Mord Unter Segeln
einer Schrankwand aus massivem Kiefernholz und einer ausladenden Couchgarnitur im Drei-zwei-eins-Format dominiert wurde. Während er Nieksteit und Lemke einen Platz anbot, zog er an seiner Pfeife. Nieksteit hätte nicht gedacht, dass es das noch gab, Pfeifenrauchen innerhalb der Wohnung, obwohl das natürlich Schwachsinn war, denn er selbst rauchte ja auch in seinen eigenen vier Wänden. Als sie sich setzten, versank Lemke fast in dem Plüsch.
»Nein«, bestätigte Tapken nun das, was sowohl Sven als auch Tobias bekräftigt hatten, »das hätte ich mitgekriegt. Ich bin ja oft mal eben auf 'nem Sprung bei denen, ist schließlich nicht immer viel los im Restaurant. Tagsüber hab ich Zeit für die Hafensachen und geh auch gern auf 'nen Plausch in die Halle. Da hätte Simone ja auch öfter mal da sein müssen. Und glauben Sie mir, die wäre garantiert eben kurz zu mir reingekommen, immerhin kenn ich sie schon lange. Nee, der eine Beziehung zu einem der Jungs zu unterstellen, das haut nicht hin. Außerdem ist Tobias frisch verheiratet. Der war lange in Ilka verliebt. Das tat einem richtig leid, mit anzusehen, wie sich der junge Kerl um Ilka bemüht hat.« Tapken schüttelte mit einem nachsichtigen Lächeln den Kopf. »Ich hab ihm immer wieder gesagt, er soll das lassen und sich eine in seinem Alter suchen, Ilka schleppt zu viele Altlasten mit sich rum, das ist nicht gut für so 'nen jungen Bengel wie ihn, aber er hat bestimmt vier Jahre keine andere als Ilka angeguckt. Dann hat er Jacqueline kennengelernt, und es ging Hals über Kopf. Kaum drei Monate später waren sie verheiratet. Sven hat ja behauptet, Tobi habe Jacqueline nur geheiratet, um Ilka eins auszuwischen, aber das glaub ich nicht. Tobi macht einen recht zufriedenen Eindruck. Und Sven hat auch seit einem halben Jahr eine feste Freundin.«
»Haben Sie die ganze Familie Friedrichsen gekannt?«, fragte Lemke.
»Jo. Als Fritjof und Sophie starben, war das eine verdammt schwere Zeit für Fritzi. Die hat verdammt viel durchgemacht in ihrem jungen Leben, das können Sie aber glauben.«
»Ja«, pflichtete Nieksteit anteilnehmend bei, »wenn die Eltern sterben und der Freund einem wegen der Schwester den Laufpass gibt …«
Ingo Tapken nickte und zog an seiner Pfeife. Nieksteit sah Heiko Lemke an, dass der am liebsten die Fenster hinter den erstaunlich weißen Gardinen aufgerissen hätte.
»Ja, es kam ganz schön dicke für Fritzi. Verliert das Baby unter der Geburt, den Partner an die Schwester und die Eltern durch 'nen Verkehrsunfall. Ich bin ja froh, dass sie so weit wiederhergestellt ist. Hat lange genug gedauert. All die Aufenthalte in der Klinik und so. Da war es gut, dass Tobias ihr inzwischen das meiste abnehmen konnte. Der junge Kerl hat schon erstaunlich früh Verantwortung getragen. Und als er letztens ankam und mich fragte, was ich denn davon halte, dass Simone nun ständig anruft, hab ich ihm zugestimmt, als er meinte, das sei für Ilka mal gar nicht gut.«
***
»Lass uns noch einmal auf Peter Gerjets zurückkommen«, sagte Oda.
»Der behauptet, bei der Tochter gewesen zu sein. Und auch wenn er keinen Zeugen für seine Anwesenheit in Wilhelmshaven am Abend der Tat beibringen kann, sehe ich da nicht das Motiv. Er hat Verpflichtung und Fürsorge seiner Tochter gegenüber. Da bringt der doch die Mutter nicht um. Dem muss doch klar sein, dass er in den Knast muss, wenn das aufgedeckt wird«, gab Christine zu bedenken.
Oda sah das anders. »Herzelein, du vergisst die Art und Weise des Tötens. Das war kein rational geplanter oder durchgeführter Mord. Das war ein Mord im Affekt. Da denkst du nicht groß über die Folgen nach.«
»Gut, aber wir haben außer Gerjets noch Surwold und Schöneberg. Wobei ich denke, dass Surwold am meisten zu verlieren hat«, beharrte Christine. »Wenn seine Frau die monatliche Unterstützung streicht, bleibt dem Guten nicht mehr viel, womit er bei liebeshungrigen Touristinnen Eindruck schinden kann. Unter nüchternen Gesichtspunkten heißt das: Sollte Anke Surwold vermuten, dass Sophie Tonis Tochter ist, könnte sie ihm von heute auf morgen die Apanage streichen. Auch ohne zu wissen, ob dem tatsächlich so ist. Allein die Unterstellung könnte für ihn das finanzielle Aus bedeuten.«
»Anders sieht es bei Horst Schöneberg aus«, überlegte Oda. »Der ist Alleinverdiener, seine Frau ist finanziell von ihm abhängig.«
»Na, da hätte ja eher die einen Grund, die Nebenbuhlerin auszuschalten, wenn man sich die heutige
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