Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
zutreffend waren, hatte Jan behauptet, dass ein polnisches Testament William Oakleys existierte, lange bevor er nach England gekommen war. Natürlich konnte das auch ein Teil seines Plans gewesen sein. Trotzdem musterte Meredith ihr Gegenüber neugierig.
»Sie haben es nicht gesehen?« Juliet schüttelte den Kopf.
»Nicht das Original jedenfalls. Er hat uns etwas gezeigt, von dem er behauptete, es handele sich um eine beglaubigte Übersetzung. Laura hat eine Kopie davon gezogen, doch sie meinte, ohne das Original könnten wir nicht sicher sein, dass es tatsächlich existiert. Ich habe Jan selbstverständlich aufgefordert, das Original zu zeigen, doch er meinte, es sei in Polen bei seinen Anwälten. Wenn Sie mich fragen, hatte er entweder Angst, es aus der Hand zu geben, oder er wollte verhindern, dass irgendjemand einen zu genauen Blick darauf wirft. Vorausgesetzt natürlich, es gibt überhaupt ein Original. Er beharrte darauf, dass er es vorlegen würde, wenn der Zeitpunkt gekommen sei – seine eigenen Worte.« Sie hörte mit dem irritierenden Trommeln auf der Tischplatte auf und blickte Meredith an.
»Er wurde ermordet«, sagte sie abrupt.
»Niemand hat es gesagt, niemand hat dieses Wort bisher laut ausgesprochen – aber er wurde ermordet, ganz bestimmt. Sie werden sehen.«
»Wenn er wegen dieses Testaments ermordet wurde«, antwortete Meredith vorsichtig,»dann spielt es eigentlich keine Rolle mehr, ob es tatsächlich existiert hat oder nicht. Es reicht, wenn jemand geglaubt hat, dass es existiert.«
»Sie meinen Damaris, Florence und mich, nicht wahr? Wir sind diejenigen, die mit dem Verkauf von Fourways House zu tun haben. Nun, ich habe diese kleine Ratte nicht vergiftet, und ich bin mir so sicher wie das Amen in der Kirche, dass es auch keine der beiden Oakley-Schwestern war!«
»Es muss nicht unbedingt irgendetwas mit dem Testament zu tun gehabt haben«, sagte Meredith.
»Wir wissen nicht, in welche dunklen Geschäfte Jan Oakley sonst noch verwickelt war.«
»Ich glaube jedenfalls gerne, dass er bis zum Hals in irgendwelchen Schwindeleien gesteckt hat«, lautete Juliets Antwort.
»Aber wie sollen wir das herausfinden? Soweit wir wissen, könnte er auch von der Mafia zum Schweigen gebracht worden sein.«
»Ich denke, die Mafia erschießt die Leute eher, als dass sie sie vergiftet. Es ist direkter als Gift, und man hat ein augenblickliches Ergebnis. Ich frage mich, womit Jan vergiftet worden ist?«, sinnierte Meredith.
»Und wie man ihm das Gift verabreicht hat. Geoffrey arbeitet in seinem Labor daran.« Es war lächerlich, wegen des Kuchens Schuldgefühle zu entwickeln. Meredith hatte selbst davon gegessen, und ihr war nicht einmal übel gewesen. Sie nahm ihre Aktentasche auf.
»Ich muss jetzt wirklich los, oder ich kriege keinen Sitzplatz mehr im Zug.« Sie starrte einen Augenblick in die Ferne, und ein Bild stieg ihr in den Kopf.
»Ich habe Jan im Zug kennen gelernt, wissen Sie? Im Zug nach Bamford. Ich kann nicht anders, er tut mir ein wenig Leid, jetzt, wenn ich an ihn denke. Er war so … so glücklich, hier zu sein und das Haus zu sehen.«
»Wie kann Ihnen jemand Leid tun, der nicht nur im Leben Scherereien verursacht hat, sondern jetzt, wo er tot ist, noch viel mehr? Sie werden mir erzählen, wenn Alan etwas Neues herausgefunden hat?«
»Wenn Sie wissen wollen, welche Fortschritte die Polizei macht, dann lesen Sie die Zeitungen oder fragen Sie Alan selbst«, erwiderte Meredith ungehalten.
»Das werde ich«, sagte Juliet.
»Keine Sorge, das werde ich.«
Markby wusste nicht, dass Meredith zusammen mit Juliet Painter in einem Pub saß; er hatte andere Sorgen im Kopf. Ungefähr um die gleiche Zeit, als die beiden Frauen sich unterhielten, traf er beim Leichenbeschauer ein.
Der Anruf war spät am Nachmittag erfolgt. Dr. Fullers Sekretärin hatte gefragt, ob es möglich sei, dass Superintendent Markby vorbeikäme. Sie schaffte es, dass es wie eine Einladung zu einer fröhlichen Runde klang. Markby wusste es besser.
»Jetzt?«, fragte er mit einem erstaunten Blick auf seine Uhr. Fuller war bekannt als ein Mann mit vielen familiären Verpflichtungen, die sich um seine drei talentierten, schwierigen Töchter drehten. Jeden Tag nach Feierabend hetzte er zu Schulkonzerten oder Aufführungen in Kirchensälen, und die meisten Kollegen hatten die Erfahrung machen müssen, dass der Versuch, Dr. Fuller nach vier Uhr nachmittags zu erreichen, zu einer sehr gereizten Antwort führte. Fuller hatte
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