Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
ist es, was mir Kopfzerbrechen bereitet«, gestand Meredith.
»Niemand hat je zuvor etwas von einem polnischen Zweig der Oakley-Familie erzählt. Ich gestehe, dass ich Damaris und Florence nicht besonders gut kenne, doch ich meine, sie hätten immer gesagt, sie wären die Letzten ihrer Linie. Wir haben am Samstagabend bei den Painters noch über sie gesprochen, über ihre Familie, Herrgott noch mal! Geoffrey hat gesagt, die Schwestern wären die letzten Oakleys auf Fourways House, und Juliet, die am gleichen Nachmittag bei Damaris und Florence war, rief nicht dazwischen ›Halt, warte, Geoff, da ist noch ein polnischer Pferdedoktor auf dem Weg hierher, der jeden Augenblick eintreffen müsste!‹ Und doch hat dieser Jan Oakley mir erzählt, dass er mit seinen Cousinen im Briefwechsel gestanden hat. Er geht definitiv davon aus, dass sie ihn erwarten. Ich kann einfach nicht verstehen, wie das möglich ist!«
»Ich kenne die Oakleys mein ganzes Leben, und ich habe ebenfalls noch nie etwas von einem polnischen Familienzweig gehört«, pflichtete Alan ihr bei.
»Aber das muss nicht zwangsläufig heißen, dass die Oakley-Schwestern nichts davon gewusst haben.«
»Und trotzdem zu niemandem je ein Wort darüber verloren haben?« Meredith lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schob sich eine Strähne brauner Haare aus der Stirn.
»In all den Jahren?«
»Betrachte es von ihrem Standpunkt aus«, sagte Alan.
»Ihr Vater war der Sohn vom Gottlosen William und seiner toten Frau Cora. Der Name ihres Großvaters wurde wahrscheinlich während ihrer Kindheit niemals erwähnt; er war die Leiche im Familienkeller, ein Schandfleck auf ihrer Ehre. Und was sie später über ihn herausfanden, werden die Schwestern auf die gleiche Weise unter dem Mantel des Schweigens gehalten haben. Es war ein gewaltiger Skandal. Unterschätze nicht die Angst vor Skandalen, Meredith, ganz besonders bei Angehörigen jener Generation.« Meredith dachte über seine Worte nach.
»Vermutlich hast du Recht«, sagte sie schließlich unwillig.
»Dieser Jan Oakley ist ein merkwürdiger Bursche. In der einen Minute erscheint er einem völlig harmlos, und in der nächsten … ich weiß nicht! Er war so aufgeregt, als er das Haus gesehen hat, sein Gesicht fing an zu strahlen, es leuchtete förmlich! Ich fand es beängstigend. Ich musste immer wieder an die Heiligengemälde von früher denken, wo alle verzückt nach oben starren! Und dann dachte ich noch, dass Luzifer ›Lichtbringer‹ bedeutet und dass ich nicht entscheiden konnte, ob ich einen Heiligen oder einen Teufel neben mir im Wagen sitzen hatte.« Sie sah Markby verlegen an.
»Bitte entschuldige, wenn das in deinen Ohren überdreht klingt. Er war einfach so … so anders! Wir stecken neue Bekanntschaften gerne in unsere Schubladen, schätze ich. Aber ich konnte ihn einfach nicht einsortieren!« Alan blickte nachdenklich drein.
»Ich glaube nicht, dass deine Besorgnis völlig unbegründet ist«, sagte er.
»Die Oakley-Schwestern wollen das Haus verkaufen und in eine Wohnung ziehen, um dort ihren Altersruhesitz einzurichten und ihre letzten Tage in Frieden und Komfort zu verbringen. Es ist ein so großes Unterfangen für die beiden, dass sie wahrscheinlich jede Minute des Tages daran denken. All die Planungen, selbst mit Juliets Hilfe, müssen für die beiden alten Ladys ein wahrer Albtraum sein. Ich bezweifle, dass sie ausgerechnet jetzt den Besuch eines lange verschollenen Verwandten mögen, selbst wenn er entgegen deinen Befürchtungen vollkommen harmlos ist. Er ist genau genommen das Letzte, was sie gebrauchen können. Auf der anderen Seite wüsste ich nicht, was wir dagegen tun könnten. Schließlich ist es eine Familienangelegenheit, nicht wahr?«
»Was ist mit Interpol?« Er hob verblüfft die Augenbrauen.
»Was soll mit Interpol sein? Findest du das nicht ein wenig übertrieben? Wir haben keinerlei Grund zu der Annahme, dass er ein Ganove ist. Die polnischen Behörden könnten bestätigen, ob er echt ist oder ein Hochstapler, doch wir haben keinen Grund, sie zu kontaktieren. Wahrscheinlich sind seine Reisedokumente in Ordnung, sonst wäre er in Heathrow erst gar nicht durch die Passkontrolle gekommen.«
»Es gibt eine Sache, die ich tun könnte«, sagte Meredith.
»Ich könnte Juliet Painter anrufen und sie warnen. Sie hat eine Ausrede, um Fourways zu besuchen und die Lage zu peilen. Das mache ich. Noch heute Abend!« Sie zögerte.
»Ich wollte sie sowieso anrufen«, sagte sie
Weitere Kostenlose Bücher