wo der Druck auf Ilka Friedrichsen hoch war, kündigte ihr Handy piepsend eine SMS an. Verdammt. Sie sollte das Ding wirklich immer auf lautlos stellen. »Entschuldigung.«
Verärgert warf sie einen Blick auf die Nachricht, ihr Groll verschwand jedoch augenblicklich, als sie sah, wer geschrieben hatte: Carsten. Bin jetzt ganz nah bei dir und mach dir einen Tee, wenn du nachher zum Hafen kommst. Du weißt ja, wo du mich findest.
Ein völlig unangemessenes Glücksgefühl flutete für Sekundenbruchteile durch ihren Brustkorb. Doch sie konzentrierte sich erneut.
»Frau Friedrichsen, wenn Sie uns nicht helfen, kommt möglicherweise ein Mörder davon. Wer weiß, wen er sich das nächste Mal schnappt. Sie selbst vielleicht oder Ihre kleine Nichte?«
Christine sah, wie ganze Gedankengebirge hinter Ilka Friedrichsens Stirn bewegt wurden. Die Kiefer der Frau malmten.
»Sie haben recht. Simone hat mich angerufen, weil Peter dahintergekommen war, dass er nicht Sophies Vater ist. Er hat meine Schwester bedrängt. Deshalb suchte sie meinen Rat. Ich kannte Peter schon vor Simone, erst durch mich haben sich die beiden kennengelernt. Aber das, was meine Schwester mir über Peter erzählte, diese Art meine ich, die kannte ich nicht. Er sei sehr aufbrausend, erzählte sie mir, und sie habe Angst vor ihm. Ich konnte das kaum glauben. Sophie war zu dem Zeitpunkt schon in der Klinik, sie hat das alles Gott sei Dank nicht mitbekommen.«
»Was haben Sie Ihrer Schwester geraten?«
»Ich hab gesagt, sie soll sich an die Polizei wenden. Die hätten Mittel, um sie zu schützen.«
»Und was war hinsichtlich eines anderen Mannes?«
»Genau das war die Krux. Fragen Sie mich nicht, warum, es gab leider eine Menge … ich sag mal, flüchtige Weggefährten, die meine Schwester über all die Jahre … na ja … begleiteten. Immer wenn Peter seine Zwei-Wochen-Schicht auf der Bohrinsel hatte. Das hab ich allerdings nicht von meiner Schwester, sondern von einigen ihrer sogenannten Freundinnen.«
»Wenn Sie noch Kontakte hier auf der Insel hatten, dann kann der Grund dafür, dass Sie mit Ihrer Schwester kaum Kontakt hatten, nicht die Wehmut über den Tod Ihrer Großmutter gewesen sein, die Sie alles, was Langeoog betraf, ausblenden ließ, wie Sie mir weismachen wollten. Erzählen Sie mir, was der wirkliche Grund war«, bat Christine.
»Ach, das ist eine lange Geschichte und nicht wirklich spektakulär«, wiegelte Ilka Friedrichsen ab.
»Ich habe Zeit.« Christine lehnte sich zurück
»Na ja. Also, um es kurz zu machen: Meine Schwester hat mir Peter ausgespannt. Und dass ich das nicht lustig fand, können Sie sicher verstehen.«
Oh ja, das konnte Christine absolut nachvollziehen, immerhin war ihr das bei Frank genauso ergangen. Und obwohl sie Franks Neue überhaupt nicht kannte, wusste sie: Das war ein Miststück, ein Luder, ein … keine Ahnung, was noch. Aber wie ging man damit um, wenn dieses Miststück die eigene Schwester war?
»Wie sind Sie denn damit umgegangen? Das muss verdammt schwer für Sie gewesen sein.«
»Ja. Das war es auch. Deshalb habe ich den Kontakt zu Simone und Peter abgebrochen.«
»Und als Ihre Nichte geboren wurde?«
Ilka Friedrichsen sah Christine an, als sei sie begriffsstutzig. »Diese Frage meinen Sie jetzt nicht ernst, oder?«
»Doch.« Christine war gespannt auf Ilka Friedrichsens Reaktion, auf das, was an Gefühlen hochkam, auch wenn diese Verletzung schon lange zurücklag.
»Natürlich habe ich die Nachricht von Sophies Geburt erhalten. Es hat mir wehgetan, denn damals ging ich natürlich davon aus, dass Peter der Vater ist.«
»Was, wie Sie inzwischen wissen, aber nicht der Fall ist.«
»Stimmt. Ich hatte auch damals schon Gerüchte gehört, ihnen aber keinen Glauben geschenkt. Die Leute reden viel, wenn der Tag lang ist, da sind Insulaner nicht anders als die Menschen auf dem Festland. Es ist wie in einem Dorf, man kennt sich eben. Es hieß, sie habe hier einen Freund. Deshalb bin ich auch überhaupt
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