Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
über mich an?«
»Ich jedenfalls nicht«, sagte Markby.
»Unser größter Fall im Augenblick, der Mord an Jan Oakley, liegt in den Händen anderer. Ich wurde mehr oder weniger ins Aus befördert.« James Holland kratzte sich nachdenklich an der Nasenwurzel. Als er die Hand wieder wegnahm, war ein schwarzer, verschmierter Streifen zu sehen.
»Juliet hat mir von Minchin und Hayes erzählt. Sie scheint voreingenommen gegen die beiden zu sein. Wie sind sie nun wirklich, Alan?«
»Extrem fähige Männer«, sagte Markby.
»Und ich beginne zu vermuten, dass Doug Minchin nicht ganz so humorlos ist, wie es nach außen hin scheint, auch wenn er sich die größte Mühe gibt, es zu verbergen. Er gehört zu jener Sorte, die Mrs. Harmer ›tiefes Wasser‹ nennen würde. Er bevorzugt bunte Hemden und gibt sich als harter Brocken.« Markby grinste.
»Er geht vor wie ein Zauberkünstler. Er bringt einen dazu, in die eine Richtung zu sehen, wenn man besser in die andere blicken sollte.«
»Sie haben also nichts gegen ihn?«, fragte James und hob eine buschige Augenbraue.
»Selbstverständlich habe ich etwas gegen ihn – oder besser hatte. Nein, nicht gegen Minchin persönlich. Ich habe etwas dagegen, wenn man mir sagt, dass ich die Ermittlungen nicht leiten darf. Andererseits besteht meine Aufgabe im Grunde genommen lediglich darin, dafür zu sorgen, dass jemand die Ermittlungen effektiv vorantreibt, und wie ich bereits sagte, Doug Minchin tut genau das.« Markby zögerte.
»Ich habe etwas dagegen, dass ich die Oakley-Schwestern nicht besuchen darf. Ich habe sie immer wieder besucht, mehr oder weniger regelmäßig, seit ich acht Jahre alt war – und jetzt sähe es aus, als würde ich mich in Minchins Ermittlungen einmischen. Wie geht es den beiden? Das ist der eigentliche Grund, aus dem ich hergekommen bin. Ich wollte mich bei Ihnen nach den Oakley-Schwestern erkundigen, James.« Pater Holland stieß einen Seufzer aus.
»Innerlich? Sie sind am Boden zerstört. Nach außen hin halten sie sich tapfer. Sie hatten viele Jahre Zeit, gegen alle mögliche Unbill des Schicksals zu kämpfen. Sie gehören zu der Sorte Mensch, die vor hundert Jahren die besten Missionare abgegeben hätten. Sie wissen schon, sich in einem Kanu den Limpopo hinaufpaddeln lassen, in einer Hand den Sonnenschirm, in der anderen die Bibel, wilden Tieren, der Hitze, allen möglichen Krankheiten und feindseligen Eingeborenen zum Trotz. Dennoch erscheint es mir unfair, dass man ihnen jetzt diese Geschichte anhängt.«
»Schön und gut, sie haben gelernt, mit Schicksalsschlägen umzugehen«, sagte Markby.
»Ich rede aber nicht nur von dem Vermächtnis, das seit Cora Oakleys Tod auf ihnen lastet. Sie haben ihren Bruder verloren. Sie haben viele Jahre lang einen alten, aufbrausenden Invaliden von Vater ertragen und pflegen müssen. Edward Oakley war ein unglücklicher Mann. Sein Sohn Arthur war sein ganzer Stolz und seine Freude gewesen. Seine Töchter waren kein Ersatz. Dann wurde er an den Rollstuhl gefesselt und musste große Schmerzen ertragen wegen seiner Arthritis. Er starb an einer Überdosis, wussten Sie das?« James Holland war so verblüfft, dass er einen Schraubenschlüssel fallen ließ, der mit einem lauten Scheppern auf sein geliebtes Motorrad prallte. Für einen Augenblick war er abgelenkt, während er sich überzeugte, dass kein Schaden entstanden war.
»Das wusste ich nicht«, erwiderte er schließlich.
»Wie ist es passiert?«
»Das weiß niemand«, sagte Markby. Er setzte sich auf eine nahebei stehende Gartenbank und streckte die Beine aus. Die Sonne schien warm auf sein Gesicht, und es wäre einfach gewesen, in dieser von der Zeit verschonten Wildnis die Welt ringsum und all die Schwierigkeiten zu vergessen.
»Diese ganze Generation«, murmelte er,»sie weiß, wie man Geheimnisse wahrt. Nicht wie in unserer modernen Zeit, all diese Fernsehshows voller Menschen, die der Welt ihre intimsten Probleme anvertrauen.« Eine Amsel flatterte aus dem Blätterdach auf und landete ein kurzes Stück weit entfernt unter beunruhigtem Gezwitscher auf einem Ast.
»Sie hat irgendwo ihr Nest mit Jungen«, sagte der Vikar.
»Die zweite Brut für dieses Jahr. Sie sind vor einer Woche aus dem Nest geflüchtet, aber der Elternvogel scheut sich noch, sie in die Freiheit zu entlassen. Auch die Natur behält ihre Geheimnisse, wie es scheint.« Markby nickte, doch er ließ sich nicht vom Thema ablenken.
»Mrs. Harmer verbirgt ihr Alter und ihr heimliches
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