Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
sich um. Adrian hatte seinen Schreibtisch verlassen und stand nun hinter ihr.
»Schlimme Neuigkeiten?«, erkundigte er sich mit leuchtenden Augen.
»Eine überraschende Neuigkeit, aber nichts, weswegen Sie sich Sorgen machen müssten«, entgegnete sie brüsk.
»Familie?« Auf Adrians rosigem Gesicht zeigte sich nichts als schickliches Mitgefühl, doch er war sichtlich aufgeregt und platzte vor Neugier.
»Nein, nichts dergleichen. Es ist schon gut, Adrian. Nichts, weswegen Sie sich den Kopf zerbrechen müssten.« Meredith nahm ihre Handtasche auf.
»Ich gehe in die Mittagspause.« Sie ließ ihn stehen, und er starrte frustriert hinter ihr her. Die Kantine war noch ziemlich leer. Meredith blickte sich suchend um und erspähte ein vertrautes Gesicht aus der Konsularabteilung. Sie trug ihr Tablett zu seinem Tisch und fragte:
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
»Sicher«, lautete die freundliche Antwort. Er deutete mit dem Messer auf den freien Platz ihm gegenüber.
»Nehmen Sie Platz.« Meredith setzte sich und machte sich über ihre Spiegeleier auf Toast her.
»Mike, Sie arbeiten doch in der OsteuropaAbteilung, richtig? Polen gehört zu Ihrem Gebiet. Ich frage mich, ob Sie vielleicht etwas für mich überprüfen könnten?«
»Kein Problem, Meredith. Was denn genau?« Mike kaute weiter, während er redete.
»Ich würde gerne wissen, ob unsere Botschaft in Warschau etwas über einen gewissen Jan Oakley hat. Er schreibt sich O-A-K-L-E-Y. Er ist ein polnischer Staatsbürger britischer Abstammung.«
»Ich überprüfe das gleich nach dem Essen. Warum interessieren Sie sich für ihn?«
»Ich – ich habe ihn in Bamford kennen gelernt. Ich bin einfach neugierig.« Mike sah ihr in die Augen.
»Einfach neugierig? Oder glauben Sie vielleicht eher, dass er nicht ganz einwandfrei ist?«
»Was auch immer, es ist vorbei. Er ist nämlich tot.«
»Herrgott im Himmel, doch wohl nicht wieder einer von Ihren Morden?« Es gelang ihm, Erstaunen und eine gehörige Portion erwachter Neugier zu kombinieren.
»Sie müssen es nicht so sagen, als wäre ich eine Serienmörderin! Es ist reiner Zufall, dass ich immer wieder in diese Geschichten verwickelt werde, weil … Hören Sie, ich weiß nicht, ob er ermordet wurde oder nicht, und das ist die Wahrheit. Er ist gerade erst gestorben. Ich möchte vorgewarnt oder wenigstens vorbereitet sein, ich weiß nicht genau. Ich mag keine hässlichen Überraschungen, und ich hatte gerade erst eine.«
»Wo wir gerade dabei sind«, murmelte Mike,»wie kommen Sie mit diesem neuen Burschen in Ihrem Büro aus?« Nachdem sie zugegeben hatte, dass sie nicht sonderlich gut mit Adrian zurechtkam, fuhr er fort:
»Dachte ich mir doch. Ich habe mit jemandem geredet, der vor ein paar Jahren im Mittleren Osten mit ihm zusammengearbeitet hat. Adrian hat sich bei seinen Kollegen nicht gerade beliebt gemacht. Sie sollten sich in Acht nehmen, Meredith. Wie es heißt, gehört er nicht gerade zu den Menschen, denen man etwas anvertrauen kann.«
»Glauben Sie mir, Mike, das habe ich ganz bestimmt nicht vor!«, lautete Merediths aus tiefstem Herzen empfundene Antwort.
»Er hat sich ringsum über Sie erkundigt, wussten Sie das?«
»Was? Nein, das wusste ich nicht.«
»Er hat von Ihren Sherlock-Holmes-Eskapaden gehört. Wenn Sie wieder in irgendwas verwickelt sind, dann erzählen Sie es ihm um Gottes willen nicht!«
Genau wie Alan vermutet hatte, rief Juliet am frühen Nachmittag bei Meredith im Büro an. Sie schlug vor, sich nach Feierabend mit Meredith zu treffen und in einem Pub über die Neuigkeiten zu reden.
»Ich muss wirklich dringend nach Hause«, antwortete Meredith.
»Können wir das nicht auf einen anderen Tag verschieben?«
»Jan ist aber heute tot!«, schnappte Juliet.
»Wir müssen uns rasch etwas einfallen lassen! Können Sie sich nicht vorstellen, wie es Florence und Damaris gehen muss?«
»Es ist Sache der Polizei.« Meredith flüchtete sich in Verfahrensvorschriften.
»Die Polizei wird uns alle vernehmen wollen, und ich halte es für keine gute Idee, wenn wir schon vorher darüber reden.«
»Unsinn! Jetzt ist ganz genau der richtige Zeitpunkt, um miteinander darüber zu reden. Hören Sie, Meredith, ich bitte Sie doch nur um eine halbe Stunde! Hat jemand Ihnen befohlen, nicht mit mir darüber zu reden? War es Alan? Er kann seinen Lakaien Befehle erteilen, aber nicht uns Zivilisten! Sie können immer noch reden, mit wem Sie wollen!«
Die Andeutung, dass sie Befehlen gehorchen
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